Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
fortgegangen. Er hätte in den Süden des Staates gehen sollen und sein Büro besser in der Detroiter Gegend eröffnet oder in irgendeiner anderen Stadt da unten. Irgendwo, wo es genug zu tun gab, irgendwo, wo ihn nicht jeder noch von der Schule her kannte als den blöden fetten Bengel mit der Brille, der immer in der letzten Reihe gesessen hatte und Schwierigkeiten bekam, weil er unter der Bank Krimis über Privatdetektive las.
Ich klopfte mit dem Knöchel ans Glas. Leon wirbelte herum und sah mich an. Einen Augenblick lang wirkte er verwirrt, dann lächelte er. »Komm rein, Alex«, sagte er. »Die Tür ist offen. Wie findest du mein Büro?«
Ich trat ein und sah mich im Raum um. Er war klein, vielleicht drei mal dreieinhalb Meter. Einige Aktenschränke, Leons Schreibtisch. Davor zwei Stühle für Besucher. An einer Wand hing ein Kalender mit dem Eishockeyteam vom Lake Superior State College. »Go Lakers!« stand darauf. An der anderen Wand hing ein Poster, die Internationale Brücke im Nebel. Und dann noch das Fenster, das auf die Straße einen Stock tiefer sah. Alles sah genauso aus, wie das Büro eines Privatdetektivs aussehen würde, wenn jemand auf die verrückte Idee gekommen wäre, ein solches Büro nach Sault Ste. Marie zu verlegen. »Perfekt«, sagte ich. »Der Raum bist praktisch du.«
»Danke. Schön dich zu sehen.«
»Ich war drüben und habe meinen alten Freund Maven besucht«, sagte ich und setzte mich auf einen der Besucherstühle. »Er hat mir erzählt, daß du jetzt ein Büro hast. Da bin ich mal vorbeigekommen, um Hallo zu sagen.«
»Chief Maven, aha. Ich wette, ich weiß, worüber ihr euch unterhalten habt.«
»Ja, über diesen Typen von Vargas …«
»Mein Klient«, sagte er. »Winston Vargas.«
»Klar, dein Klient.«
»Du warst letzte Nacht in seinem Privathaus anwesend.« Eines der Dinge, die ich an diesem Burschen immer geliebt habe, daß er immer Ausdrücke gebraucht wie »anwesend« und »Privathaus« statt einfach »in seinem Haus«.
»Ich war da. Er hat irgendwann erwähnt, daß du für ihn arbeitest. Irgendwas mit seiner Frau.«
»Insofern er dir gesagt hat, daß ich für ihn arbeite, kann ich das bestätigen.«
Ich sah zur Decke hoch. Das bestätigen , sagt er. »Leon, was ist deine Aufgabe? Hinter seiner Frau herlaufen, um sie mit dem Anwalt der Familie zu erwischen? Wie heißt er noch mal, Swanson?«
»Meine Aktivitäten hinsichtlich meines Klienten sind strikt vertraulich, Alex. Das weißt du.«
»Leon, um Himmels willen, ich bin es schließlich, okay? Wir waren mal Partner.«
»Wir waren Partner, stimmt.«
»Sieh mal, ich hab dir doch gesagt …«
»Schon okay, Alex. Ich mache dir ja keinen Vorwurf daraus. Ich sage nur, daß du weißt, daß ich dergleichen nicht mit dir erörtern kann.«
»Leon, mir ist ganz egal, was du …« Ich hielt inne und regte mich ab. Maven hatte recht, entscheidend ist, wie man auf die Dinge reagiert. Leon zieht halt seine Ein-Mann-Schau ab, und ich werde jedesmal wahnsinnig dabei. Ich sollte mich davon nicht berühren lassen. »Ich wollte nur Konversation machen«, erklärte ich. »Ich würde dich niemals bitten, Informationen preiszugeben, die die Beziehungen zwischen Ermittler und Klienten gefährden könnten.«
»Das ist fair. Ich danke dir.«
»Aber ich war letzte Nacht dabei, als du ihn angerufen hast. Er hat uns erzählt, daß du den beiden in ein Hotel gefolgt bist. Und er war drauf und dran, uns zu beschuldigen, Swanson zu decken. Beziehungsweise Jackie und Bennett und Gill zu beschuldigen. Ich war nur zufällig zugegen. Ich und Kenny.«
Leon griff nach einem Schnellhefter auf seinem Tisch und schlug ihn auf. »Das waren die fünf anderen Spieler letzten Abend.«
»Ja. Bis die Männer mit den Pistolen uns Gesellschaft leisteten.«
»Ich werde Chief Maven um eine Kopie des Polizeiberichts bitten. Ich habe gehört, daß du der einzige warst, der eine brauchbare Beschreibung geben konnte.«
»Ich hatte mir schon gedacht, daß Vargas dich bitten würde, ein Auge darauf zu werfen. Ich habe Maven schon angekündigt, daß er von dir hören wird.«
»Wie hat er darauf reagiert?«
»Das weiß ich nicht. Maven hat das Reagieren aufgegeben. Ärztliche Anordnung.«
»Ich bin sicher, wir werden gut miteinander auskommen. Ich weiß, daß du und Maven nicht miteinander konntet.«
»Nein, wir schreiben uns nicht gerade zu Weihnachten. Aber darüber mache ich mir keine Sorgen. Ich frage mich nur, was Vargas genau von dir will. Glaubt
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