Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
sich die Zeit der Wanderritte herbei. Noch ein, zwei Wochen, wenn das Wetter mitspielte, dann rückte der nächste Termin in greifbare Nähe. Ross zahlte Makah gutes Geld dafür, Touri s ten hinter sich herzockeln zu la s sen, doch in erster Linie bedeutete es für ihn eins: Freiheit pur. Das weite Land, gut gelaunte Menschen, die seine G e schichten hören wollten, ein gemütliches Lagerfeuer am Abend. Was gab es Schöneres? Wenn er Glück hatte, trudelten schon übermorgen die Termine für das erste Halbjahr ein.
In der Ferne sah er sein Haus auftauchen, an einen Hügel geschmiegt , behütet von zwei Pekannussbäume n , die ihre Äste über das Dach au s streckten. Nach der Rückkehr in das Reservat hatte er es g e baut, um seine Eltern vom vergifteten Land wegzuholen, doch gesehen hatten sie es nur einmal. Und das auch nur von außen.
„Ein Traum“, war die Meinung seiner Mutter gewesen. „Es ist wu n derschön.“
Sein Vater hatte nicht an liebevoller Nörgelei gespart. „Sag mal, Sohn. Ist das der neueste Krumm-und-Schief-Stil aus der Großstadt?“
Krumm und schief war es tatsächlich. Ein wenig. Andeutungsweise. Aber zur Hölle, er war weder Architekt noch passionierter Hausbauer. Knorrige Zwergeichen säumten den zugefrorenen Bach, der sich neben dem Pferdestall dahinschlängelte. Während er darauf zuritt, zog die Nacht herauf und brachte eisiges, sternloses Grau. Cezi trug ihn durch die winterliche Leere, Frieden berührte Makahs Seele und umgab die Gedanken an Sara mit sehnsuchtsvoller Wärme.
Sie würden sich wiedersehen. Er wusste es. Etwas verband ihn mit di e ser Frau, und diese Tatsache würde dafür sorgen, dass sich ihre Wege noch einmal trafen. Vielleicht würde sie morgen im Gemeindehaus anr u fen. Oder gar hierherkommen. Und falls sie das tat, was tat er dann? Sein Charme, der ihm früher so manchen Weg geebnet hatte, war z u sammen mit der letzten, desaströsen Beziehung gestorben. Besser war es, wenn Sara sich nicht mehr meldete und ihn vergaß. Was vielleicht bereits g e schehen war. New York war riesig, turbulent , und voller Menschen, die spannenderer waren als er. Wenn er die Dinge nüchtern und reali s tisch betrachtete, war eine Beziehung das Letzte , was er gebrauchen konnte.
Makah brachte Cezi in den Stall, füllte Futter und Wasser auf und gönnte dem Tier einige Streicheleinheiten. „Schlaf gut. Morgen wartet wieder eine Menge Arbeit auf uns.“
Das Pferd stieß ihn sanft mit dem Maul an, als woll t e es ihm vermi t teln, dass es sich nichts Schöneres vorstellen konnte. Zu guter Letzt stattete er Sam und Goliath einen Besuch ab, zwei Wallache von Ross ’ Ranch . E ine r weiß wie Schnee, der andere schwarz wie die Nacht. Beide waren zu alt geworden, um Reiter zu tragen, nun verbrachten sie ihren Lebensabend damit, Cezi Gesellschaft zu leisten. In der hintersten Ecke des Stalls schliefen ein paar herrenlose Hunde neben dem aufg e häuften Heu, in Zaum gehalten von Paul. Eines der Tiere, ein riesiges schwarzes Monstrum, fletschte die Zähne und knurrte.
„Benimm dich.“ Er drohte ihm mit erhobenem Zeigefinger. „Sonst schläfst du draußen. Und Paul, du sorgst dafür, dass deine Freunde hübsch brav bleiben.“
Paul brummte bestätigend. Schon halb in Narkose, schlurfte Makah durch den Schnee auf das Haus zu. Inzwischen lag das Zeug knietief. Wenn es nach ihm ginge, hatte er genug Schnee für den Rest seines L e bens gesehen. Die Schönheit der weiß glitzernden Landschaft war ihm schon im Januar gleichgültig gewesen, zumal er seit Wochen keinen ei n zigen Stern mehr gesehen hatte und den Anblick des mit Licht gespre n kelten Himmels vermisste. Immerhin , dass ihm das Heizmaterial seit einer Woche ausgegangen war, war heute nicht von Bedeutung. Er war viel zu müde, um zu frieren. Inzwischen waren die Fenster des Hauses mit Eisblumen zugewuchert und ließen sich nicht mehr öffnen . O hnehin ein überflüssiger Akt, denn dank zahlloser Ritzen und Spalten wehte unaufhörlich ein frischer Wind durch das Haus. Sein Plan war, das no t dürftig auf die Schnelle hochgezogene Haus so bald wie möglich orde n tlich auszustatten, aber dieses Vorhaben musste warten. Zumindest bis nächstes Jahr, wenn er das Geld für vernünftiges Material beisamme n hatte .
Probeweise schaltete Makah das Licht ein. Zu seiner Überraschung e r hellte sich das Zimmer. Wie nett. Der Strom funktionierte ausnahmswe i se. Während er sich einen Tee aufsetzte und die klammen Kleider gegen ein
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