Nördlich des Weltuntergangs
Ausnahme.
»In einem schönen Körper wohnt eine schöne Seele! In einem hässlichen natürlich eine hässlichere, das ist ja sonnenklar. Am Tod erschreckt mich vor allem der Gedanke, dass die Seele im Grab platt gedrückt werden könnte, wenn darüber zwei Meter hoch kalter Sand aufgeschichtet wird. Manchmal wünsche ich mir, dass schöne Menschen in flacheren Gräbern beerdigt werden, vielleicht nur einen Meter tief. Der Gedanke an die zerquetschte Seele macht mir furchtbare Angst«, erklärte Soile-Helinä tief seufzend.
11
Zwei Tage später lud Eemeli Toropainen zusammen mit dem dänischen Küster die Orgel der kleinen Kirche des Fischerdorfes Trustrup in einen Lieferwagen. Die Orgel war auseinander gebaut, die Pfeifen und die Spielmechanik in Holzkisten verpackt worden. Eemeli beabsichtigte, die Last in den Hafen zu fahren, wo sie auf ein Frachtschiff verladen würde; in Oulu sollte sie dann verzollt und anschließend nach Kainuu zum Ukonjärvi gefahren werden. An sich eine klare Regelung.
Als Eemeli sich von Soile-Helinä verabschiedet hatte, hatte sie in Aussicht gestellt, ihn in Trustrup zu besuchen. Doch hatte sie das anscheinend nicht einrichten können, und Eemeli wartete mit der Orgel zwei Tage vergeblich im örtlichen Gasthof. Stattdessen tauchten überraschend vier Amerikaner auf. Sie bestellten ihm Grüße von ihrer finnischen Geschäftsfreundin Lady Tussurainen, die ihnen Direktor Toropainen empfohlen habe. Es gehe um gemeinsame Projekte in Finnland.
Die Männer waren mittleren Alters, gut gekleidet und in ihrem Auftreten sehr selbstsicher. Zwei von ihnen stellten sich als Chirurgen vor, der dritte war Jurist und der vierte geschäftsführender Direktor. Sie besaßen in Mexiko eine Privatklinik, in der Organtransplantationen durchgeführt wurden. Darin waren sie absolut firm, wie sie sagten. Transplantationen der inneren Organe des Menschen verlangten Spitzentalente, und genau das waren sie.
Die Amerikaner wussten gut Bescheid über Eemeli und die Asser-Toropainen-Stiftung. Sie hatten ihre Informationen hauptsächlich von Soile-Helinä Tussurainen erhalten, mit deren Hilfe sie noch weitere Erkundigungen direkt in Finnland eingezogen hatten. Sie erklärten, dass sie sehr geschmeichelt seien, einen tüchtigen finnischen Geschäftsmann kennen zu lernen. Ein Mann wie er passe wirklich ausgezeichnet in ihre Pläne.
Sie betonten, dass das gemeinsame Gespräch äußerst vertraulich sei, daran möge sich auch Eemeli Toropainen bitte halten. Ihnen sei bekannt, dass er sich mit den finnischen Behörden angelegt habe. Immerhin habe er dafür sogar einen Bußgeldbescheid bekommen. Außerdem hatten das Bistum Kuopio und die finnische Kirche Vorbehalte gegen ihn. Solche Verdienste gefielen ihnen, wie sie sagten.
Bevor die Amerikaner ihr endgültiges Angebot unterbreiten wollten, wünschten sie noch ein paar zusätzliche Informationen über die Siedlung am Ukonjärvi. Wie weit war der Ort von der finnisch-russischen Grenze entfernt? Wie weit war es von dort bis nach Murmansk? Und nach Archangelsk? Gab es in der näheren Umgebung Krankenhäuser oder Privatärzte? Und wo befanden sich die nächsten Behörden, zum Beispiel die Polizei und das Gesundheitsamt? War die Gegend am Ukonjärvi eine Landschaft, in der man sich gegebenenfalls verstecken konnte? Welche hygienischen Bedingungen herrschten in Finnland?
Eemeli gab ihnen die Informationen, obwohl er sich ein wenig über die Fragen wunderte. Nun, er hatte nichts zu verheimlichen. Er wusste, dass seine Gesprächspartner alles, was er erzählte, leicht auch anderweitig erfahren konnten.
Dann ging es an die eigentlichen Verhandlungen. Die Amerikaner machten einen klaren Vorschlag: Sie wollten eine private Transplantationsklinik am Ukonjärvi auf dem Grund und Boden der Stiftung gründen und dabei sämtliche anfallenden Kosten übernehmen. Dort sollten einerseits Patienten aus Westeuropa behandelt werden, andererseits wollte man auch Patienten aus Russland, Polen, eventuell sogar aus Albanien aufnehmen. Für die Klinik wären nur zwei oder drei Gebäude nötig. Strom würde mit einem eigenen Generator erzeugt. Eine Wasserleitung war natürlich erforderlich, ebenso eine Verbrennungsanlage für Gewebe und andere Krankenhausabfälle. Die Bedingungen für eine sterile Chirurgie mussten gesichert sein. Mitarbeiter gäbe es nur wenige, ein Wohngebäude würde daher reichen. Da die Klinik privat wäre und Spitzenchirurgie betriebe, müsste die ganze Anlage auf
Weitere Kostenlose Bücher