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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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bat Cynthia. „Ich habe Hunger.“
    Er warf ihr einen zornfunkelnden Blick zu. Gut möglich, dass er sie vor dem Zubettgehen wieder schlug. Aber davor fürchtete sie sich nicht mehr. Viel schlimmer war, wenn er seine Wut an Mutter oder John au s ließ. Kleine Ungeschicktheiten oder ein falsches Wort konnten Vater explodieren lassen. Früher war er anders gewesen. Früher waren sie alle anders gewesen. Oh, wie beneidete sie doch ihre im Nachbarhaus lebe n de Cousine Rachel, deren Familie zwar nicht weniger arm, aber glückl i cher war. Außerdem heiratete Rachel nächsten Monat. Und zwar einen Mann, den sie liebte.
    „Bestimmt wird es bald besser“, fügte sie leise hinzu. „Ich weiß es.“
    Vater knurrte etwas in seinen Bart hinein. Bald durchdrangen nur noch das Klappern der L öffel und das Ticken der Standuhr die Stille, doch diese Ruhe hatte nichts Schönes. Es war eine Ruhe, die danach verlangte, sie mit lautem Schreien und Stampfen kaputtzum a chen . Auch wenn Vater dann fluchen und Mutter weinen würde. Hauptsache, diese grässl i che Stille hörte auf! Cynthia glaubte, darin zu ertri n ken. Sie biss sich auf die Zunge und ballte ihre Hände zusammen. Wäre sie doch nur wie Rachel. Erwachsen und so frei, wie es eine Frau eben sein konnte.
    Sie biss die Zähne zusammen. Der Kloß in ihrem Hals schmerzte i m mer heftiger. Es stank fürchterlich, denn Großmutter nässte Nacht für Nacht die Laken ein und schaffte es, wenn tagsüber alle auf den Feldern waren, nicht mehr allein zum Abort. Es gab so viel an ihrem Leben, das sie verabscheute. Die ständige Müdigkeit, der Geruch nach Krankheit und Siechtum und diese kärgliche Hütte. Vor allem der Gedanke, ihr restliches Dasein mit Arbeit, Kinder gebären und Gehorsam zu verbri n gen, schnürte ihr die Kehle zu. Sie würde einfach weglaufen. Zusammen mit Mutter und John. Sie würden sich zwei Pferde stehlen und zurück nach Hause reiten. Onkel James ’ Wohnung war groß. Bestimmt würde er sie aufnehmen. Oh ja, ein schöner Gedanke.
    „Oben im Norden soll es zu Indianerüberfällen gekommen sein“, brummte Vater in die Stille hinein. Anscheinend hatte er einen seiner seltenen, guten Tage. Sonst sprachen sie beim Abendessen nicht, und wenn, dann nur scheußliche Dinge, die sich um Strafen, Sünden und Hass drehten. „Sie haben zwei Forts angegriffen. Man munkelt, dass sich ein paar Stämme zu einer Allianz zusammengeschlossen haben.“
    „Haben sie wen skalpiert?“ John hellgraue Augen weiteten sich.
    Mit seiner Porzellanhaut und den hellbraunen Locken gehörte er nicht in diese Welt. Es war, als hätte man einen Engel hierher verbannt, um ihn zu bestrafen.
    „Ich habe gehört“, wisperte er Cynthia zu, „dass sie sogar kleinen Ki n dern die Kopfhaut abziehen.“
    „Seelenlose Wilde sind sie“, zürnte Vater. „Zwölf Siedler wurden get ö tet. Selbst Frauen und Säuglinge . Man hat gestern mehrere Kompanien losgeschickt, um das Dorf der Rothäute dem Erdboden gleichzumachen. Möchte wetten, diese räudigen Hunde sind schon dort, wo sie hingeh ö ren. Im Schlund der Hölle.“
    „Sie haben keine Bärte“, fiel Cynthia ein.
    John kicherte. „Sie haben keine Bärte. Das ist lustig.“
    „Letztes Jahr in der Stadt habe ich ein paar Indianer gesehen“, erklärte sie. „Drei Männer. Sie hatten keine Bärte. Nicht einmal Stoppeln. Ihre Gesichter waren ganz glatt.“
    „Na und?“ Vater schnaufte, während Mutter im Halbschlaf den Tisch abräumte. „Ich will nicht, dass du dich um sie scherst. Es sind verstandlose Wilde. Sollen sie nur herkommen. In der Stadt zahlt man einen guten Preis für jeden Indianerskalp.“
    „Auch für den von Kindern?“ , wisperte John.
    „Auch für den von Kindern.“
    „Warum?“
    „Weil es ungläubige Heiden sind. Barbaren, die ihre eigenen Neugeb o renen essen, wenn die Nahrung knapp wird. Sie sind ein Schandfleck auf Gottes Erde. Aus Nissen werden Läuse, deswegen gehören sie mit Stumpf und Stiel ausgerottet.“
    „Sie essen ihre Bab y s ?“ Johns Mund klappte auf. „Sie essen wirklich ihre Bab y s ?“
    Vater nickte bekräftigend. „Ich habe es von jemandem gehört, der es wissen muss. James Fenimore Cody. Letztes Jahr haben er und seine Männer nicht weniger als siebzig Skalps in die Stadt gebracht. Was sie erzählten, ist nichts für Kinderohren. Selbst gestandene Männer bek ä men Al b träume davon.“
    „Ich fand, dass sie schön aussahen.“ Cynthia spielte an ihrer Schürze herum. Es war eine

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