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Nonnen

Nonnen

Titel: Nonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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wo sie abgeblieben war, ja nicht einmal, ob
sie überhaupt existiert hatte.
    Und da waren sie wieder. Die dunklen Anschuldigungen. So
vieles, was nicht wahr war. Seine Eltern. Der Wagen. Justus.
    Und in Gedanken an ihn schlief Benno ein. Er stand im
Schwimmbad, nackt, und fröstelte. Wie lange war er schon
nicht mehr in einem Schwimmbad gewesen? Seit Schultagen nicht
mehr. Doch etwas an diesem Schwimmbad stimmte nicht. Niemand war
zu sehen, nur die leere Wasserfläche lag wie eine
Verheißung vor ihm. Er selbst war trocken, und er dachte
nicht daran, ins Wasser zu springen. Und noch etwas war seltsam:
Es gab keinen Ausgang aus diesem Bad. Es gab nur ein etwa
mannshohes Fenster, ungefähr zwei Meter breit, an einer
Wand. Und dahinter lag Schwärze. Die Lampen brannten, es
mochte Nacht sein. Benno schaute die vier Wände an, nur
weiße Kacheln, keine Tür, kein Gang. Ein
Gefängnis.
    Wie war er hierhergekommen?
    Schwach erinnerte er sich, daß er träumte. Und dann
sagte ihm etwas, daß es kein Traum sei. Er richtete seinen
Blick wieder auf das Fenster. War es nur die Nacht, die dahinter
lag? Manchmal glaubte er, glimmende Punkte zu erkennen wie
Sterne. Dann war es, als hätte sich etwas Großes
davorgeschoben. War es nicht nur ein Stollen, der sich hinter dem
Fenster erstreckte? Wohin führte er?
    »Es ist eine deiner Geschichten«, sagte etwas.
    Eine seiner Geschichten? Lange schon war ein solcher Stollen
in seinen Geschichten nicht mehr vorgekommen. Aber früher
hatte er derartiges beschrieben. Oft. Hinein in die Erde. Hinein in dich selbst. Und da lauerten die bösen
Überraschungen, die Ungeheuer.
    »Du selbst.«
    Woher kam diese Stimme? Benno war sicher, daß nicht er
es war, der sprach. Aber es wurde mit seiner Stimme gesprochen,
da gab es keinen Zweifel. Und lauerte hinter dem Fenster nicht
wirklich etwas, nur durch eine dünne Glasschicht von ihm
getrennt?
    Und plötzlich waren zwei Kinder im Schwimmbad. Sie
standen am Rand, schienen die Unmöglichkeit ihrer Umgebung
nicht wahrzunehmen. Benno erkannte sie sofort: dieser Kleine,
Fette, dessen Bauch über der Badehose schwabbelt, sie haben
ihn beim Schwimmunterricht immer gehänselt; und der andere
ist drahtig, kein Gramm Fett zu viel, sportlich und agil.
    »Schau sie dir an!« sagte die Stimme. Sie war
weiblich. Sie war ihm inzwischen vertraut. Benno hob suchend den
Blick. Da war sie. Sie saß in einem Lehnstuhl am
Beckenrand, die Hände im schwarzen Schoß gefaltet.
    »Lassen Sie mich endlich in Ruhe, Schwester
Hildemarga«, sagte Benno.
    »Wie nennst du mich? Weißt du nicht mehr,
daß ich ein Teil von dir bin? Aber sieh hin. Der Drahtige
springt ins Wasser.«
    Die Wellen erreichten den Beckenrand und schienen dem anderen
zuzuflüstern, er solle nun auch springen.
    »Traust du dich nicht, Fettwanst?« fragte der
Drahtige. Er schwamm zum Rand, zu der Stelle, wo der Fette stand,
und griff blitzschnell nach dessen Beinen.
    Der Fette stieß einen quiekenden Schrei aus und fiel ins
Wasser, auf den Drahtigen. Blitzschnell hatte er seinen Vorteil
erkannt. Niemand sonst war zu sehen, der Lehrer und der Rest der
Klasse waren schon zu den Duschkabinen gegangen. Das
Körpergewicht des Fetten hatte den Drahtigen unter die
Wasseroberfläche gedrückt. Und sofort griff der Fette
mit beiden Händen nach unten und drückte zu. Einmal
hatte er den Hals des Drahtigen erwischt, einmal ein Bein, auf
jeden Fall aber gelang es ihm, oben zu bleiben und den anderen
unten zu halten. Der zappelte verzweifelt, doch einmal in der
Position der Stärke, wurde der Fette zum Erbarmungslosen.
Den Mund voller Wasser, blubberte er: »Für all die
Jahre, die du mich gequält hast, Justus!«
    Der Drahtige war behende, und er versuchte, sich wie ein Fisch
freizuzappeln. Das Wasser spritzte auf. Doch der Fette ließ
nicht locker. Und endlich wurden die Bewegungen des
Untergetauchten langsamer, matter, und schließlich
hörten sie ganz auf. Das Wasser beruhigte sich wieder.
    Das Gesicht des Fetten war ein einziges Grinsen. Langsam
schwamm er zu der Treppe, die ins Wasser führte, denn er war
so ungeschickt und schwerfällig, daß er sich nicht in
sportlicher Art auf den Beckenrand hätte hochwuchten
können. Immer wieder schaute er sich um. Dann hatte er den
Handlauf ergriffen und zog sich hinauf. Er ging am Rand entlang
bis dorthin, wo der tote Körper unter Wasser hin und her
schaukelte und langsam versank.
    Breitbeinig stand er

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