Noch immer schwelt die Glut
das Tier war es, während Epernon nur die Besinnung verloren hatte, denn eine Schulter war ihm ausgerenkt, aber kein Knochen gebrochen. Die Schulter konnte ich ihm zur Stunde einrenken, in Lyon dann verband ich ihm einige Schürfwunden, und der König, zunächst durch das Gerücht von Epernons Hinscheiden furchtbar beunruhigt, war heilfroh, aus meinem Munde zu hören, daß die Verletzung keine schlimmen Folgen haben würde.
»Epernon, mein Herrchen«, sagte Chicot, »wenn du gesehen hättest, wie die Einwohner von Lyon sich bei der Nachricht von deinem Tode freuten, dann wüßtest du, wie man dich liebt.«
»Was schert es mich, ob ich geliebt werde«, sagte Epernon, ohne über den Scherz auch nur zu lächeln, »ich diene dem König.«
»Und treu«, sagte der König.
»Nun, mein Augäpfelchen«, sagte Chicot, »hast du Monsieur de La Châtre die Hauptmannschaft von Loches weggenommen, um dem König zu dienen oder um sie dir anzueignen?«
»La Châtre ist ein Mann der Guises«, erwiderte Epernon ungerührt, »so freundlich er sich auch stellte. Er ist eine Laus.«
Womit der Allerliebste recht behielt, in der Folge ging La Châtre zu Guise über und lieferte ihm die Stadt Bourges aus. Ich vermerke dies in meiner Chronik, um Epernon Gerechtigkeit zu erweisen. Auch will ich zum Kapitel seiner Geldgier, für die er soviel geschmäht wurde, anführen, daß nicht alle die unzähligen Ecus, die er sich vom König schenken ließ, in seinem Beutel verschwanden, sondern daß er manche davon im königlichen Dienst verwendete: Zum Beispiel rekrutierte und bezahlte er davon die berühmte Truppe der »Fünfundvierzig«, um den König Tag und Nacht vor Mordanschlägen zu schützen.
|183| Am Abend nach Epernons Unfall betrat ich den Alkoven des Königs unter dem Vorwand, ihm den Puls zu fühlen, wobei ich ihm genau berichtete, was ich durch meinen Vater von Navarras geheimem Rat erfahren hatte.
»Es kann nicht ausbleiben, denke ich«, sagte der König zum Schluß grüblerisch und versonnen, »daß wir uns eines Tages zusammenschließen, er und ich. Getrennt wird man uns einen nach dem anderen vernichten. Vereinigt vernichten wir.«
Da es Mundane drängte, schnellstens nach Paris zurückzukehren, um Lord Stafford ein Sendschreiben zu überbringen, das Navarra ihm für die Königin anvertraut hatte, und ich mich nach diesen langen drei Monaten wiederum sehr nach Angelina und meinen schönen Kindern sehnte, bat ich den König um Urlaub, verlockte es mich doch wenig, die ganze Zeit in Lyon zu bleiben, die er und Epernon dort mit Festen zu ihren Ehren zu verbringen gedachten.
Weil der König aber auf den Straßen Frankreichs für meine Sicherheit fürchtete, nötigte er mir in seiner Güte zur Verstärkung meiner kleinen Truppe einen Sergeanten mit drei Soldaten auf. Dieser Sergeant namens Delpech war aus dem Sarladischen gebürtig, was ihn mir teuer machte, wie man sich denken kann; auch war er nach périgurdinischer Art liebenswürdig und diensteifrig, nur hatte er einen Hang zur Flasche. Was mich anging, so hätte ich auf ihn und seine drei Leute gerne verzichtet, denn sie trugen die königliche Livree, so daß man uns überall als Seiner Majestät zugehörig erkannte und wir die scheelen Blicke der Guisarden auf uns zogen. Auch hatte ich auf der Straße von Lyon nach Paris zwei-, dreimal das unbehagliche Gefühl, verfolgt zu werden, was sich bestätigte, als ich meiner Truppe kehrtum gebot, um die Verfolger zu stellen, und diese ebenfalls wendeten und davonstoben. Das gab mir zu denken, denn Räuber legen sich vor einem in Hinterhalt, im Wald oder hinter Brücken, aber sie verfolgen einen nicht, sie haben für gewöhnlich keine so guten Pferde wie Edelleute. Also mußten meine Verfolger von anderer Gattung sein und anderes im Auge haben als unsere Habseligkeiten, unsere Ringe und Pferde.
In meiner Unruhe beriet ich mit Giacomi, ob wir nicht besser von der großen Straße abbiegen sollten, um die Verfolger |184| auf Umwegen irrezuführen und bei nächster Gelegenheit abzuschütteln, doch Giacomi meinte, hier gäbe es immerhin ein ständiges Hin und Her von Karren und Reitern, so daß die Kerle uns schwerlich angreifen könnten, ohne daß man uns zu Hilfe käme, auch sei unsere Truppe stark bewaffnet und, soweit man gesehen habe, der ihren an Zahl überlegen.
Da mischte sich Mister Mundane ein, der unsere Reden gehört hatte, bat, ja flehte mich an, den kürzesten Weg fortzusetzen, denn die Botschaft, die er zu
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