Noch nicht mal alleinerziehend
Also, dann bis gleich. Und tausend Dank!« Kiki hatte aufgelegt.
Babyschwimmen.
Es vergingen keine fünf Minuten, da schellte Noras Handy. Daggi. Nora nahm ab. »Daggi!«
»Nora, sag mal, Kiki hat mir gerade erzählt, dass DU mit zum Babyschwimmen gehst …«
Nora setzte sich auf ihr Bett. Daggi war Kikis beste Freundin und zählte daher auch irgendwie zu Noras Freundinnen. Außerdem war sie die Frau von Schorsch. Nora kannte Schorsch, der eigentlich Georg hieß, seit ewigen Zeiten. Damals, vor 18 Jahren, war sie mit Haut und Haaren in einen komplett gesettelten Freundeskreis eingetaucht. Während der Schulzeit hatte Nora in einem Café in der Stadt gearbeitet und dort Frauke kennengelernt, die auch dort jobbte. Die beiden hatten sich auf Anhieb verstanden, und Frauke hatte Nora immer öfter an den Wochenenden mitgenommen. Schorsch hatte sie ziemlich schnell kennengelernt. Sie waren früher mal sehr eng befreundet gewesen. Bis Schorsch mit Daggi zusammengekommen war. Obwohl Nora und Schorsch nie, wirklich nie etwas miteinander hatten, traute Daggi dem Braten nicht. Bis heute. Daggi war 35, vier Jahre jünger als Schorsch, eine eher kleine, voll-voll-schlanke Brünette im Naturlook. Ein bisschen launisch und das auch gerne ganz ungehemmt. Aber Nora mochte sie trotzdem. Nicht immer, aber immer öfter.
»Ja, das ist richtig. Ich gehe mit zum Babyschwimmen. Du kannst ja nicht.«
»Ja, Axel ist krank, irgendetwas mit dem Magen. Und ich sitze gerade mit ihm beim Kinderarzt …« Axel war Schorschs und Daggis vierjähriger Sohn. Ein ganz spezieller Fall, wie Nora fand.
»Und du gehst jetzt mit, kein Scherz???«, polterte Daggi.
Nora vernahm neben dem verwunderten auch einen irgendwie missbilligenden Unterton. »Ja! Ich kann nämlich schon prima schwimmen. Ich habe das bronzene, silberne und goldene Schwimmabzeichen.«
»Ja, aber du hast doch keine Ahnung von … Oh, Nora, ich muss. Wir sind dran. Wenn ich hier zeitig rauskomme und es Axel besser gehen sollte, komme ich vielleicht später dazu. Bis dann!«
Weg war sie. Daggi war echt unglaublich. Was sollte denn so schwer sein beim Babyschwimmen. Dafür brauchte man ja wohl keine Qualifikation! Nora schüttelte den Kopf und ging ins Schlafzimmer, um ihre Schwimmtasche zu packen.
Um kurz vor halb fünf, gut zehn Minuten zu spät, traf Nora bei Kiki ein. Franz und Kiki wohnten mit den Zwillingen in einem weiß geklinkerten Einfamilienhaus aus den 70ern in Köln-Weiß. Nora, mit Schwimmtasche bepackt, klingelte und setzte einen schuldbewussten Blick auf. Kiki öffnete mit hochrotem Kopf. Ihre rotblonden, kinnlangen Haare hatte sie mit Hilfe unzähliger kleiner Haarklammern zu einem Zopf gebunden. Sie trug einen Jogginganzug, einen Trenchcoat darüber und sagte nur knapp: »Komm, lass mal gleich los. Am besten, wir fahren doch mit dem Auto. Hier!« Sie drückte ihr den Maxi-Cosi mit Bill in die Hand. Nora erkannte ihn an den roten Haaren. Die Zwillinge, fast sechs Monate alt, waren zweieiig. Bill hatte rotes Haar und eisblaue Augen, Tom war dunkelhaarig wie sein Vater. Seine Augen waren bernsteinfarben. Er war der Lebendigere von beiden, während Bill immer einige Zeit brauchte, bis er auftaute.
»Und hier«, sagte Kiki und drückte Nora noch eine Sporttasche in die Hand. Sie selbst schulterte sich zwei Sporttaschen über und griff nach dem Maxi-Cosi mit Tom. »Los!«, gab sie das Startzeichen und stürmte an ihr vorbei zum Auto, das in der Einfahrt parkte. Ein Familien-Van. Im Nu flogen die Taschen in den Kofferraum, waren die Kinder auf der Rückbank ordnungsgemäß angeschnallt. Nora hüpfte auf den Beifahrersitz, und schon schoss Kiki aus der Einfahrt auf die Haupt-straße Richtung Rodenkirchen, dem Nachbarort, wo das Seniorenheim lag. Nach höchstens drei Minuten und unzähligen »Mann, du Penner! Fahr doch« von Kiki erreichten sie ihr Ziel.
»Schnell!«, mahnte Kiki ihre Freundin, kaum dass sie den Motor abgestellt hatte. Schon war sie am Kofferraum, holte die Taschen und machte sich daran, Toms Babysitz aus den Gurten zu lösen. Nora konnte kaum Schritt halten, als Kiki durch die Gänge des Seniorenheims raste, als wäre der Teufel hinter ihr her. An den Wänden hingen große, gerahmte Fotos von Pflanzen oder lachenden Rentnern, die die Zeit ihres Lebens zu haben schienen. »Guten Tag, schönen guten Tag«, rief sie hektisch nach rechts und links zu den Alten, die sich dort aufhielten. Allerdings sahen die gar nicht glücklich aus. Es roch auch irgendwie
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