Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)
Blinkerglas aussieht und zu welchem Behufe es erfunden
wurde. Ich wagte kaum, meinen letzten Wunsch auszusprechen:
»Eigentlich
wäre ich gern mit Ihnen in die Garagen gegangen und die Parkplätze abgelaufen, um
herauszubekommen, ob vielleicht ein beschädigtes Auto dabei ist. Ist Ihnen eigentlich
immer noch nicht eingefallen, woher Sie das Geräusch kennen? Wenn es Ihnen bekannt
vorkommt, dann haben Sie es bestimmt schon öfters gehört. Und am wahrscheinlichsten
bei Ihnen ist es, dass Sie es im Kontext Kloster gehört haben … War da gerade ein
Geräusch vor der Tür?«
Erschrocken
blickte Schwester Immaculata zur Tür, sie hatte es auch vernommen. Irgendjemand
schien sich auf der anderen Seite aufzuhalten. Ein vorsichtiges, zögerliches Tapsen
und Rascheln.
Ich sprang
auf, zur Tür hin, kollidierte auf nicht unangenehme Art mit der frommen Ordensfrau,
die sich mir mit weit ausgebreiteten Armen in den Weg stellte:
»Halt, was
machen Sie da?«
Ich schrie:
»Aus dem
Weg, den krall ich mir!«
»Sind Sie
von allen guten Geistern verlassen, Heilige Maria, Mutter Gottes, Sie können doch
nicht …«
Ich stieß
sie sanft beiseite, sodass sie auf ihrer bescheidenen Liegestätte landete und ihre
Füße kurzfristig den Bodenkontakt verloren, und riss die Tür auf. Gerade noch sah
ich, wie eine Nonne mit sportlich-männlichem Schritt um die Ecke eilte. Der Schleier
wehte hoch hinter ihr her und gab den Blick auf breite, kräftige Schultern frei.
Ich würde den Schleier lüften, die Wahrheit würde nun ans Tagelicht kommen. Von
aufklärerischem Mut beseelt, spurtete ich los.
Das war
er, diesmal würde er mir nicht mehr entkommen. Im Bohnenstengel hatte er Glück gehabt.
Die Verfolgungsjagd dauerte nicht lange, der Verkleidete war zu einer Treppe geflohen,
die nach oben führte. Der Rock war hier hinderlicher als meine elegante Strapatex-Hose.
Ich nahm zwei Schritte auf einmal, hörte das Keuchen des Fliehenden. Mein Herz pochte
hart gegen den Schutzkorb meiner Rippen. Adrenalin und Blut hielten sich die Waage.
Dann hatte ich den Stoff in der Hand. Der Gejagte schrie heiser auf. Mittlerweile
waren einige Türen aufgegangen. Weibliches Geschrei war in den langen Gängen zu
vernehmen.
Kräftig
zog ich am Schleier.
Dann stürzte
die Person vor mir. Ich stolperte über sie und ging ebenfalls zu Boden, aber ich
hatte sie fest im Griff. Ein kurzes Ringen. Keuchen, feuchter Atem. Gepresste Schreie.
Gescharre von Füßen und Hilferufe um uns herum. Dann erwischte ich wieder den Schleier.
Ich zog daran, Haare quollen dunkel hervor. Ich drehte das Gesicht mit hartem Griff
zu mir her. Ein dunkler Bart auf der Oberlippe, dunkle Koteletten.
Ein Damenbart,
ich hatte die Küchenschwester Barbara gefangen.
»Herr Bönle, mit oder ohne Handschellen?«
»Wenn Sie
sie anlegen, mit.«
»Herr Schmiedle,
führen Sie ihn ab!«
Der uniformierte
Kollege der verärgerten Naturblondine blickte ratlos zur Vorgesetzten.
»Was jetzt,
mit oder ohne Handschellen?«
»Ohne!«
»Oh gerechta
Gott in Himma, was hat ea jetzt wieda getan, oh Heaa lass diesa Kelch an mia vorübageha!«
Deodonatus
Ngumbu schüttelte betrübt sein mächtiges Haupt. Er hatte keinen Grund zu jammern,
ich hatte nicht verraten, dass ich mit seiner Hilfe ins Kloster gekommen war.
32
Standpredigten
Die Tugend
wird durchs Kreuz geübet
Die Tugend
wird durchs Kreuz geübet,
denn ohne
das kann sie nicht sein.
wenn sie
nicht oftmals wird betrübet,
so merkt
man gar nicht ihren Schein.
Sie muss
im Kreuz die Stärke zeigen,
die sie
verborgen in sich hat,
dass ihr
nachstellet früh und spat.
Wer sollte
ohne Kampf wohl siegen?
Die Tapferkeit
kann nicht bestehn,
wenn man
nicht will zu Felde liegen
und einen
ernsten Streit eingehn.
Der Feind
ist, wenn Gott Kraft verliehen,
flugs da,
der sich ihr widersetzt;
da soll
man ja den Schlaf recht fliehen,
wenn Satans
Heer die Schwerter wetzt.
Johann Christian
Nehring (1671 – 1736)
Mich über Nacht auf dem Revier zu
behalten, war reine Schikane. Einen Anwalt anrufen, warum auch. Zu Hause schlafen
oder auswärts? Egal. Cäci war eh sauer auf mich und das würde bestimmt nicht besser
werden, wenn ich erzählte, dass ich eine Nonne mit Damenbart niedergerungen hatte,
unberechtigterweise in ein Kloster eingedrungen war und eine Jungschwester bedrängt
und genötigt hatte. Gewiss nicht.
Ich hatte
mein Armageddon hinter mir, ich hatte mein Armageddon noch vor mir. In der Offenbarung
des Johannes schien
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