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Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Titel: Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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Tassen Kaffee traf. »Alp«, wie man ihn nennt, ist Autor des Schimpf- und Nörgelbuches Türkisch Slang . Scholischek bedeutet Esel und Sohn eines Esels. Auch itoluit kommt gut: Köter und Sohn eines Köters.
    »Auf Deutsch klingt das vielleicht lustig«, versicherte mir Page, »aber es ist viel derber, wirklich heftig, es geht in Richtung tiefe Beleidigung.«
    Page ist auch Deutschnörgelkenner und ist erschüttert über den Mangel an geeigneten deutschen Schimpfwörtern. »Ich habe das Gefühl, die Deutschen können gar nicht fluchen«, sagte er mit echtem Mitleid. »Hurensohn gab es in Deutschland vor zwanzig, dreißig Jahren noch nicht, das kam erst durch die Türken hierher.«
    Ich wäre nicht überrascht, wenn bald weitere Schimpfwörter vom Türkischen ins Deutsche wandern würden, zum Beispiel »Pfarrer« oder »Grieche«.
    »›Du Pfarrer‹ heißt bei uns, der Mann hat keine Ahnung von irgendwas«, erklärte Page. »Seine Welt kommt überhaupt aus einem anderen Universum. Und wenn es jemand sehr eilig hat, oder sehr schnell redet oder isst, sagen wir: ›Verfolgt dich ein Grieche?‹ Das ist zur Zeit des Ersten Weltkriegs entstanden, als Türken und Griechen verfeindet waren, und wurde gefragt, wenn jemand auf der Flucht war.«
    Die wichtigsten Schimpfwörter stammen aber mit Abstand direkt aus dem sexuellen Bereich. »Vor allem unter Männern«, sagte Page. »Die beliebteste Beschimpfung ist: Ananı sikeyim  – Ich ficke deine Mutter.« Deine Mutter wird überhaupt hart rangenommen: Ananın ami heißt Vagina deiner Mutter und bedeutet so etwas wie »Hoppla!« Was man sagt, wenn man »Aua!«, »Aber hallo!« oder gar »Hilfe!« meint, will ich gar nicht wissen.
    »Das Schöne daran ist, dass man ja prinzipiell alles ficken kann. Opa, Oma, die Kusine, die Schwester, die ganze Sippe. Man kann es auch mit anderen Beleidigungen kombinieren: ›Du verdammter Köter und Sohn eines Köters, ich ficke deine Schwester.‹ Das ist aber hochgradig gefährlich. Wenn Sie das einem Türken sagen, dann ist wirklich Gefahr im Verzug. Ist aber beliebt. Ich habe mal in einer Sendung gesehen, wie ein TV-Moderator auf Weltreise war, und in Afrika war er so mutig, einen Löwen zu streicheln, doch der Löwe hat zugeschnappt. Da hat der TV-Moderator den Löwen beschimpft: ›Ich ficke deine Großmutter!‹ Ich glaube, der Löwe hat’s nicht verstanden.«
    Ob die unmittelbare Gefahr besteht, dass diese Beschimpfung ins Deutsche wandert, ist unklar. »Junge Türken, gerade die, die in Deutschland leben, übersetzen es direkt ins Deutsche«, sagte Page amüsiert. »Zum Beispiel: ›Ich ficke deine Großmutter.‹ Nun, ebe heißt zwar Großmutter, aber es heißt auch gleichzeitig Hebamme, also übersetzen es die jungen Türken so: ›Ich ficke deine Hebamme.‹ Wenn das ein Deutscher zu hören kriegt, fasst er sich nur noch an den Kopf. Für die Türken aber ist das eine todernste Beleidigung.«
    »Das funktioniert tatsächlich nur unter Türken«, pflichtete Toker bei. »Es gibt eine Geschichte, wie ein Franzose in die Türkei kommt und sich mit einem Türken streitet. Der wird sauer und sagt: ›Ich ficke deine Mutter!‹ Da muss der Franzose lachen. Der Türke ist irritiert: ›Was lachst du da?‹ Darauf der Franzose: ›Ich stelle mir das bildlich vor: Du gehst zur Botschaft, beantragst ein Visum, fliegst nach Paris, gehst ins Altersheim und willst meine Mutter ficken. Das stelle ich mir ehrlich gesagt schwierig vor.‹«
    Überhaupt, der verstimmte Türke wirft dermaßen begeistert mit sexuellen Begriffen um sich, dass man schon von einer speziellen Kategorie des Schimpfens reden muss: dem Gürtellinien-Gestichel.
    Wer jemanden einen »Peniskopf« (wörtlich: Eichelkopf) schimpfen will, sagt yarak kafa . Wer exklusiv eine Frau beleidigen will, tut gut, sich an orospu (Hure) zu halten. Ein dönme ist nicht nur ein Mann nach einer Geschlechtsumwandlung, es ist auch einer, der seine Meinung häufig ändert, und abaza ist einer, der lange keinen Sex mehr gehabt hat – wobei ich in diesem Fall nicht feststellen kann, wo das brüderliche Bedauern aufhört und das Herunterputzen beginnt.
    »Frauen können ja nicht sagen, ›ich ficke deine Mutter‹«, meinte Toker. »Also greifen sie beim Schimpfen meist auf Gott zurück. Bei den Türken soll Gott ja überall und immer eingreifen, also muss er auch beim Schimpfen ran. Etwa: ›Gott verdamme dich‹, oder ›Gott soll dir Unglück bringen‹, oder ›Gott soll dir die Hände

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