Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)
waren Windeln.
Kinder haben auch eine Verdauung, scheinen sie aber irgendwie nicht richtig kontrollieren
zu können. Jetzt wusste ich auch, was der dritte Geruch war.
»Herrmann,
wie viele kaputte Autos hast du hier?«
»Alle!«
»Was bedeutet
es, wenn ein Auto beim Anlassen ein atypisches Geräusch macht?«
»Häää?«
»Ein komisches
Geräusch.«
»Das kann
alles sein!«
»Das glaube
ich nicht.«
»Was willst
du eigentlich, mich nerven? Wer ist hier der Chef? In deiner Schule kannst du vielleicht
Drecks-Evalation machen, aber hier bin ich der Meister. Kapesko?«
»Evaluation.«
Voller Demut
und Reue erzählte ich dem begnadeten Mechaniker, Werkstätteninhaber und zweifachen
Vater von dem, was mir Schwester Immaculata-Flora vom startenden Motor berichtet
hatte.
»Ferndiagnose
Anlasser. Das sag ich dir jetzt schon. Wenn sie sagt, das macht gleich am Anfang,
taktaktaktaktak, und dann springt er erst an. Aber was soll das verdammte Tonbandgerät?«
»Hast du
ein Auto mit defektem Anlasser oder anderen Defekten, die sich so anhören könnten?«
Und so gingen
wir ans Werk. Irgendwie sogar artgerecht, ich machte noch einen kleinen Abstecher
zum Pirelli-Kalender, und während wir Tonbandaufnahmen von stotternden, rotzenden,
nagelnden, fehlzündenden und anlassproblematischen Motoren machten, spielte Cäci
hingebungsvoll mit Herrmanns hustenden und niesenden Kindern.
»Die sind
ja so süüüß, ich freue mich ja so, Dani. Der Kleine kann sogar schon seinen Namen
sagen. Zeig es mal dem Onkel Dani, wie du schon deinen Naaamen sagen kannst. Wie
heißt du denn?«
»Tattuten.«
Herrmanns
Sohn war in der Dreiviertelstunde, in der ich das Mikrofon ausrichtete und die Aufnahmequalität
überprüfte, offensichtlich nicht schlauer geworden. Ich war ihm jedoch nicht böse,
dem rotznasigen Hosenscheißer. Auch Herrmann zeigte gewisse rhetorische Schwächen.
»Was machst
du jetzt mit den blöden Aufnahmen? Der Schwester zeigen?«
»Nicht zeigen,
vorspielen, Herrmann. Töne kann man nicht richtig sehen, außer du hast was geraucht.«
»Häää?«
»Ist schon
gut, war bloß ein Späßle, Herrmann. Was bin ich dir schuldig?«
»Nix, bring
den Kindern mal was mit! Aber kein so einen Plastik-Dreckskruscht!«
Ich war
beschämt. Das hatte er wieder toll hinbekommen. Den ganzen Tag, vielleicht sogar
länger, hätte ich nun ein schlechtes Gewissen. Cäci musste unbedingt etwas für die
Kinder kaufen.
Ȁh, sind
alle beide Mädchen?«
Cäci zischte
mich vorwurfsvoll an:
»Sag mal,
bist du so doof oder tust du nur so, das weiß ja sogar ich! Das sind keine Mädchen,
das sieht man doch!«
Herrmann
besänftigte stolz in meine Richtung:
»Nein, warum
Mädchen? Alles Kerle, echte, wie ich. Aber das Nächste wird bestimmt ein Mädchen.«
Komisch,
ich kannte mich mit Kindern in dieser Altersstufe ja nicht so gut aus, aber die
beiden wirkten auf mich eher wie Mädchen. Dichtes, lockiges Haar, weiche, eher rundliche
Formen, hohe Stimmen. Bei meinen Schülern war der Geschlechtsdimorphismus eindeutiger
ausgeprägt.
»Also, vielen
Dank, Herrmann, ich denke nächstes Mal daran, an die Hosenscheißer. Wir sagen Susi
noch kurz Hallo.«
»Pass auf
deinen Lehrer auf, du weißt ja, wie der auf Rothaarige abfährt. Hahaha!«
Cäci lachte
nicht.
Mit dem
Besuch bei Herrmanns Frau wollte ich meinen Fauxpas mit den Kindern ein bisschen
ausgleichen. Ästimieren, man musste auch ein bisschen ästimieren. Ich hatte keinerlei
Hintergedanken.
»Cäci, kommst
du? Wir sagen Susi noch Hallo.«
Sie war
nicht so erfreut, Susi zu besuchen. Vielleicht lag es daran, dass ich vor etlichen
Jahren ein Techtelmechtel, quasi ein Tête-à-Tête, eine Boussage, eine erotische
Liaison mit der feurigen, rothaarigen Drallen hatte. Cäci hatte damals kurzfristig
mit mir Schluss gemacht zu Beginn ihres Psychologiestudiums in Tübingen. Da drängte
sich mir Susi in dieser frauenlosen Phase auf und ich konnte in meinem psychisch
labilen, quasi destabilisierten Zustand nicht Nein sagen. Das hätte auch Susi verletzt,
vielleicht wäre sie sich dann unattraktiv, wertlos vorgekommen. Frauen sind da so.
Das wollte ich nicht.
Als sich
dann in jenem glühenden Sommer die Ereignisse in Riedhagen überschlugen, fanden
Cäci und ich unter dramatischsten Umständen wieder zusammen. Beinahe hätte Cäci
die Ereignisse in diesem Sommer nicht überlebt. Ein Kloß versuchte, meine Kehle
zu passieren. Ich musste dreimal schlucken.
»Am liebsten
würde ich den ganz Kleinen
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