Nördlich des Weltuntergangs
der Welt nahm zu, da war es wohl vernünftig, etwas für die Sicherheit der Einödsiedlung zu tun. Hier hatte er jetzt den ersten künftigen Soldaten für seine Privatar mee. Gutes Männermaterial, allem Anschein nach. Zumindest nach Hennas Meinung.
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Die Keller waren gefüllt mit Kartoffeln, Hackfrüchten, Fisch und Wild. Kräuterbündel trockneten in Grünberg an den Balken, ganze Fässer mit eingelegten Pilzen und Beeren standen bereit. Man verfügte über Hammelkeu len, die in der Sauna geräuchert worden waren, über Zuber mit Rindfleisch und Fässer mit gesalzenem Fisch. Für die Tiere trocknete Heu in Schobern und Darren. Sogar Futterhafer war da, er stammte von den ehemals stillgelegten Feldern in Kalmonmäki, die man neu be stellt hatte. Man ging davon aus, dass die Giftwolke vom Kernkraftwerk St. Petersburg nicht bis in die Einöde Kainuus gelangt war.
Schade nur, dass in jedes Paradies eine Schlange kriecht. In diesem Falle waren es sogar zwei, beides ausgewachsene männliche Exemplare, nämlich Kari Reinikainen, der neue Kommissar von Sotkamo, und Uolevi Siikala, der Bezirkssteuerinspektor aus Oulu. Ersterer war erst fünfunddreißig, der Steuerinspektor bereits fünfzig. Der Kommissar war in der Eigenschaft eines Vollstreckungsbeamten unterwegs, und was die Aufgaben eines Steuerinspektors sind, ist allgemein bekannt.
Es war Anfang Oktober, und es herrschte bewölktes und windiges Wetter. Das verhieß nichts Gutes. Beide Beamte kamen im Auto des Steuerinspektors. Da der Treibstoff neuerdings so teuer sei, müsse man bei Dienstreisen sparen, erklärten sie. Der Kommissar durchschritt das große Wohnzimmer des Pfarrhauses und äußerte seine Verwunderung darüber, dass man am Ukonjärvi die Mittel hatte, solche Paläste zu bauen und sie dann auch noch warm zu halten. Eemeli Toro painen erklärte, dass im Wald Bäume wuchsen, die das Material zum Bauen wie auch zum Heizen der Häuser lieferten.
»Da sind wir beim Thema. Sie stehen sich anschei nend wirtschaftlich sehr gut, also wäre es wohl an der Zeit, dass Sie Steuern zahlen«, lautete die nächste Be merkung des Kommissars.
Er präsentierte Unterlagen über die Rückstände, die in den letzten drei Jahren aufgelaufen waren. Da waren einmal die unbezahlten Steuern der Stiftung, ferner die Vorauszahlungen, die die Arbeiter von ihren Löhnen zu entrichten hatten, außerdem die vom Arbeitgeber zu zahlenden Sozialversicherungsabgaben und als Krönung die Kirchensteuer, die der Stiftung auferlegt worden war.
Dann öffnete der Bezirkssteuerinspektor seine Akten tasche. Er vertrat den Staat und wollte prüfen, welche Tätigkeiten, die der Steuer unterlagen, in der Siedlung ausgeübt wurden. Besonders interessierte er sich für die so genannten Naturschützer, die bekanntlich auf dem Grund und Boden der Stiftung wohnten, aber weder Steuern zahlten, noch Lohnarbeit leisteten. Wovon lebten sie? Der Steuerinspektor vermutete breit angeleg ten Steuerbetrug, an dem die Stiftung möglicherweise beteiligt war. Er wollte die Buchhaltung der Stiftung sehen und die Finanzen und den Umfang des Besitzes prüfen.
Die Endsumme der Steuerrückstände, die der Kom missar genannt hatte, belief sich auf fast einhundert tausend Mark. Sie enthielt die kommunalen und staatli chen Steuern wie auch die Kirchensteuer. Eemeli wurde blass und drehte ratlos den Steuerbescheid in den Hän den. Dann fragte er, warum die Steuern erst jetzt, nach drei Jahren, eingetrieben wurden. Dadurch fielen enor me Zinsen und Mahngebühren an, die die Summe un nötig in die Höhe trieben.
Der Kommissar erklärte, dass sein Vorgänger, anders als er selbst, das Eintreiben der Steuern vernachlässigt habe. Das war wohl auch der Grund für die Neubeset zung der Stelle gewesen.
»Und es handelt sich nicht um bloßes ›Eintreiben‹. Ich bin als Steuervogt hier und werde Ihr Eigentum in Höhe der Steuersumme pfänden«, sagte er drohend.
Eemeli Toropainen versprach, einen Scheck in der er forderlichen Höhe auszustellen, allerdings werde er die Kirchensteuer von der Summe abziehen. Sehr viel ma che das nicht aus, aber da er aus der Kirche ausgetreten sei, wolle er aus Prinzip keine Kirchensteuer zahlen. Außerdem sei die Stiftung keine Aktiengesellschaft so wie seine frühere Firma, die eben wegen dieses Status die Gehälter der Pastoren habe mitfinanzieren müssen, die Stiftung sei vielmehr ein ideeller Verein, dem eigent lich eine Steuerbefreiung zustehe.
Der
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