Noch Viel Mehr Von Sie Und Er
sich nicht zu wundern, dass der Dalai Lama bei uns immer beliebter wird und zur Zeit sogar mit zwei Prozentpunkten auf der Skala vorne liegt. Sollte sich der Papst mit seinen Schweizer Gardisten allerdings eines Tages aufmachen, um Steinigungen und Klitorisbeschneidungen vor Ort zu verhindern, würde ich mir die Sache noch mal durch den Kopf gehen lassen. Bis dahin trage ich lieber meine Dreifaltigkeitscreme auf und glaube, dass im Nichts, in der absoluten Leere, die Fülle wohnt. Beim Blick in unser Universum ist mir das schon plausibel. Es fällt mir nur noch in Hinsicht auf die schwarzen Löcher in meinem Portemonnaie ein bisschen schwer.
ER Religion
Ein gläubiger Mensch sagt: Gott hat den Menschen nach seinem Ebenbild erschaffen. Ich tendiere zur gegenteiligen Annahme. Weil er sich die Welt nicht anders erklären konnte, dachte sich der Mensch irgendwann mal einen allmächtigen Schöpfer aus, den er mangels Fantasie mit menschlichen Eigenschaften ausstattete. Dabei gab es große regionale Unterschiede. Besonders hoch her ging es im griechischen Götterhimmel, man denke an den ewig geilen Zeus, der sich u. a. in einen Schwan verwandelte, um bei Leda zu landen, da muss man erst mal drauf kommen. Bei den Römern oder Germanen sah es nicht viel anders aus. Eigentlich eine sympathische Bande von verhaltensauffälligen Chaotikern. Aber dank seiner größeren Durchsetzungsfähigkeit gegenüber Andersdenkenden, man könnte es auch Brutalität nennen, setzte sich im Abendland nun mal das Christentum durch. Hauptwerke: Das Alte und Neue Testament. Schon ein flüchtiger Blick auf den alttestamentarischen Gott könnte einen dazu bringen, ihm nicht im Dunkeln begegnen zu wollen. Es ging schon im Paradies los. Gott sprach zu den beiden: Esst alles, was ihr wollt, nur nicht die Früchte von diesem Baum. Hast du das gerafft, Adam? Jaha. Gott: Gut. Zwei Minuten später. Eva: Guck ma, Adam, lecker Äppelchen, willst du? Adam: Jaha. Gott: Warum hast du von dem Baum gegessen? Adam: Die hat gesagt ... Gott: Das steht auf einem anderen Blatt, Adam, aber du wusstest, dass du nicht von diesem Baum essen solltest. Adam: Mhhh. Gott: Warum hast du es trotzdem getan? Adam: Weiß nicht. Und jetzt sagt Gott nicht Dinge wie: Wie hast du dich dabei gefühlt, als du etwas Verbotenes tatest, oder: Warum hast du nicht versucht, auf Eva einzuwirken, oder: Gut Adam, du hast Scheiße gebaut, aber das hätte ich vorher wissen können, ich habe dich schließlich so geschaffen, also für diesmal drücke ich noch ein Auge zu, nein, er sagt: O. k., raus hier aus den Anlagen und zieht euch gefälligst was über, sieht ja verboten aus. Und ehe ich’s vergesse: ab jetzt wird gearbeitet.
Und so geht das weiter: Abraham soll seinen eigenen Sohn opfern, erst im allerletzten Moment, wie bei ›Versteckte Kamera‹, löst Gott auf, dass das nur ein Scherz war, zwischendurch löscht er mal die ganze Menschheit aus, bis auf Noah und seine Frau, und im Neuen Testament muss der eigene Sohn dran glauben. Früher wäre ich für solche Zeilen verbrannt worden und es ist gewiss nicht das Verdienst der Kirche, dass das nicht mehr so ist, in anderen Kulturen dürfte man auch nicht ungestraft so reden, deswegen bin ich auch von Herzen dankbar, hier leben und wirken zu dürfen. Und als jemand, der im erzkatholischen Aachen der frühen Sechzigerjahre seine Sexualerziehung erlitt, glaube ich auch ein gewisses Recht auf Rache zu haben. Lassen Sie mich auch einen kleinen Hinweis darauf geben, dass Männer und Frauen auch Glaubensdinge unterschiedlich handhaben. Während ich als Kind jeden Samstag zur Beichte ging und dort etwas von unkeuschen Gedanken faselte, sonntags zur Messe ging, später auch Messdiener war, tat meine Mutter all das nicht, zündete aber immer, wenn sie sich irgendetwas wünschte, eine Kerze für den heiligen Antonius an, keine wirklich originelle Wahl, denn er ist der bekannteste Heilige der Welt und hat zahllose Patronate inne, u. a. für das Auffinden verlorener Gegenstände, weshalb er im österreichischen Sprachraum auch »Schlampertoni« genannt wird, was ich damals leider noch nicht wusste. Natürlich gibt es auch Männer, die ohne Gegenleistung Hilfe von ganz oben wollen, im Casino z. B. Fünfzig Mann stehen um einen Roulettetisch herum, zumeist gestandene Heiden, aber mindestens vierzig denken, lieber Gott, lass die 12 kommen, die 10, die 8, auf was halt jeder so gesetzt hat. Das ist übrigens ein schönes Beispiel dafür, dass auch die
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