Noch mehr Krimikatzen
stolpern würde. Ich hatte genug Holz, das das richtige Alter hatte, und außerdem holländisches Gerümpel, von dem ich Farbpigmente abkratzen konnte, in meinem Lagerraum. Ich hätte es tun können, aber ich brachte es nicht übers Herz. Einen Vermeer fälschen. Lieber wäre ich gestorben.
Sorgfältig untersuchte ich das Bild mit einer starken Lupe und wußte plötzlich, wie ich Charles töten konnte.
Am selben Abend rief ich Goldberger an. Ich sagte ihm, er sollte sich bereit machen, nach New York zu kommen. Dann instruierte ich ihn, was er mitbringen sollte, worauf er besonders zu achten hätte (was ihn beleidigte), und wie er sein Urteil am besten für die Presse formulierte.
Am nächsten Tag sagte ich Mr. Belmont, daß Goldberger hinzugezogen werden müßte, um die Echtheit des Bildes zweifelsfrei festzustellen. Als er mich nach meiner persönlichen Meinung fragte, antwortete ich wahrheitsgemäß, daß das Bild wie ein echter Vermeer aussähe, und schaffte es, ein wenig zögerlich zu klingen. Da ich weder ein Konservator noch ein anerkannter Experte wäre, fügte ich hinzu, empfände ich es als unangemessen, ein fachliches Urteil abzugeben. Sämtliche Zeitungen brachten es in den Schlagzeilen. Schließlich ging es um sechzig Millionen Dollar. Goldbergers vergrößerte und seitlich ausgeleuchtete Photos, besonders von dem Bereich um die Augen, die Ohren und dem Spitzenbesatz, wurden mit echten Vermeers von unanfechtbarer Herkunft verglichen. Dabei ergaben sich Muster von Pinselstrichen, die sich sehr stark von der Manier unterschieden, in der Vermeer gewöhnlich gemalt hatte – tatsächlich waren sie das genaue Gegenteil davon. Mit seiner ganzen Autorität verkündete Goldberger, daß es sich bei dem Bild um eine Fälschung handelte – um eine ausgezeichnete Arbeit, aber trotzdem eine Fälschung. Als die drei Experten von Charles mit Goldbergers Beweisführung konfrontiert wurden, drucksten sie erst herum, bevor sie darauf hinwiesen, daß zwar im größten Teil des Bildes die Pinselführung dem Stil Vermeers entspräche, sie es aber nicht mehr mit Bestimmtheit für echt erklären könnten. Immerhin ging es um bemaltes Holz im Wert von sechzig Millionen Dollar, von dem jeder Quadratzentimeter in Millionenhöhe versichert war.
Der Verwaltungsrat des Museums beschloß einstimmig, den Vertrag, der von dem Generaldirektor abgeschlossen worden war, nicht zu bestätigen. Charles’ Hausgalerie bemühte sich vergeblich, das Bild für fünfzehn Millionen Dollar zu verkaufen. Es wäre zu keinem Preis loszuschlagen gewesen; kein reicher Mann wollte sich als Idiot abstempeln lassen.
Charles verschwand von der Bildfläche. Ich nehme an, daß die gewissen Leute, die die fünfzehn Millionen aufgebracht hatten, mit denen der General nach Südamerika verschwunden war, sehr verärgert über Charles waren. Schließlich hatte er ihnen versichert, daß sie ihr Geld in jedem Falle wiederbekommen würden. Sie hatten wohl beschlossen, reinen Tisch zu machen.
Die Galerie sah sich außerstande, den Besitzer des Bildes ausfindig zu machen. Charles hatte nicht einmal riskieren können, seine engsten Vertrauten in das Geschäft einzuweihen. Wenn es ihnen gelänge, die Fälschung zu verkaufen, würde ihre Ehrenhaftigkeit höchstens für eine zehnminütige Suche nach dem Besitzer ausreichen, bevor sie das Geld in die eigene Tasche steckten. Natürlich verwahrten sie es lediglich für ihn, wenn er jemals gefunden werden sollte. Wie bescheiden die Summe auch sein würde, es war auf jeden Fall besser als nichts.
Es hat wirklich keine große Mühe gemacht, die falschen Pinselstriche um die Augen, Ohren und den Spitzenbesatz einzufügen. Und es hat auch nicht sehr lange gedauert; alles was ich dafür brauchte, stand mir im Museum zur Verfügung. Ein Bild fälschen, Pinselstriche als etwas auszugeben, was sie nicht sind, ist ein Verbrechen. Aber dem Bild eines toten Malers einige Striche hinzuzufügen, verstößt keineswegs gegen die Gesetze. Es gehört zum Beruf eines Restaurators. Es ist legal, wenn man die Veränderungen nicht in der Absicht hinzufügt, das Werk des Meisters zu kopieren. Es ist sogar allgemein üblich, daß sich die Arbeit des Restaurators von der des Meisters unterscheidet. Und wenn ich auch beim Anbringen der Änderung geweint und laut gerufen habe: »Das ist für Mitzi.« Wer könnte einer wunderlichen, alten Frau solche Anwandlungen übelnehmen? Und ganz bestimmt verstößt es gegen kein Gesetz, die falschen,
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