Noelles Demut
bemerkte, wie eine große, warme Hand ihren Rücken streichelte. Sanfte Lippen küssten ihr Haar, und jemand sprach. Ganz leise hörte sie geflüsterte Worte. „Schhht! Alles ist gut. Das ist überhaupt nicht schlimm. Es duftet köstlich.“
Das war Simon! Simon sprach mit ihr.
Noelle zitterte noch mehr, als die Erleichterung durch ihren Körper jagte. Tränen stiegen in ihr hoch. Was musste er von ihr denken? Sie war das reinste Nervenbündel. Noelle schmiegte sich an seine starke Brust und verbarg ihr Gesicht vor ihm. Sie schämte sich, dass sie nicht mehr in der Lage war, Vergangenheit und Gegenwart auseinanderzuhalten.
Entsetzen schnürte Simon die Brust zusammen. Wie oft hatte dieses Arschloch sie wegen einer solchen Lappalie verprügelt? Es brauchte lange, bis ein Mensch derartige Reaktionen verinnerlichte. Durch seine Sklavenausbildungen wusste Simon, es gab nur zwei Wege, Reflexe zu erzeugen: Angst oder jahrelanges Training.
Es bestand kein Zweifel, welchen Weg Noelle hatte gehen müssen. Langsam beruhigte sie sich. Ihr Zittern wurde weniger, und sie ließ seine Berührung zu.
Simon schaltete den Herd aus, hob sie auf seine Arme und trug sie ins Wohnzimmer. Mit ihr auf seinem Schoß setzte er sich. Noelle verbarg ihr Gesicht an seiner Brust.
„Sieh mich an, Noelle!“, sagte er leise.
„Ich kann nicht. Ich schäme mich so.“
„Wofür?“, fragte Simon überrascht.
„Ich kann das einfach nicht vergessen. Immer wieder ist er da, starrt mich an und schreit. Manchmal spüre ich seine Schläge, als wären sie Wirklichkeit.“ Noelle schluchzte auf. „Er ist tot! Und trotzdem hat er gewonnen.“
„Er hat nicht gewonnen. Du hast dich gegen ihn aufgelehnt. Du hattest die Kraft, zu gehen. Hast du wirklich geglaubt, du kannst einen Schalter umlegen und alles ist vergessen?“
„Ich hatte es gehofft.“ Ihre Worte kamen mit einer derartigen Inbrunst, dass Simon schmunzeln musste.
„So wird das nicht funktionieren. Du musst lernen, dass Menschen auch normal reagieren können. Nicht jeder rastet aus, nur weil das Essen anbrennt. Zum Glück sind nur ganz wenige so verrückt.“
„So verrückt wie ich“, scherzte Noelle in seinen Armen.
„Du bist nicht verrückt. Das, was du erlebt hast, nennt sich Konditionierung. Du hast dir Verhaltensformen angewöhnt, die völlig überzogen sind. Damals war das notwendig, um dich selbst zu schützen. Es wird Zeit brauchen, das abzustellen.“
„Woher weißt du so was?“
Weil ich Sklavinnen und Master ausbilde. Simon schluckte. „Ich sehe gern Psychologiesendungen im Fernsehen. Alles nur Halbwissen, um anzugeben.“
Noelle lächelte tatsächlich und zog ganz undamenhaft die Nase hoch. „Und was mache ich nun? Wie bekomme ich das in den Griff? Haben sie das im Fernsehen auch gezeigt?“
„Vertrauen!“ Simon erhöhte den Druck seiner Umarmung, und sie duldete es.
„Eines Tages wirst du mir so sehr vertrauen, dass du Tränen lachst, wenn uns das Essen anbrennt.“
„Uns?“
„Ich war nicht ganz unbeteiligt. Immerhin habe ich die Zwiebeln geschält und geschnitten.“
Noelle sah zu ihm auf. Ihre Augen schwammen in Tränen, doch das Leuchten war trotzdem da. Sie lächelte.
„Siehst du!“ Simon streichelte ihre Wange. „Du vertraust mir. Und irgendwann wird auch dein Unterbewusstsein vertrauen.“
„Du bist ein toller Mann“, flüsterte Noelle, streckte sich zu ihm und küsste seine Lippen. Simon hielt die Luft an. Ihre Lippen waren so weich. Zittrig flatterten sie über seinen Mund. Hinter ihrem Rücken ballte er die Hand zu einer Faust, um sich zu beruhigen. Sein Schwanz schwoll an, verlangte nach mehr, nach ihr.
Noelles Zunge leckte auffordernd über seine Unterlippe. In seinem Kopf drehte sich alles. Wenn er diesen Kuss erwiderte, konnte er für nichts mehr garantieren. Er würde sie mit Haut und Haaren verschlingen.
Noelle selbst kam ihm zu Hilfe. Protestierend knurrte ihr Magen. Erleichtert grinste Simon, als er sich zurückzog. „Wir sollten nachsehen, was der Rest unseres Essens macht.“
„Mmmm! Was hast du an das Gemüse gemacht? Das schmeckt super.“
Noelle schmunzelte erfreut, als er die Schale auf dem Tisch ergriff und sich eine weitere Portion nahm.
„Honig.“
„Ich bin eigentlich kein Gemüsefan, aber ich habe das Gefühl, das ändert sich gerade.“
Noelle sah zu, wie Simon eine volle Gabel nach der anderen verschlang. Es wärmte ihr das Herz. Die verbrannten Zwiebeln hatte Noelle weggeworfen und noch
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