Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
und er hat gesagt, Sie seien nicht mehr sein Partner. Sie wollten überhaupt nichts mehr mit der Tätigkeit eines Privatdetektivs zu tun haben. Er hat gesagt, er hätte sogar schon längere Zeit nicht einmal mehr mit Ihnen gesprochen. Das muß ich Ihnen sagen, Alex, ich habe da eine gewisse Verletztheit rausgehört.«
»Danke für Ihre Einfühlsamkeit«, sagte ich. »Sind wir jetzt fertig?«
»Ich denke ja. Ich glaube, das war alles. Vielen Dank für Ihre Hilfe in diesem Fall. Und wenn ich jemals in Paradise sein sollte, gebe ich Ihnen ein Bier aus.«
Vielleicht hätte ich jetzt gehen sollen. Aber ich konnte der Versuchung nicht widerstehen.
»Wissen Sie, Chief, ich habe das nur aus zweiter Hand, aber ich bin mir sicher, daß Vargas einen Privatdetektiv für sich arbeiten läßt.«
Er sah mich nur an. Er hörte auf, den Bleistift zwischen den Händen hin und her zu rollen. Er hörte auf zu lächeln.
»Aber so scharf Vargas auch darauf ist, rauszukriegen, wer ihm das angetan hat, bin ich mir sicher, daß er seinen Mann niemals auffordern würde, Ihnen in die Quere zu kommen. Ich bin mir sicher, daß er nur versuchen wird, Ihnen zu helfen. Und wenn Sie glauben, ich sei hilfreich, dann warten Sie erst mal ab, was der Mann alles kann.«
»Wer?« fragte er. »Doch nicht …«
»Der einzige Privatdetektiv in der Stadt. Jetzt, wo ich aus dem Geschäft bin. Sein Nachname ist übrigens Prudell. Leon Prudell. Sie sollten sich den Namen merken. Ich kann mir denken, daß Sie von ihm hören werden. Und das nicht zu knapp.«
Ich hörte noch, wie der Bleistift brach, bevor ich die Tür zugemacht hatte.
Kapitel 6
Es war ein herrlicher Tag in Sault Ste. Marie. Für die meiste Zeit des Jahres konnte man das nicht mit ernsthaftem Gesicht sagen. Vor allem im tiefsten Winter wäre das nur Galgenhumor. An diesem Tag aber, dem Tag nach dem Vierten Juli, konnte es nirgendwo schöner sein als in Sault Ste. Marie.
Im Rest des Landes war es heiß an diesem Tag. Das sah ich morgens auf der Wetterkarte in der Zeitung, all diese hohen dreißiger und sogar vierziger Werte im ganzen Süden, Westen, Mittelwesten, sogar im Nordosten. Es war fünfunddreißig Grad in New York an diesem Tag. Es war vierunddreißig in Detroit. Ich bin bei solcher Hitze schon in Detroit gewesen. Und ich trug dabei eine Polizeiuniform und sah zu, wie die Hitze allen um mich herum zusetzte.
An diesem Tag im Juli, an dem das ganze Land schmorte und köchelte, waren es im Soo achtundzwanzig Grad, mit einer konstanten Brise vom See herüber. Ich war nicht in der Stimmung, sofort wieder in meinen Kleinlaster einzusteigen. Ich brachte es einfach nicht fertig. Der City-County-Bau liegt am Ostende des Schleusenparks, deshalb machte ich einen Spaziergang am St. Marys River entlang. Ein Frachter fuhr auf die Schleusen zu, zusammen mit einigen kleineren Booten und zwei Motorskis. Im Stadtzentrum war viel los. Es war eine Woche mit einem Feiertag und ein so verdammt strahlender Tag, daß ich mich nicht wunderte, all die Leute hier zu sehen. Ich glaube, ich konnte ihnen einfach keinen Vorwurf daraus machen, daß sie auch hier sein wollten. Ich ziehe Touristen jederzeit einem Typen wie Win Vargas vor, mit seinen neureichen Träumen von Anlagen mit Eigentumswohnungen und Golfplätzen. Die Touristen kamen für ein paar Tage hintereinander hierher, wohnten in einem der neuen Hotels, sahen sich einige Schiffe an, die die Schleusen passierten, und kauften ihren Kindern in den Andenkenläden T-Shirts. Vielleicht hatten sie ihre eigenen Boote auf Anhängern dabei, ließen sie im See für ein paar Stunden zu Wasser und angelten Weißfische. Mit den neuen Kasinos jetzt hatten wir vielleicht mehr Touristen als jemals zuvor. Aber damit konnte ich leben. Sie kommen, geben etwas Geld aus, machen ein paar Fotos und sind dann wieder weg.
Ich ging die Water Street hoch, vorbei am Ojibwa Hotel. Es war eines der alten Gebäude der Stadt, mit einem festlich gestalteten Speisesaal, von dem aus man die Schleusen sah. Die neuen Hotels lagen alle im Gewerbegebiet in der Nähe der Fernstraßen.
Vargas hatte etwas über eins der Hotels gesagt, daß seine Frau dort mit dem Anwalt Swanson sei. Und daß sein Privatdetektiv jede Bewegung der beiden festhalte. Ich dachte darüber nach und mußte laut lachen. Dann führte ich mir mein kleines Treffen mit Chief Maven vor Augen und mußte wieder laut lachen.
Zum Teufel, ich war ja ohnehin in der Stadt. Das mußte ich mit eigenen Augen sehen. Ashmun
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