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Nocturne City 01 - Schattenwoelfe

Nocturne City 01 - Schattenwoelfe

Titel: Nocturne City 01 - Schattenwoelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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nicht einmal das Holz splitterte. Mit einem kläglichen Stöhnen gab sie einfach nach. Mit vorgehaltener Glock suchte ich zuerst die Ecken des kleinen Einzelzimmers ab. Dann fiel mein Blick auf die blonde Gestalt, die am Fußende des Betts auf dem Boden kauerte. Unter ihr ragten die Beine einer Frau hervor – über und über bedeckt mit feinen roten Blutspritzern.
    Ich behielt die Glock im Anschlag. „Stephen?“
    „Lassen Sie mich in Ruhe, hab ich gesagt!“
    „Stephen, was ist passiert?“ Als ich einen Schritt auf ihn zu machte, sah ich die Leiche der Frau, die allem Anschein nach einmal Marina gewesen war – ein leblos auf dem Rücken liegender Körper mit ausgestreckter linker Hand, an der mir ein angewinkelter Zeigefinger auffiel. Ich musste würgen. Der Geruch des alten Blutes und des verwesenden Gewebes stach mir in die Nase.
    Stephens Körper wippte unablässig vor und zurück. In einem nicht enden wollenden Singsang redete er im Flüsterton mit sich selbst.
    Marina war die Kehle herausgerissen worden. Vom Brustbein aufwärts erstreckte sich bis zum Kinnansatz eine grauenhafte Wunde, aus der zerfetztes Fleisch und zersplitterte Knochen ragten. Ihre Oberschenkel wiesen außen tiefe Kratzwunden auf. Das Gesicht war mit blauen Flecken übersät und völlig verschwollen. Trotzdem waren ihre Augen offen und starrten ins Leere. Das Blut aus ihren Wunden hatte sich in einer klebrigen Lache gesammelt. Ich ging noch einen Schritt näher und betete, dass ich nicht das sehen würde, was ich zu sehen fürchtete – aber es war zwecklos. Marinas linker Zeigefinger war nicht angewinkelt, wie ich vermutet hatte, sondern am Fingergelenk sauber abgeschnitten worden.
    „Stephen.“ Ich drehte der Leiche den Rücken zu und richtete die Glock auf Stephens Kopf. „Was haben Sie ihr angetan?“
    Er nahm die Hand vom Gesicht und schaute zu mir auf. Nun sah ich, dass er weinte. Sein ganzer Körper war über und über mit Blut besudelt, aber ich verspürte wenig Lust, ihn nach Verletzungen abzusuchen.
    „Ich war s nicht“, würgte er hervor. „Ich war s nicht.“
    Sein Gesicht war vom Schmerz über den Verlust verzerrt, und fast glaubte ich seinen Worten.
    „Wer war es dann?“
    „Der Werwolf“, flüsterte er. „Der Werwolf hat ihr das angetan.“

8
    Die von mir gerufenen Streifenpolizisten schienen ihren Augen nicht zu trauen, als sie in das Zimmer blickten und Marinas übel zugerichtete Leiche sahen. Einigen konnte man ansehen, dass ihnen schon der Anblick der anderen Hotelbewohner einen gehörigen Schrecken eingejagt hatte.
    Ich blieb am Tatort und sah den Leuten von der Spurensicherung dabei zu, wie sie das Zimmer mit Schwarzlicht absuchten, jede Menge blutiger Fingerabdrücke abnahmen und, ohne den abgetrennten Finger gefunden zu haben, Marinas Leiche abtransportierten. Als das erledigt war, fummelte Dr. Kronen an seiner Krawatte und erklärte mir abschließend, dass Lilias Mörder sehr wahrscheinlich auch der von Marina war.
    Eigentlich war seine Bestätigung überflüssig. Wenn Stephen ein Werwolf war, passte die Vorgehensweise perfekt zu beiden Morden.
    Aber es stand ein verdammt großes Fragezeichen hinter dem Wenn. Stephen roch nicht wie ein Werwolf und verhielt sich auch nicht wie einer. Außerdem hatte ich bei seiner körperlichen Untersuchung keine Bissnarben entdecken können. Normalerweise findet man sie bei Werwölfen an typischen Stellen, von wo aus sich der Speichel direkt in die Blutbahn ausbreiten kann.
    Als die Spurensicherung fertig war, fuhr ich zum 24., um einen vorläufigen Bericht zu schreiben. In meiner Inbox blinkte eine E-Mail von Pete Anderson. Na, haben Sie Ihre geheimnisvolle Unbekannte schon gefunden?
    Ich dachte über Pete, den abgetrennten Finger in seinem Büro und seine alten Karteikarten mit den Fingerabdrücken nach. Er hatte gesagt, dass 1962 in nur vier Monaten sechs Frauen verschwunden waren. Alle waren Einwanderinnen aus ärmlichen Verhältnissen gewesen. Alle wurden verstümmelt. Der Mörder quälte sie erst und schnitt dann einen ihrer Finger mit einer Kneifzange ab.
    Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, als ich den unheimlichen Zusammenhang erkannte. Ich rief die Datenbank auf und tippte ein paar Suchkriterien ein: Verstümmelung, Mord, Weibliche Opfer, 1961-1962. Fast dreißig Treffer blinkten auf dem Bildschirm. Anscheinend eine sehr erfolgreiche Jagdsaison für die Psychos in Nocturne City. Als ich die Ergebnisse nach Postleitzahlen anzeigen ließ, erschienen

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