Noch nicht mal alleinerziehend
unangenehm. Nach Keller. Oder nach Bahnunterführungen und Urin.
Endlich. Nur wenige Schritte entfernt lag am Ende des Ganges das Schwimmbad. Nora schwitzte. Der Maxi-Cosi in der linken Hand und die zwei Taschen an der rechten Schulter waren schwer. Sie war es nicht gewohnt, in einem solchen Eiltempo zu laufen. »Sport. Ich muss unbedingt wieder mit Sport anfangen«, dachte sie und rang nach Luft. Dann kicherte sie. Kiki und sie sahen aus wie ein lesbisches Pärchen, das mit den entweder adoptierten, oder, einer Samenspende sei Dank, fast leiblichen Kindern übers Wochenende verreisen wollte – wenn sie denn ihren Flieger noch erreichten.
»Was?«, fragte Kiki, immer noch gehetzt, und schubste die Tür zur Umkleidekabine auf. Es roch nach Chlor. »Puuuhhh. So, Nora, du machst Tom fertig und ich Bill.«
Nora tat, wie ihr befohlen. Sie kramte in der Tasche nach dem Badehöschen für ihren Schützling.
»Vergiss die Schwimmwindel bitte nicht«, bemerkte Kiki.
»Oh. O. k.« Schwimmwindeln. Klar! Wichtige Sache, damit die Kleinen nicht ins Becken pinkelten. Hoffentlich trugen die Rentner auch solche Windeln, wenn sie hier ihre Bahnen schwammen. Der Geruch vom Flur, in Verbindung mit dem jetzt starken, fast stechenden Chlorgeruch, gehüllt in einen Mantel aus Desinfektionsmittel, ließ Nora allerdings das Schlimmste befürchten. Als die Zwillinge fertig waren, verschwand erst Kiki in die Umkleide, dann Nora. »Dann hat eine von uns immer ein Auge auf die Jungs«, unterstrich Kiki die Wichtigkeit dieser Vorgehensweise, als bestünde die Gefahr, dass Bill und Tom jederzeit die Flucht antreten könnten. Als Nora fertig war und aus der Umkleide trat, fing Kiki an zu lachen. Diesmal war es Nora, die mit einem »Was?« antwortete.
»Wir sind hier beim Babyschwimmen und nicht am Strand von Ibiza.« Kiki stand da, in ihrem dunkelblauen Sportbadeanzug und mit einer gelben Badekappe auf dem Kopf, und musterte Nora amüsiert. Nora hatte sich für ihren grünen Bikini entschieden, der sowohl am Slip wie am Oberteil mit lila geflochtenen Bändern abgesetzt war. Um den Kopf hatte sie ein buntes Seidentuch gebunden. Sie trug einen silbernen Marienkranz um den Hals, ihre silbernen Ringe, silberne Kreolen, und natürlich hatte sie zumindest die Wimpern getuscht. Kiki kicherte immer noch.
»Sorry!«, sagte Nora grinsend. »Aber ich besitze keinen Badeanzug.«
»Na, so kommen die Jungs wenigstens gleich auf den richtigen Geschmack«, feixte Kiki. »Wen willst du?«
»Beide!«, sagte Nora jetzt und zwinkerte Kiki zu. »Aber frühestens mit 18.«
»Du bist unmöglich! Also, ich denke, du nimmst am besten Tom. Bill fremdelt ja immer ein bisschen.«
Mit den Babys bepackt betraten sie das Schwimmbad. Hier war es mindestens 40 Grad warm, und die hohe Luftfeuchtigkeit machte das Atmen schwer. Sie schienen die einzigen Teilnehmer zu sein. Das Schwimmbad war menschenleer, bis auf eine Person, die am Beckenrand auf sie wartete. »Hi, ich bin Katrin, ich leite diesen Kurs«, stellte sich die burschikose, mittelgroße Frau mit kurzen, grün gefärbten Haaren vor. »Du musst Kiki sein. Und wer ist das?«
»Das ist Bill, und das ist Tom.« Kiki deutete zu dem Jungen auf Noras Arm.
»Und du bist?«, wandte sich Katrin an Nora.
»Ich bin der Ersatzpapi. Nora, grüß dich.«
Katrin musterte Nora von oben bis unten. Sie selbst trug einen Ganzkörperbadeanzug. Eins dieser aerodynamischen Teile. Als wären wir hier bei Olympia …, dachte Nora und betrachtete das etwa sieben Meter lange und drei Meter breite Schwimmbecken.
»Na gut. Also, die anderen haben für heute leider abgesagt. Das heißt, ich gehöre in den nächsten 45 Minuten ganz euch! Das wird super!« Katrin klatschte in die Hände und nickte heftig, als wolle sie sich selbst noch mal richtig anfeuern »Dann mal rein mit euch!«
Das Wasser hatte Pipi-Temperatur, bestimmt 28 Grad. Nora rümpfte die Nase. Ganz bestimmt trugen die Rentner keine Schwimmwindeln. Sie selbst nahm sich jedenfalls vor, darauf zu achten, dass sich kein Tropfen Wasser in ihren oder Toms Mund verirrte. Wer wusste schon, was man sich hier holen konnte. Das konnte auf gar keinen Fall gesund sein. Unter Katrins Anweisungen und scharfen Blicken zogen Kiki und Nora die Zwillinge durchs Wasser. Erst in der Vertikalen an den Ärmchen, dann auf dem Rücken und schließlich auf dem Bauch. Währenddessen faselte Katrin ständig etwas von »Wie im Mutterleib«, oder davon, wie sich die Babys nun gerade fühlten oder wie
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