Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)

mochte zwar
alt sein, aber es machte immer noch hervorragende Aufnahmen.
    »Hahaha,
passt ja super zu deinem Anzug. Gleiches Baujahr? Garantiert von deinem Vater und
der hat ihn von seinem Vater geerbt, aber super für die Fasnet!«
    Cäci zwängte
sich rasch an uns vorbei, hinein in die warme Werkstatt:
    »Habe ich
dir doch schon hundertmal gesagt, dass dieser Anzug niemanden gefällt. Wenn er selbst
Herrmann nicht gefällt.«
    »Was soll
das heißen?«
    Cäci antwortete
nicht, sie schritt schon ins Zwielicht der Werkstatt. Magisch angezogen von dem,
was sie da sah und hörte. Sie ging immer weiter in die Knie, beugte sich nach vorn,
blieb in der Hocke sitzen und quietschte verzückt:
    »Mein Gooott,
sind die groß geworden, wie alt sind deine Jungs jetzt?«
    »Zwei und
dreieinhalb.«
    Herrmann
nickte stolz.
    »Alle beide
deine?«
    Verwundert
starrte mich Herrmann an und tippte sich mit seinem blutwurstfarbenen Zeigefinger
gegen die Stirn.
    Schon wieder
diese Geste.
    Bis jetzt
hatte ich noch nicht bemerkt, dass Herrmann so viele Kinder hatte. Aber es waren
tatsächlich seine, wie er mir glaubhaft versichern konnte, die da rotznasig und
fürchterlich gekleidet in seiner Werkstatt um einen bunten, leeren Ölkanister herumstanden
und mit Schraubendrehern darauf einschlugen. Das avantgardistische Konzert wurde
vom Niesen des Kleinsten rhythmisch unterstützt. Auf einem Fuß war er strumpfsocks
unterwegs. Den fehlenden Schuh balancierte der Größere des Duovirats an einem Stecken
in seiner anderen Hand.
    »Von Susi?«
    »Von wem
sonst? Depp! Ist nicht wie bei euch Lehrern. Heiraten, Scheidung, heiraten, Scheidung,
und noch einmal heiraten, weil man’s ja allein auch nicht aushält, und dann Pörnaut!«
    »Wie bitte?«
    »Heiraten,
Schei…«
    »Nein, das
Letzte. Pörndingens.«
    »Pörnaut,
na eure neue Super-Lehrerkrankheit. Jeder hat sie doch.«
    »Ach so.
Das kommt aber von burn, to burn, brennen, verstehst du?«
    »Klar, Herr
Lehrerbesserwisser, ich bin doch nicht doof. I fell intu
a pörning ring of faier, I went daun, daun, daun änd se flaims went haier, änd it
pörns, pörns, pörns, se ring of faier, the ring of faier. Die Tschjun
hat dann den Johnny Cash gerettet, aus dem Ring of faier. Das bedeutet nämlich Drogen,
verstehst du? Und euch Lehrern würde ein bisschen Johnny Cash-Melantität auch nicht
schaden.«
    »Mentalität!«
    »Mhhh!«
    Ich verstand
und staunte über Herrmanns Kenntnisse der Johnny Cash-Biografie. Ich hätte ihn musikalisch
eher in Richtung Zillertaler Schürzenjäger eingeordnet.
    »Hast du
die schon lange?«
    »Wen?«
    »Die beiden
Kinder.«
    »Ich sage
doch, zwei und dreieinhalb, kannst du nicht zuhören, Lehrer? Oder hast du auch schon
den Pörnaut?«
    »Ach so.«
    »Und sind
das alle?«
    »Ja.«
    »Wo ist
Susi?«
    »Küche!«
    »Gut.«
    Cäci war
in die Hocke gegangen und sprach seltsam, mit hoher Stimme mit dem oder der Jüngsten:
    »Ja, sag
einmal, wie heißt du denn?«
    »Tattuten.«
    »Wie?«
    »Tattuten!«
    Das Kind
schien zu doof, seinen eigenen Namen zu wissen. Da müssen wir später erziehungstechnisch
schon einiges anders machen. Mein Sohn sollte seinen Namen einmal richtig aussprechen
können. Ich erschrak innerlich: Ich hatte noch keinen Namen ausgesucht. Hoffentlich
würde ich kein so schlechter Vater wie Herrmann werden.
    »Was guckst
du so blöd? Was soll das verdammte alte Tonbandgerät?«
    »Ich brauche
deine Hilfe.«
    »Das ist
mir schon klar, du kommst bestimmt nicht, um meine Kinder anzuschauen! Hättest denen
ruhig auch mal was mitbringen können, so oft wie du hier bist. Und ärmer würde dich
das auch nicht machen. Das freut nicht nur die Kinder. Das äschtimiert auch die
Eltern, wenn man die Kinder äschtimiert und anders herum. Weißt du, die sind das
Wichtigste, das hätte ich früher nie gedacht. Da dachte ich immer, ein getunter
Kadett und all der andere Rotz, das Material …«
    Er rang
sichtlich nach Worten:
    »… das ist
der Himmel. War ja dann auch so, aber eins sage ich dir, du Halbsingle, Kinder sind
nicht zu toppen, besser als ein Kadett.«
    Ich wünschte,
ich würde ein Vater werden wie Herrmann.
    »Okay, Herrmann.«
    Irgendwie
hatte er recht. Und dass ausgerechnet mir, einem empathischen Geografie- und Religionslehrer
nie so richtig aufgefallen war, dass Herrmann Kinder hatte. Da standen zwar immer
wieder mal Kinderwagen in der Werkstatt und Spielzeug lag zwischen dem Werkzeug.
Ich hatte das ignoriert oder verdrängt. Und die weißen Pakete, das