Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
weißt, daß es nicht stimmt. Zur Hölle mit Vargas und Maven und wem auch immer. Du weißt, daß sie das nicht getan haben können.«
»Darüber habe nicht ich zu befinden.«
»Doch, hast du. Du kannst dich entscheiden. Du hast das Band. Du wirst es mir jetzt auf der Stelle zeigen. Nicht, weil ich zuschlage, wenn du es nicht tust. Nicht, weil du mein Freund bist oder weil du früher mal mein Partner gewesen bist. Das spielt alles keine Rolle. Du wirst mir das Band zeigen, weil es so richtig ist. Ich kann diesen Männern nicht helfen, wenn du nicht zuerst einmal mir hilfst, Leon. Du brauchst keine Kopie für mich zu machen. Du brauchst auch keinem davon zu erzählen. Du zeigst mir nur einmal das Band, und schon bin ich weg.«
»Bei dir klingt das alles so einfach«, sagte er. »So ist es richtig. Als ob das alles wäre. Auf meine Verantwortung gegenüber meinem Klienten, der mich bezahlt, kommt es nicht an. Auch nicht auf den Eid, den ich unterschreiben mußte, stets mit der Polizei und den Gerichten zusammenzuarbeiten. Auf all das kommt es nicht an, wie?«
»Jetzt in dieser Sekunde kommt es nicht darauf an«, sagte ich. »Und das weißt du.«
Darüber dachte er eine Weile nach. »Alex, geh mir aus dem Weg«, sagte er schließlich.
»Ich gehe nicht weg.«
»Geh von der Tür weg«, sagte er. »Wie soll ich denn sonst aussteigen?«
Ich ließ ihn aus dem Wagen und folgte ihm dann ins Haus. Seine Aktentasche hatte er dabei.
»Wo sind Eleanor und die Kinder?« fragte ich.
»Sie sind auf einer Geburtstagsfeier. Ich wäre auch hingegangen, aber im Moment ist alles etwas verrückt.«
»Dann sprich mit mir drüber. Sie macht sich Sorgen um dich, das weißt du.«
»Ich weiß.«
Er führte mich ins Wohnzimmer, wo sein Fernseher inmitten einer Schrankwand prangte, einer von diesen riesigen Dingern mit einer Verkleidung aus imitiertem Furnier. Ein Videorecorder stand auf dem Apparat, ein zweiter auf dem Boden.
»Ich habe gerade noch eine zweite Kopie gezogen«, sagte er. »Ich war auf dem Wege zu Vargas, um sie ihm zu bringen. Das Original hatte ich ihm schon gegeben – das war übrigens ein VHS-Kompaktband – etwa so groß.« Er zeigte mir mit Daumen und Zeigefinger ein Format von unter zehn Zentimetern. »Hast du mal eins gesehen?«
»Nein.«
»Man braucht eine Adapter-Box, um es auf einem normalen VHS-Gerät abspielen zu können. Vargas hat versucht, selbst eine Kopie zu machen, aber er ist damit nicht zu Rande gekommen. Weißt du, du mußt es auf einem Recorder abspielen und es dabei auf den anderen über …«
»Schon gut«, unterbrach ich ihn. »Das kannst du dir schenken. Wenn ich jemals so was machen muß, ruf ich dich an.«
»Nun gut, das hier ist wirklich eine Kopie vom Original«, sagte er und hielt ein normales VHS-Band in die Höhe. »Für ihn mußte ich dann eine Kopie von der Kopie machen. Ich weiß nicht, wie gut die Qualität sein wird. Vermutlich sollte ich ihm die bessere Kopie geben. Jedenfalls, das hier ist es …«
Er schaltete den Fernsehapparat ein, schob das Band in einen der Videorecorder und drückte den Abspielknopf.
Nach einigen Sekunden Schneegestöber erschien ein Bild auf dem Schirm. Es sprang auf und ab und es war schwierig, es im Blick zu behalten. Auch schwankte es ständig von einer Seite auf die andere, so stark, daß man seekrank wurde, wenn man zu lange hinsah. Eine Art Korridor war zu sehen. Es gab viele Türen.
»Ist das ein Hotel?«
»Ja, das mit all den Bewegungen tut mir leid. Ich bin bei der Aufnahme gegangen. Ich gehe durch diesen Teil im Schnelllauf …«
»Nein«, sagte ich. »Laß mich ruhig alles sehen.«
»Dafür gibt es keinen Grund«, sagte er. »Laß es mich nur schnell …«
»Ich will das ganze Ding sehen, Leon. Laß einfach laufen.«
Er rieb sich die Stirn. »Oh Gott. Na gut.«
»Was passiert jetzt?«
»Das ist im Best Western. Draußen an der Ringstraße. Ich bin Vargas’ Frau dorthin gefolgt. Swansons Wagen stand schon auf dem Parkplatz. Den habe ich in letzter Zeit so oft gesehen, daß ich ihn mit Sicherheit erkenne.«
Ein Gesicht erschien auf dem Bildschirm und füllte ihn bis zum letzten Zentimeter aus. Auf Anhieb konnte ich Leon nicht erkennen – vielleicht, weil ich ihn noch nie mit schwarzen Lokken und einem langen Schnauzbart gesehen habe.
»Mein Gott, Leon, was hast du denn an?«
»Ich habe mich verkleidet.«
Bevor ich noch etwas sagen konnte, setzte auf dem Band Leons hastiges Geflüster ein. »Hier spricht Leon Prudell aus
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