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Nochmal tanzen - Roman

Nochmal tanzen - Roman

Titel: Nochmal tanzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limmat-Verlag <Zürich>
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Papier an den Küchentisch. Ein Chor jubiliert. Sie stellt leiser. Wie hat Fleur die Deutschlehrerin beschrieben? Die Unterarme parallel auf dem Pult. Sie skizziert eine sitzende Frau hinter einem Tisch. Über den Haarschnitt hat Fleur nichts gesagt. Alice verpasst ihr einen Pagenschnitt. «Liebes Wunschkonzert-Team, dank Ihnen habe ich eine wunderbare Frau kennengelernt.» Alice horcht. Alexander. Sie dreht die Lautstärke auf. «Weil sie trotz ihres Alters den Mut hat, wieder auf die Bühne zu gehen, wünsche ich mir für sie den Libertango von Astor Piazzolla. Ich freue mich aufs nächste Treffen mit dir, liebe Alice.» Sie legt den Stift aus der Hand, hält inne. Die Moderatorin sagt: «Wie meinte doch der Philosoph Martin Buber: ‹Altsein ist ein herrliches Ding, wenn man nicht verlernt hat, anzufangen.›» Alice lächelt sich zu. Ein Mann mit dem gleichen Musikgeschmack. Einer, der an sie denkt. Das Bandoneon holt Luft, spielt langsam auf. Sie erhebt sich und tanzt in den Flur, in die Küche, in den Flur. Die Musik beschleunigt, drängt. Alice stößt mit der Hand an die Wand, der Fächer fällt zu Boden, sie tanzt weiter, tanzt bis zum letzten Ton. Sie möchte sich verbeugen, den Kopf senken, den Blick. Nicht vor Publikum, sie will keinen Applaus, will sich nur verneigen.
    Sie stellt das Radio ab und geht zum Telefon, um Alexander anzurufen, als es klingelt. Sie hebt den Hörer ab. Rauschen. «Wer ist da?» Von weit her dringt Martins Stimme an ihr Ohr. «Alice, ich habe soeben das Wunschkonzert gehört. War er das?»
    «Ja. Wie gehts dir?»
    «Besser, danke. Wenn du mich besuchen kommst, darfst du Alexander gerne mitnehmen.»
    «Langsam, langsam, Martin.»
    «Noch immer die Alte.» Martin lacht. «He, Alice, was kann schon passieren.»

11
    Fleur steckt sich den letzten Bissen eines Erdbeertörtchens in den Mund und wischt die Krümel vom Kantinentisch. «Wo wohnt er?», fragt Lis Manu. «In einem Wohnheim für Studenten auf dem Gelände der Uni», antwortet Manu. «Du kannst dir nicht vorstellen, was man dort neben dem Studium alles machen kann. Cheerleader-Training, Baseball spielen, filmen. Einen Theaterclub gibt es auch. Mein Bruder hat sich im Matheclub eingeschrieben und spielt im Soccer-team.» Fleur hat Manus ältesten Bruder noch nie gesehen. Er schloss das Gymnasium ab, als sie sich noch nicht kannten. Von ihm hat Manu das Physikformelheft mit den verbotenen Hinweisen, um das Lis und Fleur sie beneiden.
    «Vermisst du ihn?», fragt Fleur.
    «Schon. Vielleicht gehe ich in einem Jahr auch in die USA .»
    «Mathis sagt, dort gebe es die besten Designschulen», sagt Lis.
    «Bewirb dich doch», sagt Manu.
    «Das würde meinen Eltern so passen.»
    «Warum ihnen?», fragt Fleur.
    «Weil sie mich gerne weit weg von Mathis hätten. Mein Vater findet, ich sei unselbständig, seit ich mit ihm zusammen bin.»
    «Weil ihr alles zusammen macht?»
    «Meine Eltern sagen, ich müsse meinen Weg unabhängig von Mathis gehen. Aber wir lassen uns nicht trennen.»
    «Ich bewerbe mich hier an der Kunstschule», sagt Fleur und winkt Pascal, der die Kantine betritt. Nachdem er eine Cola gekauft hat, nimmt er neben Lis Platz. Sofort fragt Manu, was er bei der Einzelprobe mit Alice gemacht habe. «Einen Pas de deux improvisiert. Aber nicht so wie im Ballett.» Die Scham, von der Alice erzählt hat, erwähnt er nicht. Auch über Alice’ Aussehen sagt er kein Wort.
    «Wird es ein Solopart?»
    Pascal grinst: «Eifersüchtig?»
    Fleur beäugt die beiden. Was sich neckt, das liebt sich. In seinem Blick kann sie nichts erkennen. «Wollt ihr die Probenfotos sehen?», fragt sie. «Oh ja, zeig her.» Pascal geht um den Tisch und stellt sich hinter sie. Lis setzt sich neben Fleur, Manu rückt näher. Wäre Pascal mit Manu zusammen, würde er sich hinter sie stellen und nicht hinter Fleur. Sie klickt durch die Fotos. «Die ist gut», kommentiert Pascal die Aufnahme, auf der Alice mit gesenktem Kopf hinter Manu hergeht. «Die auch», sagt Lis. Fleur hat die Fußspuren fotografiert, die jemand mit schwarzer Gummisohle auf dem Boden hinterlassen hat. Auf dem nächsten Bild knöpft Pascal Alice’ Bluse auf. «So hat das ausgesehen. Darf ich die haben?»
    «Klar. Ich mache dir einen Abzug.» Endlich hat sie es geschafft, ungezwungen zu antworten. «Ich möchte euch um einen Gefallen bitten.» Die drei schauen sie an. «Für die Aufnahmeprüfung an die Kunsthochschule möchte ich Fotos inszenieren. Macht ihr mit?»
    «Klar.» Pascal hat

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