Noch mehr Krimikatzen
Zeit, sich für oder gegen den Ankauf zu entscheiden. Wenn ja, sollte die Kaufsumme auf elektronischem Wege transferiert werden. Der General würde sich vermutlich anschließend nach Südamerika absetzen. Wenn nein, würde das Geld abzüglich der Bankgebühren wieder an das Museum zurücküberwiesen werden und das Angebot dem Metropolitan oder dem Getty Museum unterbreitet werden. Kopien aller Expertisen und Laborberichte sollten der Schweizer Bank für den Eigentümer übergeben werden.
Aus der Sicht von Charles hatte die Sache allerdings einen Haken: bei der Abwicklung des Geschäfts auf diese Weise würde er nichts daran verdienen.
Aber das Problem wurde schnell aus der Welt geschafft. Charles würde das Bild selbst erwerben und dem Museum, wo er fast ungehindert schalten und walten konnte, für sechzig Millionen Dollar verkaufen. Das war sogar mehr, als die ›Sonnenblumen‹ von Van Gogh gebracht hatten. Nicht zu den Bedingungen, die der General festgelegt hatte, sondern als Vereinbarung zwischen dem Museum und der Galerie, die den Eigentümer vertrat. Mit einer neunzigtägigen Garantie auf Rückgabe des Geldes für den Fall, daß Zweifel an der Echtheit des Bildes aufkamen. Seine Schweizer Bank und die Londoner Dépendance der ihm ergebenen Galerie würden seine Interessen wahrnehmen und Charles zum neuen anonymen Eigentümer des Bildes machen.
Charles hatte keine fünfzehn Millionen Dollar in bar, aber er kannte gewisse Leute, die immer über solche Geldsummen verfügen konnten und stets nach Möglichkeiten suchten, sie gewinnbringend zu investieren. Sie waren keine Kunstliebhaber in engerem Sinne und würden wahrscheinlich die Hälfte des Profits für sich beanspruchen, aber es war ein sicheres Geschäft für alle Beteiligten, denn das Geld würde zurückgezahlt werden, falls Charles’ Experten das Gemälde als unecht identifizierten. Die Schweizer Bankgebühren fielen nicht ins Gewicht. Die konnte Charles ebenso wie die Honorare für die Sachverständigen aus eigener Tasche bestreiten. Der Generaldirektor war befugt, im Namen des Museums einen Kaufvertrag abzuschließen. Zwar lag die endgültige Entscheidung beim Verwaltungsrat, aber der ließ ihn fast immer gewähren. Sollte sich das Bild als echt herausstellen, war ein Risiko so gut wie ausgeschlossen.
Die Ergebnisse der technischen Untersuchungen deckten sich mit dem Urteil der drei vom Generaldirektor benannten Experten: das Bild war echt. Das Geld wurde überwiesen, und das Gemälde ging hinter den Kulissen in Charles’ Besitz über. In seiner offiziellen Funktion erwarb er es sofort für das Museum. Nur der Verwaltungsrat mußte noch zustimmen.
Als das ›Mädchen im blauen Kimono‹ im Museum eintraf, machte ich mich in meinem Arbeitszimmer daran, es auszupacken. Charles war außer sich vor Wut, denn er hatte es selbst tun wollen; und zwar vor laufenden Fernsehkameras. Aber ich hatte eine Unterredung mit Mr. Belmont gehabt, und wenn der Vorsitzende des Verwaltungsrates Entschlossenheit demonstrieren wollte, war er unerschütterlich. In dem Gespräch hatte ich lediglich darauf hingewiesen, wie peinlich es für das Museum wäre, wenn seine Sechzig-Millionen-Dollar-Anschaffung beim Auspacken beschädigt oder in dem Durcheinander gestohlen würde oder sich gar als Fälschung herausstellen sollte. In dem Fall würde dem Museum zwar kein finanzieller Verlust entstehen, denn die Kaufsumme wäre nur für das echte Bild zu entrichten – über dieses Detail hatte ich Mr. Belmont ebenfalls unterrichtet, als er meine Meinung über den Ankauf des Werkes erfragte – aber ein Verwaltungsgremium gibt sich nun einmal ungern der Lächerlichkeit preis.
Mein Herz machte einen Sprung, als ich das Bild sah. Es war ein Vermeer. Der verschollene Vermeer. Ein echter Vermeer. Ich brauchte dafür keine Lupe; ich wußte es. Wenn Mitzi sich in einem Zimmer mit hundert schwarzen Katzen befunden hätte, würde ich eine Minute brauchen, um sie zu finden. Und mit ihr habe ich vierundzwanzig Jahre zusammengelebt, bis sie Charles zum Opfer fiel, mit Vermeer hingegen war ich mein ganzes Leben lang vertraut. Aber all meine Zuversicht war nun dahin; es gab keine Möglichkeit mehr, Alford C. D. Charles zu ruinieren.
Natürlich könnte ich mir für die Reinigung und Restauration des Bildes einen oder sogar zwei Monate Zeit nehmen, eine Fälschung herstellen und sie mit dem Original vertauschen. Eine fast perfekte Kopie mit einer einzigen Abweichung, über die jeder Anfänger
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