Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
er, daß seine Frau und Swanson dahinterstecken?«
Leon sah mich an.
»Ich weiß, ich weiß. Du kannst diese Information nicht preisgeben. Ich frage mich das nur, okay? Schlichte menschliche Neugier.«
»Das verstehe ich. Schließlich warst du gestern abend dabei. Das ist nur natürlich.«
»Er wird wollen, daß du alles genauestens untersucht. Er will wissen, was Sache ist.«
Leon zuckte nur mit den Schultern.
»Ich spar dir Zeit. Ich bin der Typ, den du suchst. Das Ganze war meine Idee.«
»Alex, laß das. Das ist kein Witz.«
»Hast du deinen anderen Job nicht mehr? Das mit den Schneemobilen? Und den Außenbordmotoren im Sommer?«
»Ich bin Privatdetektiv, Alex. Hauptberuflich.«
»Das Büro hier muß doch einiges kosten. Hast du noch andere Klienten außer Vargas? Ich meine, du brauchst natürlich keine Namen zu nennen …«
»Der Großteil meiner Zeit gehört im Moment Mr. Vargas. Er hält mich ganz schön beschäftigt, das kannst du mir glauben.«
»Leon, ich hoffe nur, er verlangt keine Dummheiten von dir. Er scheint mir ganz der Typ dafür zu sein.«
»Du weißt, daß ich den geraden Weg bevorzuge, Alex. Geradewegs und mitten auf der Straße.« Wieder so etwas, was nur Leon sagen würde.
»Was hält deine Frau von alldem?«
»Sie läßt mich den Versuch wagen. Anfangs war sie sich da nicht so sicher. Aber – sie weiß, was das für mich bedeutet. Es ist schon ein Glück, daß ich sie habe.«
»Das stimmt. Was machen die Kinder?«
»Nur Freude.«
»Grüß sie von mir.«
»Mach ich.«
»Und jetzt halte ich dich nicht länger von deiner Arbeit ab.«
»Das ist fair. Ich freue mich, daß du vorbeigekommen bist.«
»Ich mich auch«, sagte ich und stand auf. Ich gab ihm die Hand. »Bis bald.«
»Alex, du weißt doch, daß du immer mein Freund bist, nicht wahr?«
Ich sah ihn an. Die späte Nachmittagssonne schien ihm direkt über die Schulter und warf einen langen Schatten auf seinen Schreibtisch. »Na klar«, sagte ich.
»Du weißt, daß meine erste Priorität mein Klient ist. Und meine zweite Priorität müssen die offiziellen Organe der Verbrechensbekämpfung sein.«
»Warum erzählst du mir das?«
Er antwortete nicht sofort. »So muß es einfach sein«, sagte er schließlich. »Das weißt du doch.«
»Klar. Natürlich. Wenn du mit alldem fertig bist, ruf mich an. Ich spendiere dir dann ein Bier.«
Er nickte und lächelte mir zu. Dann drehte er sich um und sah auf die Straße. Ich verließ sein Büro und schloß die Tür hinter mir. »Was zum Teufel sollte das denn?« sagte ich laut, als ich die Treppe hinunterging. Irgend etwas ging in Leon Prudells Schädel vor sich, und wie stets konnte ich nicht einmal raten, was es sein mochte.
Ich ging zurück zur Ashmun Street, nahm eine Abkürzung hinter dem Haus der Küstenwache zurück zum City-County-Bau. Ich stieg in meinen Laster und fuhr stadtauswärts.
Einer plötzlichen Eingebung folgend hielt ich vor O’Dells Kneipe. Es war ein großes zweistöckiges Holzgebäude am Ende der Bermuda Avenue, in einer Gegend, die »The Shallows« genannt wird. Der Fluß wird dort noch einmal schmaler, ehe er sich zur Whitefish Bay hin verbreitert. Ich würde mir ein Bier genehmigen und sehen, wie es Bennett ging. Ich parkte direkt vor dem Gebäude. Es sah aus, als stünde es schon mindestens hundert Jahre dort. Die Verkleidung aus Zedernholz war grau verwittert durch den ständigen Wind vom See. Ein Haus so herzurichten würde eine Stange Geld kosten. Allein die Kosten für das ›gekälkte‹ Verkleidungsmaterial wären mörderisch.
Bennett zapfte gerade ein Bier hinter der Theke, als ich eintrat, und sah so aus, wie man es vom Eigentümer dieses Hauses erwarten würde – ein gewichtiger Mann, den nichts mehr erschüttern konnte, rauh an den Kanten, wie die Kneipe selbst. Er sah sich das Spiel der Tigers auf einem Großschirm an. Für einen späten Sommernachmittag war es still im Lokal – ich wußte, ab fünf würde es lebhafter werden und bis zwei so bleiben.
»Alex McKnight!« rief er, als er mich sah. »Was führt Sie her? Wo ist Jackie?«
»Als ich zuletzt von ihm gehört habe, lag er noch im Bett. Und wo Sie gerade schon zapfen …«
»Kommt sofort«, sagte er. »Na, ich kann es ihm nicht verargen, wenn er danach mal richtig ausschlafen will. Ich habe selbst die halbe Nacht wach gelegen. Sie wissen, was ich meine? Einfach nur die Decke angestarrt.«
Er sah etwas mitgenommen aus. Aber schließlich war er auch sonst nicht gerade ein
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