Noch mehr Krimikatzen
konnten, um zu sehen, daß sie nicht allein war.
Ein großer Mann mit sandfarbenem, kurzgeschnittenen Haar (ich konnte das Wachs riechen), einem Schnurrbart und einem angehenden Bierbauch stand hinter ihr. Er hatte die rechte Hand hinter seinem Rücken unter dem Jackett verborgen, zweifellos darauf gefaßt, eine Pistole zu ziehen. In der linken Hand hielt er ein schwarzes Lederetui, auf dem ein silberner Stern prangte.
»Sind Sie Cobb?« fragte er.
»Der bin ich«, antwortete ich. »Was ist los?«
»Ich bin Detektiv Paul Albrick. Polizei. Ich möchte Sie und Ms. Tarren bitten, sich anzuziehen und mich zu begleiten, wenn Sie so freundlich wären.«
»Sind wir festgenommen?«
»Nein, nichts dergleichen. Ich weiß, daß Ihr aus dem Osten nur ›Süden‹ und ›Sheriff‹ zu hören braucht, um sofort an Feuerwehrschläuche, Hinterzimmer und Lynchjustiz zu denken. Aber so etwas gibt es hier nicht. Mein Vater ist der Sheriff, und diese Gemeinde gewinnt sogar Preise, weil er alles unter perfekter Kontrolle hat. Schauen Sie, wenn Sie einen Anwalt wollen, bekommen Sie einen; und das, obwohl Sie noch nicht einmal verdächtigt werden, okay?«
Er war so ernsthaft wie ein Junge, der mit dem Vater seiner ersten Verabredung spricht. Ich versuchte, mich nicht beirren zu lassen. Wir wurden keiner Tat verdächtigt, aber Albrick war dennoch so an uns herangetreten, als ob dem so wäre.
»Nein«, sagte ich. »Wir können uns das für später aufheben, falls notwendig. Bist du einverstanden, Mona?«
»Sicher«, fügte sie hinzu, obwohl ich eher glaubte, daß es nur der einfache Wunsch war, mit den Polizisten auf der Seite der Guten zu bleiben, der sie davon abhielt, nach einem Rechtsanwalt zu rufen.
Neugier war die treibende Kraft, die mich sagen ließ: »Bevor wir irgendwohin gehen, möchte ich dann aber doch wissen, um was es hier überhaupt geht.«
»Ärger auf der Rushton Insel«, sagte Albrick. »Irgend jemand ruderte hinüber, schlug den Enkel nieder und stahl den Kater.«
»O nein«, entfuhr es Mona.
»Wie geht es dem Jungen?« fragte ich.
»Der Arzt ist gerade bei ihm. Im Augenblick kann man nichts sagen. Egal. Wir machen unsere Routineuntersuchung, wir befragen alle, die dort waren. Sie wissen ja, wie das ist. Und der Sheriff schickte mich her, um Sie abzuholen. Ich warte draußen, bis Sie sich angezogen haben.«
Ich entschied mich gegen einen Anzug, da ich nicht wußte, ob wir diesen verdammten Fluß heute nacht noch einmal überqueren mußten. Ich wählte Jeans und Pullover und riet Mona, ebenfalls bequeme Sachen anzuziehen. Das einzig Blöde war, daß ich meine Nike Schuhe im Mietwagen gelassen hatte. Ich fragte Albrick, ob wir kurz an der Garage anhalten und sie mitnehmen könnten. Er war damit einverstanden.
Mona trug ein Kleid (»Ich habe keine bequemen Klamotten mitgebracht!«), aber sie hatte Baumwoll-Espandrillos, die in einem Boot wesentlich praktischer waren als Schuhe mit hohen Absätzen. Albrick begleitete uns zu der Garage, damit ich meine Turnschuhe holen konnte. Ich stieg die Rampe in Richtung des Mietwagens hinauf und sah, daß irgend etwas nicht stimmte. Ich rief nach Albrick, als ich zum Auto rannte. Drei Meter vor dem Wagen blieb ich stehen und schaute nur.
Eine Flüssigkeit, die im fluoreszierenden Licht schwarz aussah, war wie eine Ranke von der Windschutzscheibe herabgetröpfelt. In großen ungleichmäßigen Buchstaben waren die Worte TUT ES NICHT auf die Motorhaube geschrieben. An der Windschutzscheibe selbst klebte der graue Persianerkater Phluphy, gleich einer ekelhaften Parodie der Garfields mit Saugnäpfen. Sein Kopf war zerschmettert und sein Körper der Länge nach am Bauch aufgeschlitzt. Ein gelbes Auge warf uns einen schrägen Blick zu.
Ich hörte jemanden schlucken. Vielleicht war ich es auch selbst. Ich wandte mich ab. »Na ja«, sagte ich, »das löst zumindest die eine Hälfte des Geheimnisses.«
Albrick lachte nicht, scheuerte mir aber auch keine. Ich hatte also wohl recht. Nachdem der Detektiv dafür gesorgt hatte, daß der Katzenkadaver bewacht und die Leute von der Spurensicherung hierhin kommen würden, fuhren wir den Highway entlang, und Albrick teilte uns seine eigene Theorie mit.
»Es sieht so aus«, sagte er, »als ob jemand nicht wollte, daß Sie diese Fernsehsendung machen, oder?«
Mona reagierte darauf mit einer beachtlichen Konzentration von Fakten aus dem Ersten Zusatz, dem Kommunikationsgesetz von 1934 und dem Kanon des verantwortungsbewußten Journalismus.
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