Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
Schrank“
Fehlte nur, dass sie mit einer Hand vor dem Kopf herumwede l te. Ein albernes Kichern bildete sich in seiner Kehle, doch ehe es über seine Lippen kam, sickerte betäubende Wärme durch seine Zellen. Nicht heiß wie ein Flächenbrand, sondern sanftmütig glimmend. Sie erfüllte selbst seine Augenlider und machte sie w underbar schwer. Saras Namen glitt liebkosend über seine Lippen. Sein Kopf kippte zur Seite. Die Stimmen entfernten sich. Er spürte einen warmen, seidigen Körper an seinem. Nackt und geschmeidig. Fingerspitzen strichen über seine Haare. Ganz leicht, aber das Kitzeln ließ seinen Körper erbeben. Naduah legte ihr Gesicht auf seine Brust und lauschte dem Schlagen des Herzens.
„Lass uns einfach schlafen, mein Blauauge.“
„Ja. Lass uns schlafen. Schlafen wie die Felsen und wie die Geister.“
Nocona, 1844
E
r tötete den Häuptling der Ranger. Der Mann wich nicht einmal aus. Wie ein erschrecktes Kind starrte er der Lanze entgegen, die ihn einen Atemzug später durc h bohrte und vom Pferd warf.
Nocona fühlte keinen Triumph, denn er sah, was bereits geschehen war. Die Rettung kam für viele zu spät. Wie Naduah es vorhergesehen hatte. Niemals zogen sie in den Krieg, ohne dass der Ältestenrat es b e schlossen hatte, doch diesmal hätte eine Ausnahme von der Regel Du t zende Leben vor einem grausamen Tod bewahrt. Das Blut der ermord e ten Penateka dampfte im schmelzenden Schnee. Er sah die Leichen von Kindern, Frauen und Greisen. Zerstörte Zelte, zerstörte Leben. Vernic h tetes Glück.
Eine glutheiße Welle schlug über ihm zusa m men. Feuer raste durch seine Adern. Die Kraft des Bogens wurde eins mit der Kraft seines Kö r pers, als er den ersten Pfeil auf die Sehne legte. Das Geschoss hatte kaum das Herz des ersten Soldaten durchbohrt, als er bereits zum zweiten Mal anlegte. Die Schüsse geschahen in so schne l ler Abfolge, dass er nicht mehr zielte, sondern nur noch seinen Instinkten vertraute. Die Haarli p pen starben mit Pfeilen im Gehirn, im Herzen, in den Augen. Mit behu t samem Schenkeldruck lenkte er Cetan in das Getümmel hinein. Zehn Tote, elf Tote, zwölf, dreizehn. Pfeil um Pfeil fand sein Ziel. Der Körper des Pferdes zerteilte die Menge wie der Kiel eines Kanus das Wasser. In lächerlicher Hektik stopften die Soldaten ihre Gewehre und Kanonen. Schreie, wimmelnde Körper, beißender Rauch. Brennende Tipis spien schwarzen Ruß in den Himmel. Qualm biss in seine Augen. Als alle Pfeile verschossen waren, zog er die Kriegsaxt he r vor, schwang sie gegen den Kopf eines Rangers und ließ ihn zerspringen wie einen reifen Kü r bis.
Seine Seele löste sich in einem Inferno auf. Erbärmliche Kreaturen, die um ihr Leben winselten. Stinkende Ungeheuer. Etwas Heißes streifte Noconas Schläfe, doch im Rausch des Tötens spürte er keinen Schmerz. Vor ihm tauchten zwei Soldaten auf, die hektisch eine Kanone luden. Sein Kriegsschrei ließ die Männer herumfahren. Jede Farbe wich aus ihren Gesichtern. Der Jüngere brüllte dem Älteren etwas zu, drückte ihn beiseite, schüttete Pulver in das Kanonenrohr und ließ eine Kugel folgen. Doch ehe er die riesige Waffe herumwuchten konnte, warf Nocona seine Axt und zerteilte das Rückgrat des Gelben Haare s. Stoc k steif kippte der Ranger nach hinten. Seine Hand krallte sich in die Un i formjacke des älteren Mannes und riss ihn mit sich. Ehe der Überraschte dem Griff entfliehen konnte, glitt Nocona vom Pferd, riss die Axt aus dem Körper des Toten und trieb sie in den Nacken des Soldaten.
Blut spitzte ihm ins Gesicht. Heiß und süß.
Cetan stemmte die Hufe in den Schlamm und kam schlingernd zum Stehen . Fieberhaft suchte Nocona nach einem neuen Opfer. Viel gab es nicht mehr zu holen. Wie Wölfe waren die Quohadis und Wasps über ihre Feinde hergefallen, gleich einer unaufhaltsamen Flut, die alles hinfort spül t , was sich ihr entgegenstellt. Die noch lebenden Ranger versuc h ten ihr Heil in der Flucht. Schädelbrecher, Kriegsäxte und Lanzen strec k ten sie in schneller Abfolge nieder. Hufe zertrampelten ihre Körper , Pfeile durchbohrten ihr Fleisch , Messer skalpierten ihre Schädel . Die Kinder und Frauen der Penateka fielen über die Verwundeten her, rüc k ten ihnen mit Klingen und den bloßen Händen zu Leibe und zelebrie r ten ihre Rache mit der Wut und Verzweiflung eines bis aufs Blut gereizten Rau b tiers.
Triumphschreie lösten das Krachen von Gewehren ab. Eine entfesse l te Kraft schwang sich hoch hinauf in den
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