Noch Viel Mehr Von Sie Und Er
Moment, in dem ich mich – angenehm ausgehungert – beim Aperitif in einem vielversprechenden Restaurant in netter Gesellschaft in die Karte vertiefe und mir gegebenenfalls ausmale, was ich nach dem Essen noch mit meiner Begleitung anstelle, wobei diese Überlegung, die den Mann ja auch unter Stress setzt, im vorgerückten Alter entfällt, da weiß man, dass man sich ganz auf Essen und schöne Konversation konzentrieren kann, denn der genossene vorzügliche Wein macht spätere Erokrobatik (eine Wortschöpfung aus Erotik und Akrobatik) und ihre conditio sine qua non, die Erektion, ohnehin hinfällig.
Und der Wegfall dieses Stressfaktors, wenn man ihn sich denn vor Augen führt, kann wieder zu einem kleinen Extraglücksgefühl werden. Und damit sind wir bei den Tricks, von denen Glücksratgeber voll sind, mit denen man eine Wohlfühlperiode herbeizaubern kann. Sehr hilfreich ist dabei ein Glückstagebuch, in das man abends schreibt, welche kleinen Dinge einen über den Tag für einen Augenblick froh gemacht haben. Sie werden sehen, schon dieser Vorgang macht nicht nur gute Laune, er macht auch dankbar.
Der Auslöser bei mir, so was mal zu versuchen, war ein Artikel in der Welt, Überschrift: »Dankbare Menschen sind glücklicher«.
Man könnte das fortsetzen mit: Nette Menschen sind glücklicher. Nehmen Sie sich vor, anderen, die Sie um etwas bitten, das nicht abzuschlagen, nur weil es Ihnen lästig ist, sondern die Bitte zu erfüllen. Und warum? Weil Sie sich anschließend prima fühlen. Ganz andere Schiene: Trinken Sie drei Liter Wasser zügig und verkneifen Sie sich das Pinkeln, so lange es irgend geht, am besten joggen Sie noch dabei, die anschließende Erlösung überschwemmt Sie womöglich stundenlang mit Serotonin. Nach einer körperlichen Anstrengung, zu der man sich vielleicht zwingen musste, kann man übrigens zuverlässig mit einem Glücksgefühl rechnen.
Viele Menschen, ich gehöre auch zu ihnen, haben eine ganz dumme Angewohnheit: Sie belohnen oder entschädigen sich mit Essen, das führt manchmal zu einer regelrechten Zwangsehe zwischen Nahrungszufuhr und Wohlfühlen. Sehr oft haben gerade diese Menschen – sagte ich schon, dass ich dazugehöre? – massive Gewichtsprobleme. Hier kommt ein Tipp: Essen Sie grundsätzlich einen Salat vor dem Mittag- und dem Abendessen, und zwar circa zwanzig Minuten vorher, damit der dicke Körper rafft, dass er schon was bekommen hat.
Hier mein momentaner Lieblingssalat: Alles, was knackig ist, in Würfel oder dünne Scheibchen oder feine Streifen schneiden, Rotkohl, Weißkohl, Kohlrabi, rote Zwiebel, Gurke, Radieschen, Möhre, dazu Streifen von Blattsalat, egal was, es kann auch Feldsalat oder Rucola sein, gerne auch eine Tomate, dazu gekochte Hühnerbrust in Streifen und zerkleinerte gesalzene Erdnüsse. Und ganz wichtig zum Bestreuen: Koriandergrün, gehackt. Und jetzt kommt’s: Die Vinaigrette hat kein Öl und es schmeckt trotzdem himmlisch. Saft von einer Zitrone, eine kleine rote frische Chilischote entkernt und in Ringe geschnitten, je nach Abhärtungsgrad nehmen Sie auch ein paar der weißen Kerne dazu, 1 Teelöffel Salz, 1 gehäufter Teelöffel Zucker, ein paar Spritzer thailändische Fishsauce aus dem Asia-Laden. Alles mischen und ein paar Minuten ziehen lassen. Eine absolute Offenbarung! Sie werden selber glücklich sein und jedes Mal wieder, wenn Sie esjemandem vorsetzen. Und vergessen Sie nicht, mich in Ihrem Dankbarkeitstagebuch zu erwähnen!
SIE Religion
Gegen Religion ist an sich nichts einzuwenden. Ist ja sonnenklar, dass sich jeder Mensch angesichts dieses unendlichen Universums mit Planetenbällchen, Galaxien und Milchstraßen fragt, wer sich dieses unerklärliche Spektakel eigentlich ausgedacht hat. Je nach Breitengrad und Kulturkreis gibt es dafür unterschiedliche Erklärungsmodelle. Was mich daran stört, ist die Tatsache, dass man sich in der Regel nicht in aller Ruhe aussuchen kann, was man glauben möchte. Schon bevor man Papp sagen kann, hat man eine Religion abbekommen und ist Christ, Moslem, Hindu oder Jude geworden. Statt dieser Zwangsmitgliedschaft per Geburtsurkunde fände ich eine Entscheidung im reifen Alter, sagen wir mit vierzehn, nach umfassender Information über alle Glaubensrichtungen im Religionsunterricht sehr viel witziger. Dann könnte der Lehrer das Ganze aufziehen wie ›Deutschland sucht den Superstar‹, nur eben mit Glaubensrichtungen. Für jede Religion würde ein Referat erarbeitet, das die Gruppe dann unter
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