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Noch Viel Mehr Von Sie Und Er

Titel: Noch Viel Mehr Von Sie Und Er Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen von der Lippe
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göttliche Allmacht ihre Grenzen hat: Selbst wenn Gott wollte, er könnte nicht allen gleichzeitig helfen! Häufiger kommt es natürlich vor, dass der Mensch mit religiösen Begriffen überfordert ist, er muss sich Eselsbrücken bauen oder hinkende Vergleiche bemühen. Die Ewigkeit z. B., die wir im Paradies verbringen oder in der Hölle, je nachdem, wir können sie nicht begreifen, wir wissen, sie ist relativ lang, aber wie lang, davon können wir uns nur eine ungefähre Vorstellung machen, etwa so:
    Wir stehen in einer langen Schlange vor der einzigen offenen Kasse im Supermarkt, fünfzehn Leute vor uns, jeder mit knüppelvollem Einkaufswagen, an den Waren sind nirgendwo Preise dran, der Scanner ist kaputt, das Mädchen ist den ersten Tag da und spricht kein Deutsch, und jeder will mit Karte bezahlen oder ist 92, hat die Brille vergessen und sucht im Portemonnaie den passenden Betrag. Im Grunde ist das die zweite zentrale Frage: Ist nach dem Tode Feierabend oder kommt noch was und wenn ja, was?
    Der finnische Autor Arto Paasilinna entwickelt in seinem hinreißenden Roman »Im Jenseits ist die Hölle los« eine tolles Post-Mortem-Szenario: Die Seele existiert je nach Entwicklung der Geistesgaben weiter, Tiere und Babys verschwinden praktisch sofort, besonders helle Köpfe, auch aus der Steinzeit, leben auch mal ein paar Jahrtausende weiter, man kommuniziert, kann überall hin und sich alles auf der Welt angucken, kann sich sogar in die Gedankenwelt der Lebenden einschleusen bis zu einem gewissen Grad, man kann sich verlieben, sogar Jesus taucht auf und hält Vorträge, ist aber weniger Gottes Sohn, sondern eher so eine Art Joschka Fischer des Jenseits. Gott spielt, ähnlich wie bei Epikur, keine Rolle.
    Ich denke, man kann sich sein ganzes Leben lang lustige Dinge ausdenken, die nach dem Ableben mit einem passieren. Vielleicht Folgendes:
    Ich bin gestorben, stehe an der Himmelstür, sie schwingt lautlos auf. Jemand kommt, sagt, Willkommen, Jürgen, und gibt mir ein Kästchen. Ich mache es auf und finde zwei Paar Handschuhe, drei Schirme, 200 Einwegfeuerzeuge, 300 Kugelschreiber, acht Schlüsselbunde, Kreditkarten, Ausweise, jede Menge Kleingeld und ich sage, was ist das? Und der Engel sagt: Jeder, der in den Himmel kommt, erhält, da er nun sein Leben verloren hat, alles zurück, was er jemals während seines Lebens verloren hat. Nun gibt es ja Leute, die sind wahnsinnig konzentriert. Die verlieren selbst nie etwas, amüsieren sich aber königlich über andere Leute, wenn die was verloren haben. Wo ist meine Brieftasche? Oh, Scheiße. Hähähähä, kannst ja eine Kerze für den Schlampertoni anzünden! Und dann kommt dieses Arschloch in den Himmel, kriegt seine Schachtel und es ist nix drin! Hähähähä!

SIE Gewalt
    Gewalt kann ich gar nicht leiden und ich glaube, wir Frauen fanden Gewalt schon bei ihrer Erfindung scheiße. Gut, ein Mammut den Berg runterschubsen, damit man den Winter über etwas zu beißen hat, ist auch Gewalt. Aber den Mann gleich hinterher, weil er den größeren Anteil für sich beanspruchte, das ist uns Frauen nicht eingefallen. Auch einen Sippenchef um die Ecke zu bringen, nur um seine eigene Sippschaft um ein paar attraktive Weibchen zu bereichern, haben wir Jahrtausende lang mit Unverständnis beobachtet.
    Der junge Deutschlehrer, der unsere Klasse am Gymnasium übernahm, stets mit weißem Hemd und Fliege angetan, war vor allen anderen Dingen ein eitler Bursche, der sich am liebsten selbst im Spiegel sah. Als er merkte, dass er mit seinem Schwiegermuttercharme bei uns jungen Mädchen keinen Stich machen konnte, wurde er brutal. Schon wenn er zur Tür hereinkam und wir nicht auf Kommando Guten Morgen sagten, brüllte er uns an: Euch mach ich so klein, dass ihr mit dem Zylinder unter der Tür hergehen könnt. Dass das nicht der Umgangston ist, der pubertierende Mädchen in Entzücken versetzt, brauche ich nicht zu betonen, und seine unangenehme Attitüde, mit dem schuleigenen Zeigestock durch die Bankreihen zu gehen und ihn unmotiviert blitz- und donnerartig auf die Tische zu schlagen, zerrte zusätzlich an unseren empfindlichen Nervenkostümen. Eines Tages, er stand vorne an der Tafel und schrieb eine Liste mit Büchern auf, die wir seiner Meinung nach längst hätten gelesen haben müssen, wenn unser Verstand nicht so kurz und unsere Haare nicht so lang wären, öffnete meine Schulbanknachbarin ihre Tasche und holte eine Wasserpistole heraus. Es war wie im Film. Sie legte an und drückte

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