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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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Keksen. Die Koffer waren neu gepackt, das Nötigste gewaschen.
    Entspannung strömte durch ihren Körper. Jetzt, da sie sich gegen alle sonderbaren Emotionen gewappnet fühlte, nahm Sara noch einmal Makahs Buch vom Tisch. Was für ein seltsamer Traum das doch gew e sen war. Vielleicht war sie im Traum Cynthia als Kind gewesen, ein seh n süchtiges, kleines Ding, das von der großen Freiheit träumte. Wenn man bedachte, dass sie sich wochenlang mit der Geschichte dieser Frau b e schäftigt hatte, waren solche Träume nicht verwunderlich.
    Sara betrachtete das Coverbild und glaubte, wieder den Duft des Sommers wahrzunehmen. Staub auf ihrer Haut. Hundekläffen. Der Geruch nach Feuer. Feuer?
    Sara schnupperte. E s roch eindeutig nach Qualm. Das gesamte G e bäude war mit Rauchmeldern gespickt, die selbst ein scharf gebratenes Spiegelei zum Anlass nahmen, schrill loszubimmeln. Es war ausgeschlo s sen, dass dieses Haus brannte, doch der Geruch wurde mit jedem Ate m zug intensiver. Versagte möglicherweise der Alarm? Sara stand auf, um zum Fenster zu gehen, doch ein Schwindelanfall warf sie zurück in die Kissen, kaum dass sie auf die Beine gekommen war. Brennende Schme r zen zuckten durch ihre Füße, Rauch biss in ihrer Kehle. Rauch, den sie nirgendwo sah. Mit einem Aufschrei griff sie nach unten und tastete über unversehrte Haut. Lichterloh schienen ihre Fußsohlen zu brennen. Sie fühlte Blasen aufplatzen, aber es waren keine Blasen da.
    Großer Gott, drehte sie durch? Wurde sie verrückt?
    Als der Gestank und der Schmerz zeitgleich endeten, nicht schle i chend, sondern abrupt wie ein Traum, aus dem man wachgerüttelt wu r de, packte sie das Entsetzen. Holy shit, sie halluzinierte. Gehirntumor , unkte der sonst unterdrückte Hypochonder in ihr. Du riechst und spürst Di n ge, die nicht existieren. Denk schon mal über deine Beerdigung nach. Ruth kauft sich bestimmt drei neue Kleider dafür. Passend zur Farbe deines Sarges.
    Sara legte beide Hände über ihr Gesicht und atmete. Tief und langsam. Es musste der Schlafmangel sein . O der die Tatsache, dass sie nach w o chenlanger Abstinenz seit heute Morgen wieder auf Kopfschmerztable t ten angewiesen war. Das Gluckern der Kaffeemaschine entfernte sich, wurde leiser und leiser. Orangefarbene Schemen tanzten vor ihren g e schlossenen Lidern. Ferne Schreie gellten durch die Nacht. Irgendj e mand klammerte sich an sie. So fest, dass ihr die Luft wegblieb.
     

Cynthia, 1836
     
    „I
    ss etwas, Cynthia!“ , tadelte Mutter. „Du bist viel zu dünn.“
    „Wundert dich das?“ Vater stocherte lustlos im Mai s brei herum.
    Das letzte Jahr, in dem auf einen grausamen Winter ein unerträglich heißer Sommer gefolgt war, hatte ihn in einen Schatten seiner selbst verwandelt. Das eingetrocknete Blut auf seinem Hemd jagte ihr einen Schau d er über den Rücken. Sie wusste, dass er kurz zuvor die Ferkel kastriert hatte, waren doch die jämmerlichen Schreie der Tiere durch das ganze Fort gehallt, als sie vom Fluss zurückgekehrt war.
    „Man ackert und ackert und bekommt grade mal das Allernötigste z u sammen.“ Vater betrachtete angewidert seinen Löffel. „Maisbrei! Ich kann das Zeug nicht mehr sehen!“
    „Das können wir alle nicht mehr.“ Mutter setzte sich und sackte z u sammen.
    Ihr Gesicht war einmal sehr schön gewesen. Cynthia konnte sich an leuchtende Augen erinnern, die klar und grün gewesen waren, an rosige Haut und glänzende Locken. Doch davon war nichts mehr übrig. Die dünnen Haare waren zu einem Knoten gesteckt, die Augen stumpf wie der Spiegel im Schlafzimmer. Jeder Knochen stach unter der Haut he r vor. Genauso wie bei ihr, Elenore und John, ihrem kleinen Bruder.
    „Die Tiere, die die Krankheit überlebt haben, dürfen wir nicht schlac h ten.“ Mutters Stimme klang, als spräche sie im Schlaf. „Und das bisschen Wild , das geschossen w ird , geht an den Pfarrer und den Bürgermeister.“
    „Genau das meine ich“, blaffte Vater. „Was ist das hier? Ich nenne es nicht Leben, ich nenne es Überleben. Die Fettwänste der neuen Welt kriegen den Hals genauso wenig voll wie die, vor denen wir geflohen sind. Nichts ist anders geworden. Gott verschließt seine Augen vor uns e rem Elend. Vielleicht haben wir ihm nicht genug gedankt.“
    Sein Blick streifte zuerst John, um anschließend Großmutter zu durchbohren. Leblos saß die alte Frau am anderen Ende des Tisches und wartete, dass man ihr einen Löffel Maisbrei in den Mund schob.
    „Bitte lass uns essen“,

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