Nocturne City 01 - Schattenwoelfe
gepeinigter Köter kläffend das Weite gesucht hätte.
„Was meinst du damit, du bist suspendiert worden?“
„Anscheinend habe ich Bryson in seiner ohnehin schon armseligen Männlichkeit verletzt. Er hat eine Beschwerde bei Roenberg eingereicht, und der hat mich suspendiert.“
„Luna?“, ertönte McAllisters Stimme aus dem Hörer. „Sind Sie noch dran?“
Ich rieb den Punkt zwischen meinen Augen. „Letzte Nacht bin ich nach Waterfront gefahren, um nach einem Verdächtigen zu suchen.“
„Und wie es aussieht, scheinst du ihn gefunden zu haben“, meinte Sunny mit vor der Brust verschränkten Armen.
„Den zickigen Ton kannst du dir sparen. Du weißt verdammt gut, dass mein Job nicht nur aus Papierkram und Routinearbeit besteht“, erwiderte ich.
„Genau, anscheinend ist dieser Job für dich nur eine Möglichkeit, um deinen kleinen Privatkrieg gegen Leute zu führen, die ganz offensichtlich über weitaus mehr gesunden Menschenverstand verfügen als du. Schön, dass das so gut klappt, was?“, schoss Sunny zurück. Sie drehte sich um und stürmte aus dem Zimmer, noch bevor ich mir eine Antwort zurechtlegen konnte. In diesem Moment war sie einfach nur ein nervendes Miststück, aber das nervende Miststück hatte verdammt recht.
Ich setzte mich auf die unterste Treppenstufe und nahm das Telefon wieder ans Ohr.
„Tut mir leid, Mac. Was ist los?“
„Setzen Sie sich in Bewegung, und kommen Sie zum Revier, Luna“, sagte er in rauem Ton. „Sie sind wieder im Dienst.“
„Was? Wie das?“, stieß ich überrascht hervor.
„Fragen Sie mich nicht. Irgendjemand von der Stadtverwaltung will, dass Sie an einem Vermisstenfall arbeiten.“
„Ich bin Mordermittlerin, Mac. Wenn die Person also nicht vermisst wird, sondern tot ist, dann …“
„Wollen Sie Ihren Dienst wieder aufnehmen oder nicht, Wilder?“
„Ja, Sir. Ich bin in einer halben Stunde da“, antwortete ich und legte auf.
Ich fand Sunny in der Küche, wo sie gerade ein paar Paprikaschoten klein schnitt, um sie in einem Omelett zu verarbeiten.
Ich ging gleich zur Offensive über und lächelte sie an. Sie aber stand weiter regungslos in ihrem grünen Pulli mit leicht hängenden Schultern da.
„Machst du mir auch eins?“
Sunnys Messer ratterte schneller, und das Brettchen bebte.
„Nein.“
„Und warum nicht?“
Sie hörte auf zu schneiden und sah mich an. „Diesmal wirst du es nicht unter den Teppich kehren, Luna!“
„Was unter den Teppich kehren?“, fragte ich mit erstaunter Miene.
„Verarsch mich nicht“, warnte Sunny.
Ich spielte weiter die Unschuldige – offensichtlich aber ziemlich schlecht.
„Du bist suspendiert worden, weil du ein Werwolf bist“, sagte Sunny. „Nein, ich muss mich korrigieren. Du bist suspendiert worden, weil du die Wölfin in dir nicht kontrollieren kannst und dich zudem auch weigerst herauszufinden, wie das geht.“
Das war’s – ich versuchte erst gar nicht mehr, nett zu sein. „Das ist nicht wahr. Ich kann gar nicht fassen, was du da sagst, Sunny. Denkst du vielleicht, es macht mir Spaß, mit der Angst zu leben, dass ich an einem schlechten Tag jemanden umbringen könnte?“
„Keine Ahnung, Luna. Fakt ist, dass du vor der einzigen Person davongelaufen bist, die dir alles über das Leben als Werwolf hätte erklären können“, antwortete Sunny.
„Joshua hat mich nicht nur verführt und angegriffen, sondern wollte mich vergewaltigen, Sunny Hätte ich vielleicht nicht abhauen sollen?“
Sie deutete mit dem Messer kurz in meine Richtung und fing dann wieder an, ihr Gemüse zu schneiden. „Ich will nur sagen, dass unsere magischen Fähigkeiten keine Gottesgabe sind, mit der man machen kann, was man will. Es hat auch bei mir sehr lange gedauert, bis ich gelernt habe, mit dem magischen Kreis umzugehen und …“
„Hex noch mal, Sunny, ich bin keine Casterhexe, die ihre Kräfte einfach ignorieren kann, wenn es ihr gerade in den Kram passt. Und ich hatte auch keinen weisen, alten Mentor, der mir gesagt hat: Hey, ist schon okay, wenn die Wölfin mal mit dir durchgeht und du jemanden in Stücke reißt. Das gehört nun mal dazu, Kleine.“
Bei den Worten „weiser, alter Mentor“ verhärteten sich Sunnys Gesichtszüge.
„Sie war auch für dich da, Luna.“
„Fang gar nicht erst damit an“, fauchte ich. „Nicht mal unsere Großmutter kann mir mehr in die Augen sehen, seit sie herausgefunden hat, was ich bin. Ich bin Luft für sie.“
Wir starrten einander an, aber Sunny wandte zuerst
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