Nördlich des Weltuntergangs
Mühle, Schmiede, Spanhobel, Sägewerk, Nebendörfer.
»Willst du kranker Kerl etwa wieder losfahren und jeden einzelnen Gegenstand zählen?«, fragte Frau Taina ein wenig besorgt.
»Im Frühjahr ist der rechte Zeitpunkt, sich mal wieder einen Überblick zu verschaffen. Die Verwaltung darf nicht vernachlässigt werden.«
»Ich komme mit. Im Herbst hast du auch eine Woche krank im Bett gelegen, nachdem du überall rumgefahren bist und dich dabei überanstrengt hast. Wir könnten diesmal einen Traber nehmen, zum Beispiel Jussis Fohlen.«
Taina machte belegte Brote zurecht, die sie in einen Korb aus Birkenrinde packte. Sie fügte auch noch geräuchertes Schweinefleisch und eine Kanne Bier, ebenso einen kleinen Krug Schnaps als Medizin hinzu.
Die Stiftung besaß kein Auto, nicht mal ein Moped, dafür standen mehrere schnelle Traber im Stall. Severi Horttanainen hatte elegante Kirchenschlitten und, für den Sommer, ein paar Karriolen, leichte zweirädrige Wagen, gezimmert. Für Eemeli hatte er eine vierrädrige leichte Kutsche gebaut. Dabei hatte er die im achtzehnten Jahrhundert verwendeten vornehmen französischen Chaise-de-poste-Wagen, also Postkarriolen, zum Vorbild genommen. Vorn befanden sich zwei kleine schwenkbare Räder, die hinteren Räder waren doppelt so groß. Die weichen Sitze waren mit Otterfell überzogen. Der Wagen hatte ein Verdeck aus Leder, war aber nach vorn offen, sodass einer der Passagiere kutschieren konnte. Im Falle der Toropainens hielt Taina die Zügel. Sie spannte auch das Pferd an und hob den Korb mit dem Proviant in den Wagen.
Taina lenkte das Fahrzeug nach Sepänkylä, ein Nebendorf von Ukonjärvi, das erst etwa zehn Jahre zuvor besiedelt worden war. Dort befand sich die Schmiede der Stiftung, und der Schmied, der darin schwitzte, war ein pechschwarzer Somali wie auch seine Gehilfen.
Es fuhr sich gut an diesem Frühjahrsmorgen. Die Vögel sangen, der schmale Weg schlängelte sich durch eine Heide nach Nordosten. An der höchsten Stelle des Geländes machten die Eheleute eine Pause, sie tranken kühles Bier und saßen eine Weile am Ufer eines Grabens. Von dort hatten sie einen schönen Blick auf den Ukonjärvi-See in einer Entfernung von etwa einem Kilometer. In dem glatten blauen Wasser spiegelten sich Schönwetterwolken. Am einem Ende des Sees erhob sich die hübsche Kirche, diesseits des Flusses, an der Brücke, standen mehrere rote Häuschen, dann folgten das Pfarrhaus, die Sauna und, an der höchsten Stelle, das neue große Herrenhaus mit dem gelben Anstrich. Auf dem See waren ein paar Boote unterwegs, Netze wurden gezogen. Am gegenüberliegenden Ufer stand etwa ein Dutzend roter Häuschen, ebenfalls ziemlich neu, dazu Kuh- und Pferdeställe. Vor ihnen lag das ganze Kirchdorf Ukonjärvi wie auf dem Präsentierteller, durchzogen vom blauen Wasser des Sees.
»Wer weiß, ob sie bei diesem schönen Wetter etwas fangen«, meinte Eemeli sinnend, während er die Boote beobachtete.
»Bisher haben sie noch immer etwas herausgeholt«, erwiderte Taina und trank einen Schluck Bier aus der Kanne. »Wenn nichts anderes, dann wenigstens ein paar Maränen.«
Die beiden fuhren weiter. Bald gelangten sie ans Ufer des Iso Haukilampi, des Großen Hechtsees. Der war zwar nicht wirklich groß, höchstens dreihundert Meter lang, lag aber ganz in der Nähe eines kleinen namenlosen Sees, daher wohl der Name. Möglicherweise waren in dem See auch große Hechte gefangen worden. In dem kleinen See schwamm ein Schwanenpaar, es hatte schon mit dem Nisten begonnen.
Einen knappen Kilometer weiter nördlich folgte der Hiidenjärvi-See. Das Dorf Grünberg am Hang des Berges war inzwischen dicht besiedelt. Dutzende von Blockhütten standen dort und auch ein paar größere Häuser. Hundegebell war zu hören.
Am Südzipfel des Sees bog der Weg nach Osten ab, führte in tiefer liegendes Land. Taina und Eemeli fuhren einige Kilometer auf dem staubigen Weg dahin. Sie redeten nicht viel miteinander, es war so friedlich und irgendwie feierlich, dass Worte nur störten.
Sie kamen am Berg Uuranvaara vorbei, der einen ziemlich steilen Hang hatte. Hier machten sie wieder eine Pause, um das Pferd zu tränken.
Eemeli zog sich die Lederstiefel aus und wickelte seine Fußlappen neu.
»Musst du unbedingt diese Lumpen nehmen, obwohl ich haufenweise Wollsocken gestrickt habe?«, schimpfte Taina.
Am Berg hatten sich die Jungen der umliegenden Dörfer aus Balken und Brettern eine Skisprungschanze gebaut. Im vergangenen
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