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Noch nicht mal alleinerziehend

Noch nicht mal alleinerziehend

Titel: Noch nicht mal alleinerziehend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dunja M Pechner
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so kam es Nora in den Sinn, würde sie ein Foto von Maja unter »Es ist so weit!« finden. Nora hustete. Sie hatte gerade einen großen Schluck Kaffee genommen, sich allerdings beim Anblick der nun gestarteten Fotoreihe prompt verschluckt. Diese zeigte Gabi – halbnackt posierend vorm Fenster, mit den Händen über ihrem kleinen, schwangeren Bauch. Dann Gabi halbnackt auf dem Sofa, deutlich runder, Gabi unter der Dusche, die eine Hand über den Brüsten, die andere im Schritt, der Bauch noch größer. Oder Gabi mit nichts an als ihrem Höschen und BH im Bett. Wie ein gestrandeter Wal auf dem Rücken liegend und lachend. Dann folgten Bilder aus einem »professionellen Fotoshooting«: Gabi – mit Make-up, roten Lippen, die mausbraunen, jetzt schulterlangen Haare glatt gestylt – barfuß in verwaschenen Jeans. Der Reißverschluss war offen, weil der Bauch so dick war. Mit den Händen über ihren gigantischen Brüsten lächelte sie lasziv und herausfordernd in die Kamera. Dann ein paar Porträts – sehr sexy. Dann Gabi nackt von allen Seiten, sogar von hinten, mit einem verführerischen Blick über die rechte Schulter. Aber nichts übertraf das Highlight: Gabi in schwarzen Höschen, breitbeinig stehend, eine Pilotenjacke aus Leder übergezogen, die zwar ihre nackten Brüste, nicht aber den Bauch bedeckte. Zu allem Überfluss hatte sie tatsächlich eine verspiegelte Pilotenbrille auf der Nase. Nora’s Hustenanfall wurde immer schlimmer, so dass sie nichts dagegen tun konnte, als ihr der Kaffee durch die zusammengepressten Lippen und die Nase auf Bildschirm und Tastatur spritzte. »Warum machen die Leute denn so etwas?«, fuhr es Nora durch den Kopf, und sie merkte, wie ihr die Fremdschäm-Röte in die Wangen schoss. Mechanisch, wie fremdgesteuert, ging sie in die Küche, putzte sich die Nase, wusch ihr Gesicht über der Spüle und holte einen Lappen. Als die Sauerei beseitigt war, klickte sie zurück auf die Startseite. Wo zum Teufel war denn jetzt der Nachwuchs? Schließlich stand in der scheiß Betreffzeile: »Maja ist da! Endlich!« Aber von der Kleinen schien es nicht ein einziges Bild zu geben. Dafür viel zu viele und viel zu peinliche von ihren Eltern – vor allem von Gabi. Nora fühlte sich irgendwie belästigt. Warum schickte die ihr so einen Dreck? Was war aus der guten alten Privatsphäre geworden? Und wenn die schon Bock hatten, auf ihre zu verzichten, dann hätten sie wenigstens Rücksicht auf die von Nora nehmen können. Schließlich hatten sie seit einer Ewigkeit gar nichts mehr miteinander zu tun. Waren sie überhaupt je befreundet gewesen? Nein! Nora ließ ihre Augen über den Wickeltisch wandern. Da! Total versteckt auf dem Halsband des Teddybärs stand auf einer winzigen, goldenen Plakette: »Maja«. Warum um alles in der Welt hatte das Kind keinen eigenen Bilderrahmen bekommen? Es war doch schließlich seine blöde Homepage! Der Klick auf »Maja« zeigte ziemlich genau ein einziges Bild des Neugeborenen. Darunter stand: Maja, 5. April 2010, 14:20 Uhr, 44 cm, 4600 Gramm. Das war’s. Keine Slideshow von bzw. für Maja. »Das arme Kind«, dachte Nora. Ein Pop-up-Fenster öffnete sich. Ein lustiger kleiner Hase erschien hoppelnd und sagte mit schriller Stimme: »Willst Du Maja eine E-Mail schreiben?«
    »So weit kommt es noch!«, entfuhr es Nora. Obwohl die arme Maja bestimmt Freunde gut gebrauchen könnte – bei all dem Rosa und Pink, das schon traumaverdächtig genug war, und ihren sich offenbar sehr gerne in Szene setzenden Eltern. Aber das mussten andere erledigen. Auf keinen Fall Nora. Sie schloss die Seite und kennzeichnete die Mail der Wichert-Neuhausens als Spam.
    Nora hatte gerade gebadet. Sie lag so ziemlich jeden Tag in der Badewanne. Duschen fand sie doof und anstrengend. Es war kurz nach 14 Uhr, als das Telefon schellte. »Hallo?!«
    »Liebes, fandest du meine Nachricht zu doof, oder warum habe ich noch nichts von dir gehört?« Es war Kim.
    »Quatsch, Blödmann! Das ist es nicht. Du begreifst einfach nicht, dass ich dich nicht mehr liebe. Und ich fände es wirklich an der Zeit, dass du aufhörst, mich zu belästigen. Sonst sehe ich mich gezwungen, zu anderen Mitteln zu greifen. Es gibt jetzt nämlich dieses ganz neue, effektive Gesetz bezüglich Stalking.«
    Kim lachte. »Du hast sie nicht alle!«
    »Uhhh, eine ganz neue Erkenntnis. Und da wunderst du dich noch?! Im Ernst, bei mir ist alles gut. Irgendwie habe ich in den letzten Tagen einfach die Zeit verloren. Sorry!«
    »Klar, du

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