Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
dem Best Western Hotel in Sault Ste. Marie, Michigan. Ich habe Mrs. Cynthia Vargas observiert, wie sie an der Rezeption eingecheckt hat und dann auf Zimmer eins-siebzehn gegangen ist.« Die Kamera schwenkte zurück in die Eingangshalle, dann liefen die Türen vorbei, während Leon sich zum fraglichen Raum begab.
»Was machst du da? Eine Reportage fürs Fernsehen?«
»Ich halte nur Ort und Zeit fest. Das ist wichtig, sollte das je vor Gericht verwandt werden.«
»Du gehst da wirklich mit einer Videokamera den Flur entlang?«
»Nein, natürlich nicht so. Sie ist in meiner Armbanduhr versteckt.«
»In deiner Armbanduhr? Willst du mich auf den Arm nehmen?«
»Durch den Ärmel läuft ein Draht. Er ist mit einem Aufzeichnungsgerät in meinem Jackett verborgen.«
»Ich kann das alles nicht glauben. Wofür braucht er ein Video? Wenn du sie doch schon dabei erwischt hast, wie sie sich heimlich mit Swanson trifft …«
»Mr. Vargas ist sicher, daß seine Frau bald die Scheidung einreicht. Zweifellos mit Swanson als ihrem Anwalt.«
»Du hast mir selbst einmal erzählt, daß in Michigan ganz rigide die Zugewinngemeinschaft gilt. Daß da wer seinen Ehemann nach Strich und Faden betrogen hat, spielt keine Rolle, wenn das Gericht das Vermögen aufteilt.«
»Das habe ich Mr. Vargas auch gesagt. Es schien ihm aber nichts auszumachen. Ich glaube, er will das Band aus anderen Gründen.«
»Welche wären das?«
»Zum Beispiel, den beiden das Scheidungsverfahren unsäglich peinlich zu machen.«
Auf dem Fernsehschirm schwenkte die Kamera wieder auf Leons Gesicht. »Ich stehe hier vor Zimmer eins-siebzehn. Ich unternehme den Versuch, die Anwesenheit sowohl von Douglas Swanson als auch von Cynthia Vargas in diesem Zimmer zu dokumentieren.«
»Was trägst du da jetzt?«
Er räusperte sich. »Ich bin als Zimmerkellner angezogen. Ich bringe ihnen eine Flasche Champagner vom Haus.«
»Ach du guter Gott …«
»Jetzt geht’s los«, sagte er und deutete auf den Schirm. »Von hier ab geraten die Dinge ziemlich außer Kontrolle.«
Die Hotelzimmertür öffnete sich. Rechtskonsultant Swanson erschien in einem weißen Bademantel. Er wirkte nicht gerade glücklich ob der Unterbrechung. »Was gibt’s?«
»Champagner, Sir. Mit den Grüßen des Hauses.« Die Stimmen klangen weit entfernt.
»Wir haben keinen Champagner bestellt.«
»Mit unseren Grüßen, Sir. Er kommt vom Haus.«
»Wieso das? Warum kriegen wir Gratis-Champagner?«
Im Hintergrund war eine Stimme zu hören. Sie war kaum zu verstehen, klang aber weiblich, und allein schon vom Kontext her nahm man an, sie erkundige sich, wer da an der Tür sei.
»Ein Kerl mit Champagner!« Swanson wandte sich dem Inneren des Zimmers zu. Dabei öffnete er die Tür ein wenig weiter. Im Hintergrund schimmerte etwas Weißes, ein weiterer Bademantel. Dann schob sich etwas vor das Bild, es füllte den ganzen Schirm. Man hörte das Geräusch von einer Art Aufprall, dann brüllte jemand. Die Kamera schwenkte wie wild hin und her, um sich dann auf die Decke zu fokussieren. Nach wenigen Sekunden wurde der Schirm schwarz.
»Was ist passiert«, fragte ich.
»Ich habe versucht, ein klares Bild von Mrs. Vargas aufzunehmen. Ich wollte die Kamera in meiner Armbanduhr dafür in Position bringen, und dabei muß ich Swanson mit dem Tablett direkt auf den Kopf geschlagen haben.«
»Leon, an jedem anderen Tag wäre das das komischste Video, das ich jemals gesehen habe.«
»Na, da freue ich mich aber, daß es wenigstens Unterhaltungswert hat. Unglücklicherweise ist mir nämlich keine klare Aufnahme von Mrs. Vargas gelungen. So läßt das Ganze mich lediglich als Idioten dastehen.«
»Und was passiert jetzt?«
Nach einigen weiteren Sekunden Dunkelheit erschien ein anderes Bild auf dem Schirm. Es war Nacht, aber mit all den Lampen, die da brannten, gab es keinen Zweifel, wessen Haus wir da sahen. Leon drückte auf den Pausenknopf und hielt das Bild an.
»Laß mich dir erzählen, was da vor sich geht«, sagte er. »Bevor du es dir ansiehst.«
»Das ist Vargas’ Haus«, sagte ich. »Das ist die Nacht, in der …«
»Ja. Es ist immer noch dieselbe Nacht. Nach meinem kleinen Unfall dachte ich, ich schließ mich mit Mr. Vargas kurz und frage ihn, was ich als nächstes tun soll. Ich habe ihn wieder per Handy angerufen. Es hat ein paar mal geklingelt, aber dann blieb das Signal weg. Ich wußte, daß er es kaum erwarten konnte, zu hören, was ich rausgefunden hatte, also versuchte ich
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