Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)
ein
Ros entsprungen
Es ist ein
Ros entsprungen
aus einer
Wurzel zart,
wie uns
die Alten sungen,
von Jesse
kam die Art
und hat
ein Blümlein bracht
mitten im
kalten Winter
wohl zu
der halben Nacht.
Das Blümelein
so kleine,
das duftet
uns so süß;
mit seinem
hellen Scheine
vertreibt’s
die Finsternis.
Wahr’ Mensch
und wahrer Gott,
hilft uns
aus allem Leide,
rettet von
Sünd und Tod.
Friedrich
Layriz (1808 – 1859)
Nachdem sich gegen zwölf Uhr alle
im Kloster Eingeschneiten wieder auf dem Weg nach Hause befanden, setzte auch ich
mich zu Cäci ins Auto.
»So, und
nichts wie nach Hause, ich brauche eine Badewanne. Wo ist denn eigentlich dein Anhalter
abgeblieben? Das bayrische Zwetschgenmännchen?«
»Sei nicht
so gemein, ich vermute, dass der Theodor in den Stadtbus eingestiegen ist. Und so
mager ist der gar nicht!«
»Also ich
habe ihn nicht gesehen.«
»Na, der
Schwund scheint hier recht groß zu sein.«
Cäci grinste
unsicher in meine Richtung.
»Mal nicht
den Teufel an die Wand.«
»Weiß man
schon, wer die Leiche in der Kirche ist?«
»Vermutlich
ein Narr aus Wolfartsweiler, der letzten Donnerstag von einer Fasnetsveranstaltung
nicht nach Hause gekommen ist. Er war wohl nachts von Friedberg nach Wolfartsweiler
unterwegs. Ist aber nie bei seiner Mutter angekommen. Ein gewisser Rossbert Schränzle.
Er wird anhand eines Zahnschemas oder einer Zahnspange identifiziert. Die wollen
der Mutter den Anblick nicht zumuten. Es spricht alles dafür, dass er es ist.«
»Woher weißt
du das schon wieder?«
»Ich war
auf der Empore, sie haben mich nicht bemerkt. Können wir die Strecke Friedberg Wolfartsweiler
noch abfahren?«
»Ja, was
willst du da finden?«
»Ich weiß
es nicht.«
»Komm noch einmal, ganz langsam.«
Cäci musterte
mich vorwurfsvoll und zuckte resignierend mit den Schultern:
»Okay, wenn
es unbedingt sein muss!«
»Ach bitte,
ich pass auch ganz arg auf. Das letzte Mal.«
»Also, das
Ganze noch einmal von vorn.«
Und so fuhren
wir die Strecke von Friedberg aus noch einmal ab und achteten vor allem auf den
Straßenrand und die angrenzenden kristallglacierten Felder. Überall blendendes Weiß.
Mal hohe Schneewehen, selten hell gezuckertes, stumpfes Grün, dort wo der Wind selbst
den Massen von Schnee keine Chance gelassen hatte. Passend zu unserem Vorhaben tönte
der Schock-Rocker Marilyn Manson aus dem drittklassigen Autoradio:
Is love only sweeter when one of us dies? Then I knew that our love
was just a car crash away.
»Mach mal
bitte hier ganz langsam.«
»Warum?«
»Die leichte
Kurve, die hohe Schneewehe, da sieht man schlecht, was dahinter kommt. Halt mal
an.«
»Ja, und?«
»Es könnte
ja sein, dass der Narr angefahren wurde, die Stelle hier birgt ein gewisses Gefahrenpotenzial.
Außerdem hatten wir in den letzten Tagen immer wieder mal Nebel. Selbst auf offener
Strecke kann man da überrascht werden. Jetzt halt schon an, da blitzt etwas aus
dem Schnee heraus.«
Der Wind
hatte etwas Rotes vom Schnee freigeblasen. Es sah aus wie eine Rose, die im Schnee
blühte. Ich stieg aus der Wärme des Kleinwagens, der für seine Größe erstaunlich
gut heizte, in die oberschwäbische Winterkälte. Sofort begann ich zu frösteln, es
war sehr zugig an dieser Stelle. Mit dem Fuß scharrte ich vorsichtig das blutrote
Gebilde frei. Eine Rose – aus Kunststoff. Mit dem Stiel des Eisschabers aus Cäcis
Wagen legte ich, dem grünen Kunststoffstängel folgend, nach und nach eine Narrenmütze
frei, an der die Kunstrose befestigt war. Die Kappe war bunt und mit verschiedenen
Abzeichen von Narrentreffen versehen. Dunkle Flecken waren auf dem Stoff zu erkennen.
Ich vermied es weiterhin, sie mit den Händen zu berühren.
»Meinst
du, das ist die Mütze von diesem Rossbert? Glaubst du, dass der hier gestorben ist
und dann vom Täter mitgenommen wurde?«
»Kann sein.«
»Und dann
wurde er präpariert? Das passt aber nicht zusammen. Jemanden zufällig totfahren
und ihn dann sofort präparieren? Wo ist denn da das Motiv?«
»Die Leichenteile
im Wald, die Immaculata gefunden hatte, vielleicht waren die vorbereitet, um sie
auch zu präparieren? Vielleicht ging es ja auch beim ersten Toten nicht darum, die
Leiche oder Teile davon zu verstecken. Vielleicht hat der Täter etwas ganz anderes
vor. Eventuell sogar das Gegenteil. Wer etwas präpariert, will es ja erhalten, vorzeigen.
Also die zweite Leiche beweist das doch.«
»Ich glaube,
jetzt geht die Fantasie mit dir durch!
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