Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
irgendwas zahlen«, sagte Ham. »Wir sind in der Überzahl. Alles, was wir brauchen, ist ein guter Plan.«
»Und wie könnte der aussehen?« fragte Jonathan. »Laß mal hören.«
»Ich habe noch keinen«, sagte Ham. »Ich meine ja nur …«
»Ich glaube nicht, daß es etwas ausmacht, ob wir das Geld haben oder nicht«, sagte ich. »So oder so, ich kann mir nicht vorstellen, daß sie das Ding mitten im See planen, um uns dann losfahren zu lassen.«
Wir saßen eine Weile da und dachten über diesen Einwand nach. Die Stimmung hob das nicht gerade.
»Übrigens, wo ist Ihr anderer Sohn?« fragte ich schließlich Bennett. »Sollte er nicht besser hier sein?«
»Und warum sollte er das?«
»Er ist schließlich derjenige, der das alles geplant hat, oder?«
»Schon«, sagte Bennett und sah plötzlich sehr mitgenommen aus. »Hat er. Die Sache ist nur …«
»Ja?«
»Die Sache ist, ich habe versucht, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Er geht nicht ans Telefon.«
»Glauben Sie, daß er auch entführt worden ist?«
»Ich hoffe nicht. Ich meine, ich denke nicht. Nach zwei Tagen habe ich ein paar Freunde von ihm hier in der Gegend angerufen. Was sie mir erzählt haben, hat mir überhaupt nicht gefallen.«
»Was haben sie denn gesagt?«
»Er hatte Geld, Alex. Ganz plötzlich muß Sean rumgelaufen sein, als hätte er die Taschen voller Geld. Scheint einige alte Schulden beglichen zu haben, hat ein wenig gefeiert. Und dann ist er verschwunden.«
»Wohin?«
»Das weiß keiner. Er hat seinen Job hingeschmissen und ist aus seiner Wohnung ausgezogen. Er ist untergetaucht.«
»Und was wollen Sie mir damit sagen?«
»Daß vielleicht doch mehr Geld im Safe war. Daß er vielleicht doch seine Partner übers Ohr gehauen hat.«
»Mein Gott, ist das schön. Das ist ja großartig!«
»So oder so, es ändert nichts. Wir sitzen in derselben Tinte.«
»Nur so ist es Ihr Sohn schuld.«
»Er ist verschwunden, Alex. Okay? Verschwunden. Ich kann nichts machen.«
Jonathan stand auf, als wolle er über den Tisch hinweg auf ihn losgehen.
»Immer mit der Ruhe, Jonathan«, sagte ich. »Erst mal wollen wir uns um Jackie kümmern. Später kannst du dann die Sache mit ihm regeln.« Was er hoffentlich nie tun würde – Jonathan mochte wohl zwanzig Jahre jünger sein, aber er war auch zwanzig Zentimeter kleiner und fünfzig Pfund leichter.
»Ich habe einen guten Sohn«, sagte Bennett und legte seine Hand auf Hams Schulter. »Genau wie Jackie. Danach hätte ich besser aufgehört, okay? Was Sean getan hat, tut mir leid. Was kann ich denn sonst sagen? Es tut mir leid.«
»Na gut. Denken Sie einfach weiter.«
Wir saßen noch länger da. Uns fiel nichts ein, das aber rasend schnell. Ich stand schließlich auf und machte den einzigen Anruf, den ich noch tätigen konnte.
Eine halbe Stunde später ging die Tür auf. Es war schon schlimm genug, daß ich Leon Prudell mitten in der Nacht geweckt und ihn gebeten hatte, rüberzukommen – der Empfang, den man ihm bereitete, war direkt feindselig.
»Was will der denn hier?« sagte Bennett. »Alex, Sie haben ihn doch nicht ernsthaft angerufen, oder?«
»Guten Abend zusammen«, sagte Leon.
»Leon fällt immer etwas ein«, sagte ich. »Ich dachte, genau das könnten wir jetzt brauchen.«
»Jetzt ist es aber gut, Alex. Was soll der schon für uns tun können?« sagte Bennett.
»Immerhin hat er es fertiggebracht, daß ihr verhaftet worden seid. Er ist ein Mann mit vielfältigen Gaben.«
»Er arbeitet für Vargas«, sagte Bennett. »Uns kann er nicht helfen.«
»Er hat mich gefeuert«, erklärte Leon. »Ich bin frei in meinem Handeln.«
»Und warum hat er Sie gefeuert?« fragte Bennett.
»Er wollte Bennetts Kopf auf einer Silberschüssel. Ich habe es abgelehnt, ihm dabei zu helfen.«
Das ließ Bennett verstummen, aber glücklich sah er immer noch nicht aus. Leon zog sich einen Stuhl heran, trank eine Tasse Kaffee und hörte mir zu, als ich die Geschichte ein weiteres Mal erzählte.
»Dieser Blondie ist ein Profi?«
»Ja.«
»Würde er Jackie gegebenenfalls töten? Und jeden anderen auch?«
»In einer Sekunde.«
»Und das Ganze mitten im See. Ein totales Heimspiel für ihn, das ist euch wohl klar. Er kann jeden auf der Stelle im See verschwinden lassen, wenn er das will.«
»Ja, so in etwa habe ich mir seinen Plan auch vorgestellt.«
»Er hat im Moment alle Trümpfe in der Hand. Wir müssen ihn irgendwie ausmanövrieren.« Das klang ganz nach Leon in den alten Tagen, und dieses Mal, in einer
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