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Nocturne City 01 - Schattenwoelfe

Nocturne City 01 - Schattenwoelfe

Titel: Nocturne City 01 - Schattenwoelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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ein Wolfskopf sichtbar mit spitzen Ohren, gelben, unter den schweren Brauen glühenden Augen und leuchtend weißen Zähnen, die unter der hochgezogenen Lippe hervortraten.
    Vor mir stand ein Wolf mit rötlichem Fell. Er starrte mich an und knurrte erneut.
    „Oh mein Gott …“, war alles was ich hervorbringen konnte, während sich meine Gedanken überschlugen und mir zu sagen versuchten, dass dies unmöglich sei. Schließlich waren es noch sechs Tage bis zum Vollmond, und dieser Wolf, der mich mit seinem Blick zu durchbohren schien, konnte keinesfalls Dmitri Sandovsky sein.
    Dann sah ich etwas an seiner rechten Pranke blinken – die Handschellen. Eiskalt lief es mir den Rücken hinunter.
    Der Wolf hob seinen Fuß und schüttelte die lästige Handschelle ab. Mit einem dumpfen Geräusch landete sie auf dem maroden Dach. Er machte einen Schritt in meine Richtung. Dann noch einen. Und noch einen. Langsam pirschte er sich an seine Beute heran.
    Ich streckte meinen Fuß aus, stieß einen in zwei Teile geschlagenen Mauerstein um und hob die eine Hälfte auf. Wenn mich schon das gleiche Ende wie Lilia erwartete, so wollte ich mich zumindest genauso heftig wehren, wie sie es getan hatte.
    Sandovsky näherte sich mir weiter mit bedächtigen Schritten. Ich packte den Mauerstein fester, um ihn mit aller Kraft seitlich gegen seinen Kopf zu schlagen, wo auch er mich getroffen hatte. Es war eine geringe Chance, denn ein schwer verwundeter Wolf, verwandelt sich sofort wieder zurück in seine Menschengestalt. Noch eine Sache, die ich auf die harte Tour hatte lernen müssen.
    Als uns nur noch zwei Meter trennten, hielt Sandovsky inne, und leckte sich über die Lippen. Seine schwarzen Nasenlöcher weiteten sich, als er sie ein letztes Mal in den Wind hielt. Unter uns knarrte das Dach verdächtig. Sandovsky war als Mensch ein zwar schlanker, aber muskulöser Hüne von rund einhundertzehn Kilo und musste als Wolf an die zweihundert auf die Waage bringen.
    Als er seine Eckzähne bleckte und seine Hinterbeine anspannte, wusste ich, was als Nächstes folgen würde. Mit einem ohrenbetäubenden Brüllen sprang er auf mich zu, und sein weit aufgerissenes Maul schien sich wie in Zeitlupe meinem Gesicht zu nähern.
    Ich stieß einen Schrei aus und schlug mit dem Mauerstein zu. Ich verpasste aber seine Schläfe und traf nur kraftlos die Rückseite seines Schädels, was er wahrscheinlich noch nicht mal bemerkte. Er landete mit seinem vollen Gewicht auf mir und stieß mich um wie einen nassen Sack. Vor meinen Augen liefen weder Lebensfilm noch Bilder aus der Kindheit ab. Ich sah nur Sandovskys riesigen Wolfskopf und fühlte eine ungezügelte Panik in der Magengegend. Unter seinem Gewicht begraben, schlug ich wie wild gegen seinen Körper und konnte einzig und allein durch den Adrenalinstoß in meinem Inneren weiteratmen.
    Als Sandovsky das Maul aufriss, um mir die Kehle durchzubeißen und seiner Jagd ein Ende zu bereiten, gab plötzlich unter uns das Dach mit einem lauten Krachen nach, und wir brachen durch das Holz. Mit uns stürzten jede Menge Putz, Isoliermaterial und Mauersteine in die Tiefe.
    Ich schlug auf dem harten Holzboden auf, und als uns die gebrochenen Deckenbalken trafen, wurde alles schwarz.
    Über meinem Brustkorb liegt eine Eisenkette, die mich an den Boden fesselt. Nein, es ist ein Arm. Der Arm eines Menschen. Stark, maskulin und mit einem Schlangen-Tattoo. Die Schlange hebt den Kopf und bleckt ihre Giftzähne. Ich fühle den Schmerz ihres Bisses, während der Körper des Mannes mich auf den Boden drückt, über meinen Brustkorb walzt, meine Rippen zerquetscht und das Blut durch meine Poren nach außen presst. Als ich wieder zu mir kam, schnappte ich wie wild nach Luft. Ein Deckenbalken lag quer auf meinem Oberkörper und drückte mich auf den Boden. Ein kurzer Blick nach links und rechts verschaffte mir Gewissheit. Ich war am Leben, und Sandovsky war verschwunden.
    Mit einiger Anstrengung konnte ich den Balken von mir herunterwuchten. Bei dem Versuch aufzustehen verabschiedete sich mein rechtes Knie sofort, und ich ging den Tränen nahe wieder zu Boden.
    Seit dem Biss hatte ich eine unglaubliche Angst davor, von irgendetwas oder irgendjemandem niedergehalten oder auf den Boden gedrückt zu werden. Es war zwar schon fünfzehn Jahre her, aber immer noch holte mich der stets gleiche Albtraum ein: Ich bin fünfzehn und liege auf dem Rücken. Über mir Joshua, der mich auf den Boden drückt, angestrengt hechelt und mir seine

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