Nocturne City 01 - Schattenwoelfe
antwortete ich. „Tut mir leid.“
„Roenberg hatte recht“, sagte er zu mir, als ich die Tür öffnete. „Es war eine schlechte Idee, Sie auszuwählen.“ So wie er es sagte, hätte man fast glauben können, dass er sauer auf mich war, weil ich meinen Job machte. Zum Teufel mit ihm. Es war Hex noch mal nicht meine Schuld, dass er Ted Bundy junior großgezogen hatte.
Als sie drin waren, warf ich die Tür etwas kraftvoller zu als notwendig und ging danach in das benachbarte Zimmer mit dem einseitig verspiegelten Fenster, um das Gespräch zu verfolgen. Als AI Duncan seinen blutverschmierten Sohn sah, verlor sein Gesicht fast komplett die Farbe.
„Großer Gott, Stephen!“, rief er aus. „Was hast du getan?“
Stephen fing sofort an zu heulen. „Tut mir leid, Dad. Es tut mir leid …“
Ich ging zurück zu meinem Schreibtisch, um das Ende des Anwaltsgesprächs – indem es nur darum ging, dem Jungen eine plausible Lügenstory einzutrichtern – abzuwarten und Stephen danach vernehmen zu können.
Vor mir hatte ich gerade die Fotos aller vermissten Frauen zwischen zwanzig und fünfunddreißig des letzten Jahres ausgebreitet, als Bryson hereinkam und von hinten so heftig gegen die Rückenlehne meines Stuhls rempelte, dass die Bilder auf den Boden flogen.
„Wilder! Hab gehört, du hast dem Bezirksstaatsanwalt einen geblasen, damit er dich wieder einstellt. Kann nicht gerade sagen, dass ich mich freue, dich zu sehen.“
„Danke gleichfalls“, erwiderte ich beim Aufheben der Fotos. „Aber schön zu sehen, dass du immer noch derselbe bist, David … der größte Idiot mit dem kleinsten Pimmel im ganzen 24. Revier.“
„Pass auf, was du sagst, oder ich krieg dich dran wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz“, sagte er mit einem breiten Grinsen.
„Wenn du es verstehen würdest, könnte ich jetzt sagen, dass du dir deine ironisch-sarkastischen Kommentare sonst wohin schieben kannst, aber da das nicht der Fall ist, lass ich s lieber“, schoss ich zurück. Ich merkte, wie mein Blutdruck sprunghaft anstieg, nur weil ich in einem Raum mit Bryson war, und musste der Wölfin in mir befehlen, ruhig zu bleiben. Ich würde mich nicht noch einmal wegen diesem Schlappschwanz suspendieren lassen.
„Also, wo ist dieses Nutten killende Muttersöhnchen, das ich vernehmen soll?“, fragte er.
„Wie bitte?“, fragte ich laut. „Du meinst doch sicherlich nicht Stephen Duncan?“
„Genau den such ich. Stephen“, sagte Bryson. Dabei verstellte er seine Stimme in einen hohen, lispelnden Ton und ließ seine Hand in einer übertrieben femininen Geste vom Handgelenk an schlapp herunterhängen.
„Das ist mein Fall“, sagte ich ihm ruhig, aber ärgerlich.
„Falsch. McAllister hat mich extra deswegen herbeordert. Sieht so aus, als wenn er deinen feministischen Gleichberechtigungs-Bullshit auch langsam satt hat.“
„Das werden wir ja sehen“, sagte ich und ging zu Macs Bürotür. Noch bevor ich klopfen konnte, öffnete er schon die Tür und zuckte entschuldigend mit den Schultern.
„Ich weiß, was Sie jetzt sagen werden, Luna, aber es ist nicht meine Entscheidung gewesen. Der Bezirksstaatsanwalt hat einen anderen Ermittler gefordert.“
„Und dann nehmen Sie Bryson?“, fauchte ich ihn an. „Dieser Rohrkrepierer findet noch nicht mal mit einem Navi seinen eigenen Arsch, und als Ermittler in diesem Fall will ich ihn mir gar nicht erst vorstellen. Kann ja sein* dass er Roenbergs Lieblingsarschkriecher ist, aber der Typ ist alles andere als diskret.“
„Er ist der Einzige, der den Fall übernehmen kann“, sagte Mac. Er seufzte und strich sich mit der Handfläche über das Gesicht. Seine Augen hatten große Ringe, und er sah ziemlich zerknautscht und erschöpft aus. „Alle anderen Detectives sind gerade mit ihren eigenen Fällen beschäftigt.“
„Und was soll ich Ihrer Vorstellung nach tun, wenn Bryson jetzt meinen Fall übernimmt?“
„Verdammt, Wilder, ich weiß es doch auch nicht. Haben Sie keine anderen Fälle, an denen Sie arbeiten müssen?“
„Seit meiner Suspendierung nicht mehr! Die wurden alle anderen Detectives übertragen“, antwortete ich in einem etwas sanfteren Ton. Vielleicht ließ sich bei der Sache doch noch was retten. „Mac, ich bitte Sie, kann ich mir nicht wenigstens die Vernehmung ansehen?“
Er seufzte. „Na schön. Gehen Sie schon. Mal sehen, ob ich mit Ihrer Hilfe nicht vor Schichtende noch einen weiteren Karriereknick hinbekomme.“
Bryson hatte Alistair Duncan
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