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Nocturne City 01 - Schattenwoelfe

Nocturne City 01 - Schattenwoelfe

Titel: Nocturne City 01 - Schattenwoelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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bestand nämlich aus schrumpeligem weißem Narbengewebe, in das ein milchiges Auge eingebettet war, das aber nicht geradeaus blickte, sondern zur Seite gedreht war. Darüber verlief eine breite, komplett weiße Strähne durch sein Haar. Die andere Gesichtshälfte sah ziemlich normal aus – ein dünnes, rattenartiges Gesicht, in dem nur ein paar schlechte Zähne und ein eiskaltes blaues Auge auffielen. Dann waren da noch die Tattoos, die seinen Körper vom Hals abwärts bis Gott weiß wohin bedeckten, die bläulichen, krallenartigen Fingernägel auf der vernarbten Seite seines Körpers und die schlangenähnliche gespaltene Zunge, die man hin und wieder hervorblitzen sah, wenn Perry sprach. Wie gesagt, Perry war für die meisten Leute ein schauderhafter Anblick.
    „Ich habe jemanden getroffen, der ein sehr interessantes Tattoo hatte“, begann ich. „Eigentlich war es kein Tattoo. Es waren eher Brandings. Vielleicht kannst du mir dazu was erzählen?“
    „Brandings? Nee!“, antwortete Perry naserümpfend. „Hab nichts am Hut mit diesem Body-Mod-Zeug. Mein Leben ist die Tinte, und die Haut ist die Leinwand, auf der ich male.“
    „Okay, okay. Aber vielleicht kennst du ja jemanden, der sich damit beschäftigt?“
    Perry kaute auf dem Ende seines Stifts herum und rollte sein verkrüppeltes Auge in meine Richtung, sodass ich automatisch einen Schritt zurückwich. Nicht etwa, weil mich sein Narbenauge angewidert hätte, sondern weil es nicht Perry war, der mich aus der fleischigen weißen Kugel anschaute.
    „Du könntest es mal mit Cassandra LaVey versuchen“, sagte er. „Hast bestimmt schon ihre Werbung in der Stadt gesehen, oder?“
    Ich schüttelte den Kopf. Perry schnaubte und wandte dann die Narbenseite seines Gesichts von mir ab, um ein paar Striche zu seiner Zeichnung hinzuzufügen. Jetzt konnte ich sehen, an was er arbeitete: an einer Frau in einem Kleid, die auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. „Lass mich mal einen Blick auf deinen Rücken werfen“, sagte er und legte im Aufstehen seinen Stift nieder. Als er sich dabei das Bein auf der verkrüppelten Seite seines Körpers rieb, zeichnete sich eine Metallschiene gegen seine Jeans ab. „Setz dich.“
    „Ich hab eigentlich keine Zeit“, log ich ihn an. „Muss an meinem Fall weiterarbeiten …“
    „Dauert nur eine Minute“, sagte er und brachte den Zahnarztstuhl in Position. Ich wusste, dass ich keine Chance hatte, also legte ich mich seitlich in den Stuhl und zog mein T-Shirt so weit hoch, dass Perry meinen Rücken untersuchen konnte.
    Als er mit seinen Fingern über meine Haut strich, grunzte er leise. „Diese Lady Cassandra bezeichnet sich selbst als die Body-Mod-Göttin und hält sich für die Größte in Sachen Body Modification. Samstagnachts stellt sie sich in einem der Schuppen hier um die Ecke auf die Bühne und verpasst irgendwelchen Dahergelaufenen Brandings und anderes Zeugs. Theatralische Tante. Macht unsere Kunst zu einer Zirkusnummer!“
    „Und Brandings sind ihre Spezialität?“
    „Spezialität? Es braucht nicht viel mehr als ein stumpfes Messer und die Hände eines Hafenarbeiters, um jemanden diese Narben zu verpassen. Wenn du das eine Spezialität nennen willst, bitte“, antwortete Perry. „Dein Tattoo fühlt sich ziemlich heiß an. Scheint stark in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein.“
    „Kann man wohl sagen“, seufzte ich.
    Perry hatte mir das Tattoo gestochen, als ich nach Nocturne City gezogen war. Es war ein Pentagramm, das von den Mondphasen umringt war. Die Zusammensetzung der Tinte sollte die Wölfin in mir unter Kontrolle halten – wenigstens so lange, bis sich Unbeteiligte in Sicherheit bringen konnten. Die Erfolgsquote variierte ziemlich.
    „Erzählst du mir jetzt, warum du dich auf einmal so für Brandings interessierst?“, fragte Perry.
    „Nein“, erwiderte ich.
    Perry war nicht nur ein einzigartiges Wesen, sondern auch unberechenbar, sodass ich ihm nur so weit vertraute, wie ich den Fairlane aus dem Stand werfen konnte. Nämlich keinen Zentimeter. „Aber dank dir für deine Hilfe.“
    „Zur Hölle damit“, sagte Perry. „Wenn dieses Tattoo nicht funktioniert, bin ich keine Hilfe.“
    Ich zog mein T-Shirt wieder runter und stieg von dem Stuhl. „Es funktioniert. In letzter Zeit gab’s nur jede Menge Sachen, die die Wölfin in mir aus ihrer Höhle zwangen.“
    Perry legte den Kopf etwas schief und schaute mich mit seinem unversehrten Auge an.
    „Ich habe einen anderen Werwolf

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