Nocturne City 01 - Schattenwoelfe
schlechtes Zeichen.
„Wie war’s mit dem Maven’s, dieser Bar auf der Devere? Ist ganz in der Nähe der Uni.“
Sandovsky schnaubte. „Warum, zum Teufel, wollen Sie in diesen Freakschuppen gehen?“
„Weil ich da erstens einen möglichen Verdächtigen befragen muss“, antwortete ich „und zweitens dachte, dass die riesigen Biervorräte dieses Schuppens den Treffpunkt für Sie besonders attraktiv machen könnten.“
„Sie kennen mich nur allzu gut, Detective“, antwortete er in einem Ton, der es mir nicht allzu schwer machte, mir das süffisante Grinsen am anderen Ende der Leitung vorzustellen.
„Punkt sieben.“
„Ich würde es nie wagen, Sie warten zu lassen, Detective. Noch einen Ihrer Wutanfälle würden weder ich noch meine Männlichkeit überleben“, scherzte er.
„Was meinten Sie damit, dass das Mavens ein Freakschuppen sei?“, fragte ich, bevor er auflegen konnte.
Sandovsky lachte wieder, und erneut spürte ich dieses Kribbeln. Verdammt! „Das werden Sie schon sehen. Bis sieben dann.“
Sunny kam in mein Zimmer und fand mich in meinem begehbaren Kleiderschrank. Wütend schlug ich gegen die Schranktür und stieß dabei einen Schrei aus, mit dem ich sogar Lon Chaney jr. in den meisten seiner Horrorfilme hätte Konkurrenz machen können.
„Lass mich raten“, sagte sie mit einem Blick auf die durcheinandergeschmissenen altmodischen Schuhe, Kleider und Unterwäsche teile auf dem Fußboden meines Zimmers. „Du hast dich endlich entschlossen, deine vielgeliebten Besitztümer dem Erhabenen Hohepriester der schicken, aber überteuerten Accessoires und Klamotten zu opfern und seiner Sekte beizutreten?“
„Wenn dieser Erhabene Hohepriester von Sonst was mir dabei helfen kann, ein passables Outfit zusammenzustellen, dann geht auch der Rest klar“, antwortete ich und pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Was gibt’s denn für einen Anlass?“, fragte Sunny und begann sogleich damit, all die Klamotten wieder zusammenzulegen, die ich gerade aus dem Schrank geworfen hatte.
„Du erinnerst dich an den Werwolf, mit dem ich vor ein paar Tagen kein Date, sondern ein rein berufliches Treffen hatte?“
„Sandovsky?“
„Genau der. Heute habe ich tatsächlich so was wie ein Date mit ihm.“
Sunny blinzelte mich verwundert an, begutachtete den Schuh von Gaultier in ihrer Hand und schaute dann wieder in meine Augen.
„Du gehst aus.“
„Ja.“
„Zu einem Date.“
„Ja.“
„Mit einem Mordverdächtigen.“
Ich zog eine Grimasse. „Eigentlich ist er jetzt gar nicht mehr tatverdächtig. Ich glaube nämlich mittlerweile, dass der Sohn des Bezirksstaatsanwalts der wahre Täter ist.“ Das zu beweisen war natürlich noch mal eine ganz andere Sache … aber darum ging es ja bei diesem Date. Teilweise zumindest. Wer sagt eigentlich, dass man nicht auch bei einem Rendezvous Multitasking betreiben kann?
Sunny ließ sich aufs Bett plumpsen. „Oh, Luna, warum vertraust du in Sachen Dating nicht einfach Match.com wie alle anderen auch?“
Ich warf ihr ein Grinsen zu. „Wenn ich wie alle anderen wäre, würde ich meine liebe, fürsorgliche Cousine nicht immer wieder an den Rand eines Herzanfalls bringen können, und das wäre dann auch ziemlich langweilig, oder?“
Sunny verdrehte die Augen. „Es ist egal, was du anziehst. Ich garantiere dir, dass Sandovsky nicht an deinen Klamotten interessiert ist, sondern lediglich an dem, was unter ihnen ist.“
„Sunny, dein Zynismus schockiert mich wieder mal zutiefst.“
Nach einer Weile ging Sunny aus dem Zimmer, und ich suchte weiter wahnhaft nach einem passenden Outfit, bis ich mit einem Blick auf die Uhr merkte, dass es an der Zeit war, ein Bad zu nehmen und mich für mein Treffen mit Dimitri im Maven’s fertig zu machen.
Das Mavens war das perfekte Beispiel dafür, wie man eine Innenausstattung durch übermäßige Gothic-Elemente versauen kann. Mit roter und schwarzer Seide abgehängte Wände, Nachdrucke romantischer Ölgemälde in schwarzen Rahmen und Möbelstücke, die mehr Füße hatten als eine ganze Kuhherde -der Laden wirkte in erster Linie wie ein Nobelbordell aus dem Viktorianischen Zeitalter.
An den Tischen standen samtbezogene Stühle, und darüber hingen Lampen mit farbigen Schirmen. Der ganze Laden war in verschiedene Rottöne getaucht, sodass ich mir vorkam, als würde ich mich in einem riesigen, schlagenden Herz befinden.
Die meisten Gäste des Mavens bewiesen genauso wenig Geschmack wie der Innenausstatter.
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