Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)

Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
Vom Netzwerk:
schnippste
fordernd mit ihren Fingern und begutachtete währenddessen das, was da auf dem Boden
lag und komisch roch. Mittlerweile hatte ich einhändig die Entriegelung des Akku-
und Speicherkartenfaches wieder verschlossen, nachdem ich mit einem sanften Fingerdruck
die SD-Karte mit den gespeicherten Bildern entfernt hatte.
    »Jede Wette,
dass das der vermisste Narr aus Wolfartsweiler ist?«
    »Der Herr
Rossbert Schränzle?«, schüttelte sie murmelnd den blond behaarten Kopf.
    »Wie heißt
der?«
    »Das geht
Sie nichts an. Sie können dann nachher noch Ihren Kollegen bei mir vorbeischicken.
Ich hätte da noch ein paar Fragen an ihn.«
    »Was für
einen Kollegen?«
    »Ihren Finsterle.«
    »Das ist
kein Kollege, das habe ich Ihnen schon einmal gesagt, der ist Referendar bei uns.
Re-fe-ren-dar! Jemand, der seine Arbeitszeiten frei interpretiert und dann den Schülern
ständig Mohrenküsse, ähm Negerköpfe, halt Gummibärchen und so etwas vorbeibringt,
ist für mich kein gleichwertiger Partner, das ist ein Lehrling, einfach ein …«
    »Lassen
Sie’s Bönle, merken Sie nicht, dass Sie mich langweilen? Schauen Sie einfach, dass
der Herr Finsterle vor Ihrer Abfahrt noch bei mir auftaucht. Danke.«
    »Bitte.«
    Sie verstaute
meine konfiszierte, jedoch bilderfreie Kamera in ihrer monströsen Croco-Handtasche
und zog im gleichen Arbeitsschritt ihr iPad heraus. Unter Zuhilfenahme des iPad
Camera Connection Kits tat sie das, was ich vorhin schon gründlicher und vermutlich
mit besserer Qualität gemacht hatte. Sie fotografierte mit ihrem Flach-Computer,
es sah einfach albern aus. Dann telefonierte sie mit ihrem iPad, was nicht weniger
albern aussah. Vermutlich wollte sie mir nur demonstrieren, dass man damit auch
fernmündliche Kommunikation betreiben konnte. Sie hätte ja auch ihr schickes Mobile-Phone
dazu verwenden können.
    Der Erfolg
gab ihr jedoch recht. Schneller als erwartet, war die Straße von Saulgau zum Kloster
geräumt und eifrige Beamte bevölkerten unvermittelt das klösterliche Anwesen. Polizisten
sperrten ab und liefen hin und her. Die Herren von der Spurensicherung waren in
schickes sowie tarnendes Winterweiß gekleidet und verrichteten eher schweigend ihre
Arbeit. Ich hatte, nachdem wir alle ins naheliegende Forsthaus verbannt wurden –
um uns zur Verfügung zu halten –, vom Hauptgebäude aus, in das ich mich unerlaubterweise
begeben hatte, einen Weg zur Kirche auf die Empore gefunden. Von dort aus beobachtete
ich das Geschehen und versuchte, es mit meinem Gedächtnis zu fotografieren. Vor
allem die ersten Aussagen und Spekulationen zum Todeszeitpunkt, zur Todesart und
zur Präparationstechnik des bedauernswerten Verstorbenen interessierten mich, und
ich speicherte sie auf meiner Gehirn-Festplatte. Durch die barocke Verzierung des
Geländers beobachtete ich aufmerksam, wie die ermittelnden Beamten und die Spurensicherer
vorgingen. Immer wieder knackste es im Gebälk der Empore, ich hatte Angst, entdeckt
zu werden. Langsam bekam ich auch schon wieder Hunger. Ein süßlicher Duft nach Gebäck
schien in der Luft zu liegen. Als ich mich auf allen vieren vom Geländer zurückziehen
wollte, sah ich auf dem Boden vor mir einen Zahnstocher liegen, dessen Spitze noch
feucht schien. Und der köstliche Duft entströmte einem platt getretenen Nonnenfürzle.
Hatte ich mich vorhin doch nicht getäuscht? Waren wir von der Empore aus beobachtet
worden? Ich nahm den hölzernen Minispieß und wickelte ihn in mein gutes, graugrün-kariertes
Stofftaschentuch. Danach schlich ich wieder zurück ins Forsthaus.
    Dort erreichte
mich die freudige Nachricht, dass wir am heutigen Dienstag und morgigen Mittwoch
schneefrei hatten. Die Schüler jubelten. Nur wenige würden am Gompigen Donnerstag
der Schulpflicht nachkommen.
    Um auf den
Wunsch der genervten Kommissarin einzugehen, suchte ich Sabine und fragte sie, ob
sie den Referendar gesehen hätte.
    »Warum fragen
Sie das gerade mich?«
    »Er hat
sich doch gestern mit dir gut unterhalten.«
    »Deswegen
weiß ich noch lange nicht, wo er sich gerade aufhält!«, entgegnete sie schnippisch.
    »Hat er
gestern etwas angedeutet? Ist er vielleicht schon nach Hause gelaufen?«
    »Das weiß
ich nicht, ich vermute, dass er heute Morgen sehr früh losgelaufen ist. Er hat gestern
über den Kaffee geschimpft. Und mir hat er erzählt, dass er gern Trekkingtouren
in den Ferien macht. Vielleicht hat’s ihn einfach gepackt und er ist losgelaufen.«
    »Vermutlich.«

20
Schneeblüte
     
    Es ist

Weitere Kostenlose Bücher