Noch mehr Krimikatzen
Scott die Papiere. »Wir müssen sie der Polizei übergeben«, sagte ich. »Oder zumindest denen, die sich hier so nennen.« Ich vermutete, daß sie noch immer Jack Hills Zimmer durchsuchten. Wir erfuhren die Nummer des Zimmers und dessen Lage von einer Nonne, die wir noch nicht kannten und die den Posten am Empfangsschalter eingenommen hatte. Fünf Minuten im Gänge-Labyrinth der Burg, und wir erreichten unser Ziel. Von drinnen hörte ich Stimmen. Ich klopfte an die Tür. Resultat: augenblickliche Stille.
Ich pochte erneut an die Tür.
Sie öffnete sich einen Spaltbreit. Ich erblickte ein Auge und ein paar Strähnen des blaugetönten Haares von Edith Blackwell.
»Was gibt’s?« fragte sie.
Ich zeigte ihr die Brieftasche. »Ich habe das hier in meinem Zimmer gefunden«, erklärte ich.
Ihre Hand schnellte hervor, um mir die Brieftasche zu entreißen. Ich zog sie hastig zurück.
»Was ist hier los?« fragte ich. Ich drückte gegen die Tür. Die zerbrechliche alte Frau, die einen ganzen Kopf kleiner war als ich, stemmte sich von der anderen Seite dagegen – und sie verlor keinen Zentimeter an Boden.
Dann drehte sie den Kopf und schien Rücksprache zu halten – mit wem auch immer. Ich hatte Zeit, die Ansicht ihres Ohres zu studieren, während die Sekunden dahinstrichen. Schließlich schwang die Tür nach innen. Der kleine Raum war recht überfüllt: da waren der Kapitän, Ed und Edith Blackwell, Alfred Jones, Margarete Villon, ganz zu schweigen von Scott und mir. Mehrere der Anwesenden fummelten mit bedrohlich aussehenden Schußwaffen herum.
Ich hielt die Brieftasche hoch und wiederholte meine Frage, fügte allerdings noch hinzu: »Was soll das Ganze? Was haben Sie alle hier zu suchen?«
Alles starrte auf Margarete. Auf dem Boot hatte sie mit einem leichten französischen Akzent gesprochen und keinen anderen Eindruck hinterlassen als den eines blondhaarigen und blauäugigen geistigen Vakuums. Als sie jetzt sprach, tat sie das in einem rauhen Brooklyner Akzent.
»Es ist unmöglich, daß Sie auch etwas damit zu tun haben«, sagte sie. »Geben Sie uns die Brieftasche. Uns stehen mehr als genügend Mittel zur Verfügung, sie uns notfalls auch mit Gewalt zu beschaffen.«
Ich ließ die bedrohlich näher rückende Gruppe keine Sekunde aus den Augen, während ich langsam zur Tür zurückwich.
Alfred Jones, der Afroamerikaner mit dem jamaikanischen Akzent, mischte sich ein: »Schluß jetzt, das gilt für jeden von euch!«
Aller Augen richteten sich auf ihn.
Margarete blitzte ihn bedrohlich an. » Ich habe hier das Kommando«, ermahnte sie ihn.
»Wir wollten keine Unschuldigen mehr töten«, sagte Jones. »Erinnert euch an das, was in Lissabon geschehen ist.«
Margaretes Blick wurde unsicher.
»Diese Gruppe hat Fehler gemacht«, fuhr Jones fort. »Wir können es uns nicht leisten zu versagen. Die beiden da sind in Gefahr. Wir müssen einen Weg finden, unsere Arbeit zu erledigen, ohne daß wir unseren Weg mit Leichen pflastern.«
»Was geht hier vor sich?« fragte ich erneut.
Margarete seufzte. »Wir sind ein Team internationaler Agenten, ein Team, dessen Mitglieder auf der ganzen Welt rekrutiert wurden. Wir sind einer der gefährlichsten Terroristinnen der letzten zehn Jahre auf der Spur, und wir haben allen Grund zu der Annahme, daß sie sich hier auf Tierra del Fuego aufhält.«
»Sind die Einheimischen aus diesem Grunde so verschreckt?« fragte Scott.
»Falls die Einheimischen wirklich Angst haben, dann nicht vor uns. Und soweit wir wissen, hat keine terroristische Organisation Interesse daran, diesen Leuten hier etwas anzutun«, meinte Margarete.
»Daß Jack Hill hier regelrecht hingerichtet wurde, scheint darauf hinzuweisen, daß die Mörderin sich unter den Nonnen verbergen könnte«, sagte Edith Blackwell, »und falls sie das tatsächlich tut, stehen wir vor einem kniffligen Problem. Das könnte nämlich bedeuten, daß die Nonnen irgendwie in die Sache verstrickt sind.«
Und Ed Blackwell meinte: »Kann es denn ein besseres Versteck geben? Ein Nonnenkloster am Ende der Welt.«
»Habt ihr alle eine Schraube locker?« fragte ich. »Also, nächstes Jahr verbringen wir unsere Ferien aber woanders.«
»Sie haben die Leiche doch gesehen«, entgegnete Margarete. »Das war eindeutig eine Warnung an uns alle. Sie beide sollten die Insel verlassen, und zwar so schnell wie möglich.«
»Das nächste Boot geht erst in zwei Tagen«, sagte ich.
»Dann müssen Sie eben selbst sehen, wie Sie mit heiler Haut aus
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