Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
Vom Netzwerk:
sich darauf nicht ausruhen, diese Strolche kröchen durch die kleinsten Ritzen, um anderer Leute Gut zu rauben.
    Giacomi und ich, die wir uns Kammer und Bett teilten, hätten die Läden gerne offen gelassen, war die Augustnacht doch heiß, gestirnt und mondhell. Um unserer Sicherheit willen verzichteten wir jedoch auf ein kühleres Lüftchen, und für den Fall, daß Mundane, der mit Miroul in der Kammer nebenan nächtigte, den ländlichen Dialekt des Wirtes nicht verstanden hatte, wiederholte ich ihm dessen Instruktionen.
    Ich hatte unsere Tür kaum geschlossen, da klopfte es, und als ich, schon halb nackt, öffnete stand mein Miroul in voller Montur vor mir, Pistole, Degen und Dolch im Gürtel – von seinen beiden Messern abgesehen, die er in den Stiefeln versteckte.
    »Moussu«, sagte er, »ich denke, ich geh besser im Pferdestall schlafen, dann brauch ich nicht dreimal in der Nacht hinunterzulaufen, wobei durchaus kein Verlaß darauf ist, daß man uns die Pferde nicht in der Zwischenzeit stiehlt.«
    Sein Ton klang zugleich belegt und als halte er sich was zugute, und wie ich den Leuchter hob, verriet mir seine hängende Miene, daß er, bei Marianne zugunsten Mundanes abgeblitzt, nun den Edelmütigen zu spielen suchte und dem Engländer das Feld überließ, indem er sich mit dem Stroh im Pferdestall und, wie man im Périgord sagt, »dem Rauch vom Braten« begnügte.
    »Gut, gut, geh, mein Miroul«, sagte ich freundlich, denn er tat mir leid, daß er, nach soviel Speichel im Mund, mit trockener Kehle dastand, »du tust sehr recht daran: Man kann gar nicht genug Obacht geben, wo die Gegend so berüchtigt ist, scheinen mir doch auch die Knollfinken, die vorhin so ins Essen hauten, dicke Hälse für dicke Stricke zu haben.«
    Hiermit küßte ich ihm herzlich die Wangen und entließ ihn, belobigt und mit sich und seiner Tugend zufrieden, was freilich ein geringer Trost war für eine verpaßte, so hübsche Sünde.
    Ich konnte nicht einschlafen, der Hintern schmerzte mich von unserem langen Trab, und meine Gedanken kamen nicht |187| los von den Kerlen, die uns auf der großen Straße verfolgt hatten. Ich bedauerte, mich gegen die Geduld entschieden zu haben, indem ich zum ersten auf den Schutz im Gefolge des Königs und Epernons verzichtet und mich nun auch noch auf die Unsicherheit der kürzesten, aber gefährlicheren Strecke eingelassen hatte. Ich stand auf, überprüfte, ob unsere Läden gut gesichert waren, dann klopfte ich bei Mundane, der noch nicht schlief, wie man sich denken kann, und ermahnte ihn, Fenster und Tür verschlossen zu halten und mit dem blanken Degen zu schlafen.
    »Ha, Chevalier!« sagte er glucksend, während sein Haupt- und Barthaar im Kerzenschein rötlich flammte, »wenn Ihr mit einer mageren und kalten Gattin wie Eurer Klinge geschlafen hättet, woher hättet Ihr dann wohl Eure schönen Kinder?«
    Obwohl mir wenig danach zumute war, lachte ich über seinen Scherz, setzte jedoch hinzu, sollte er zufällig Besuch erhalten, so möge er nicht vergessen, seine Tür hinterher abzuriegeln. Worauf er antwortete, er wisse sich wie Odysseus vor Circen, Calypsos und Sirenen zu hüten, ohnehin zöge er dem schönen Geschlecht die Gesellschaft von Hunden und Pferden vor. Das war ganz mein Mundane, immer gegenteilige Reden im Mund und glucksend hinter seiner Maske.
    Von ihm ging ich zur Kammer von Sergeant Delpech, der schon zu Bett lag und schnarchte (nachdem er reichlich gepichelt hatte), seine drei Soldaten machten sich’s auf dem Fußboden bequem. Da ich meinen großen Beschützer schon außer Gefecht sah, vergewisserte ich mich, daß die Fenster verriegelt waren, und schickte zwei der Männer in den Pferdestall, abwechselnd mit Miroul bei den Pferden zu wachen.
    Nach diesen Maßnahmen war mir etwas leichter ums Herz, und trotzdem, als ich meine Kerze gelöscht hatte und mein Geist verdämmerte, träumte mir, daß ich immerfort etwas suchte, das ich verloren hatte – was, wußte ich nicht –, aber daß dieser Verlust sehr folgenreich für mich war.
    Mir schien, ich hätte noch gar nicht geschlafen, als ich plötzlich von großem Lärm und lautem Schreien geweckt wurde. Ich sprang auf die Füße, und, eine Pistole in der Hand, meinen Degen gürtend, stürzte ich zur Kammer von Mister Mundane. Ich klopfte wie wild, ohne Antwort zu erhalten, und öffnen konnte ich nicht, die Tür war von innen verriegelt. Giacomi |188| kam mit einem Leuchter, der Wachsoldat von Delpech und der Wirt, mit einer Axt

Weitere Kostenlose Bücher