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Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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hatte irgendein Ataman die Macht übernommen und veranstaltete grauenhafte Blutbäder. Die Transsibirische Eisenbahn war täglich blockiert, die Züge verkehrten nur spora­ disch. Zu Hunderttausenden waren hungernde Men­ schen in den Süden abgewandert. Der Flugverkehr war eingestellt worden. Die Gruben- und Ölindustrie war schon vor Zeiten im Chaos versunken, in den Häfen wurde nicht mehr gearbeitet. Die besser gestellten Leute züchteten auf den Höfen zwischen den Hochhäusern Kohl und bewachten ihn Tag und Nacht. Auf den Balko­ nen hielten sie Hühner und in den Badezimmern Schweine. Die Menschen starben an Hunger und Krankheiten wie die Fliegen.
    »Es steht beileibe nicht zum Besten«, sprach der Oberst düster. Er hieß Arkadi Lebedew, war aber, wie er sagte, nicht verwandt mit dem einstigen sowjetischen Botschafter in Finnland.
    Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, dass zwei Männer dem ehemaligen Geheimdienst, dem KGB, angehört hatten. Der Oberst selbst war bei den Boden­ truppen in Murmansk stationiert gewesen, und die beiden anderen stammten aus Archangelsk, einer von ihnen war Forstingenieur, der andere Traktorfahrer. Leider sprach nur der Oberst notdürftig Englisch.
    Die Finnen wollten sofort wissen, wie das Leben in Murmansk, am Ufer des Eismeers, und in Archangelsk, an der Mündung der Dwina, aussah.
    »Schlecht, sehr schlecht sieht es aus«, klagten die Männer. In Archangelsk hatte ein Feuer die halbe Stadt zerstört, und in der restlichen Hälfte wohnten nur noch wenige Menschen, da die Wasserleitungen, die Abfluss­ rohre und die Heizungen in den letzten beiden Wintern aufgrund des Ölmangels kaputtgefroren waren. Die Einwohner waren in den Süden abgewandert oder hat-ten sich in den weiten umliegenden Waldgebieten nie­ dergelassen. Mit einem Wiederaufbau der Stadt war noch nicht begonnen worden, ohnehin glaubte niemand, dass Archangelsk je wieder neu erstehen würde.
    Um Murmansk stand es auch nicht besser. Die Stadt war völlig heruntergekommen. Eine halbe Million Men­ schen war seit langem ohne Arbeit und eine ungeheure Welle der Kriminalität spülte über die Ufer des Eismee­ res. Gangster überfielen die letzten russischen Seeleute, weil sie ihnen vielleicht noch ein paar Münzen irgendei­ ner ausländischen Währung abpressen konnten. Morde waren an der Tagesordnung, und die Miliz war gegen die Verbrecherbanden machtlos. Die Kriminellen hatten alles fest im Griff, sie waren in der Lage, nach Belieben Hafenkais zu sperren und die Routen der Schiffe zu bestimmen. Wer sich widersetzte, bezahlte seinen Mut mit dem Leben. Zur Abschreckung hatten sie ein sech­ zehnstöckiges Wohnhaus mitsamt der Bewohner in die Luft gesprengt. Um die Verbrecher zu zügeln, war aus Moskau eine Strafexpedition geschickt worden, die tatsächlich einige Hinrichtungen vorgenommen hatte, aber viel hatte es nicht geholfen. Das bisherige Treiben ging weiter, wenn möglich, noch schlimmer.
    Während des Gesprächs war das Feuer herunterge­ brannt, es war an der Zeit aufzubrechen. Was tun mit den Russen? Pastorin Tuirevi Hillikainen fand, dass man sie aus humanitären Gründen nicht ohne Ausrüs­ tung und Proviant in der Winterkälte ihrem Schicksal überlassen konnte. So wurde beschlossen, sie mitzu­ nehmen. Zu Hause wollte man dann über das weitere Vorgehen entscheiden.
    Bis zu dem Gemeinwald von Valtimo, den Eemeli To­ ropainen gekauft hatte, waren es noch knapp andert­ halb Kilometer. Gegen Morgen erreichte die Karawane das Gebiet. Das Mondlicht verblasste, die Sonne ging auf. Die bereiften Bäume schimmerten. Der Frost hatte den nassen Schnee hart gemacht. Jetzt konnte man jedoch endlich die eigenen Waldwege benutzen, die am Kamulanmäki begannen. Dort waren vor ein paar Wo­ chen Bäume für die Brennholzgewinnung gefällt worden. Der Rest des Weges, etwa ein Dutzend Kilometer, ließ sich mühelos auf dem ausgefahrenen Pfad bewältigen. Der Wallach erkannte die vertraute Landschaft und fiel in Trab, als man sich Ukonjärvi näherte. Er wusste, dass dort ein warmer Stall auf ihn wartete.
    23
    Asser Toropainens Leichenzug kam bei klirrendem Frost am Ukonjärvi an. Die Männer trugen den Sarg in den Speicher des Pfarrhauses. Die russischen Flüchtlinge wurden in die Sauna geschickt und mit Kleidung ver­ sorgt, dann bekamen sie zu essen: Elchfleischsuppe und kleine Maränen in Brotteig gebacken. Eine Unterkunft bekamen sie in Grünberg zugewiesen.
    Assers Kiefernsarg wurde geöffnet, der

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