Nocturne City 03 - Todeshunger
Seite. »Luna! Was glaubst du eigentlich, was du tust?«, rief er und packte mit beiden Händen meine Schultern.
»Au«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen. »Süßer, du rüttelst an den Körperteilen, die am meisten schmerzen!«
»Entschuldige«, murmelte er, ließ meine Schultern los und trat einen Schritt zurück. »Könntest du mir jetzt bitte erzählen, was hier los ist?«
»Entschuldigen Sie, wer sind Sie eigentlich?«, fragte der behandelnde Arzt.
»Ich bin der, der dir gleich den Kopf so weit dreht, dass du deinen eigenen Hintern betrachten kannst, wenn du uns nicht sofort allein lässt!«, knurrte Dmitri, ohne den Blick von mir abzuwenden. Seine Augen färbten sich im Handumdrehen dunkel, und es schien mir, als läge so etwas wie Vorfreude in seiner Stimme. Aus einem Reflex heraus glitt meine Hand bei seinem Anblick zur Hüfte, wo sie statt des Pistolenholsters nur die Bettdecke fand. Die Waffe hatte ich zusammen mit meiner Jacke abgelegt.
»Schon in Ordnung, Doktor«, beruhigte ich den Mediziner, der gerade zum Telefonhörer an der Wand greifen wollte, um den Sicherheitsdienst zu alarmieren. »Könnten Sie uns eine Minute allein lassen? Danke.«
»Gut … wenn Sie mich brauchen, rufen Sie. Ich bin nebenan«, entgegnete er und signalisierte Dmitri durch einen verächtlichen Blick, dass er ihn für einen psychopathischen Frauenschläger hielt.
»Luna«, sagte Dmitri, als er sich entfernte. »Was ist passiert?«
»Beruhigst du dich, wenn ich es dir erkläre?«
Dmitri fuhr herum und sah in den Wandspiegel. »Wenn meine Freundin ins Krankenhaus eingeliefert wird, habe ich wohl alles Recht der Welt, ein klein wenig aufgebracht zu sein, oder?«, rechtfertigte er sich. Dann holte er tief Luft, und sofort verschwand die dunkle Farbe aus seinen Augen und ließ nur einen hauchdünnen Streifen um seine Pupillen zurück.
»Ich bin gefallen und habe mir das Handgelenk verstaucht«, erklärte ich und zeigte auf die Armschlinge. »Kein Grund zur Aufregung.«
»Ich habe dir gesagt, dass so etwas passieren würde, verdammt!« Wütend wandte er sich von mir ab und fuhr sich durch den roten Haarschopf.
»Ja«, lenkte ich ein, während ich aufstand, um mit der unversehrten Hand meine Klamotten aufzusammeln. »Aber ich fand es wichtig, meinen Job zu erledigen.«
»Das ist nicht dein Job!«, zürnte Dmitri. »Wir wissen beide, dass du das nicht hättest tun müssen. Für mich sieht es aus, als wolltest du einfach mal wieder deinen Dickkopf durchsetzen.«
»Schatz, erzähl mir bloß nicht, du hättest nicht gewusst, dass ich verdammt dickköpfig sein kann.«
Dmitri verzog das Gesicht, ging aber nicht auf meine Bemerkung ein. Auch ich schwieg.
Natürlich wusste ich, dass der Besuch bei den Loups nicht meine Aufgabe gewesen war und ich unüberlegt und egoistisch gehandelt hatte. Andererseits spürte ich aber, dass ich an einer großen Sache dran war: vier tote Werwölfe, die jemand nach ein und demselben Muster ermordet hatte. Ich musste Bryson helfen, in dem Fall weiterzukommen, auch wenn das Probleme für meine Beziehung mit sich brachte.
Während ich darauf wartete, dass die Schmerzmittel anschlugen, sah ich Dmitri an. Seinem verbitterten Gesichtsausdruck nach zu urteilen interpretierte er mein Schweigen als krampfhaften Versuch, mir nicht eingestehen zu müssen, dass ich falschlag – was in gewisser Hinsicht auch richtig war. »Lass uns heimfahren«, schlug er nach einer Weile vor. »Auch wenn ich es oft genug tun muss, gehört es nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, in der Notaufnahme abzuhängen, nur weil du mal wieder nicht auf mich hören wolltest.«
»Verstehe. Dann lasse ich morgen gleich deinen Namen von der Liste der zu benachrichtigenden Personen streichen«, knurrte ich, woraufhin er zusammenzuckte, als hätte ich ihm ein Messer zwischen die Rippen gejagt.
»Dmitri …«
»Ich will einfach nur noch raus hier«, sagte er heiser.
»Gut«, entgegnete ich. »Gut. Ich auch.«
Draußen auf dem Parkplatz forderte Dmitri mit ausgestreckter Hand meine Schlüssel. »Was ist mit deinem Motorrad?«, fragte ich und gab sie ihm.
»Ich hol's morgen. Ich habe ewig einen verdammten Parkplatz gesucht …«, brummte er. »Steig ein.« Statt seiner Aufforderung zu folgen, blieb ich vor dem Wagen stehen und fragte niedergeschlagen: »Warum muss eigentlich immer uns so etwas passieren?«
»Weil du nicht auf mich hörst!«
»Unsinn! Du bist doch genauso eigensinnig wie ich. Doch im Gegensatz zu dir
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