Nooteboom, Cees
verändert zu haben, was die Lektüre von Polybios unvermindert spannend macht.
Polybios, Gesamtausgabe in zwei Bänden . Zweiter Band, eingeleitet und übertragen von Hans Drexler, Artemis, Zürich 1963
Stuhl
Gimpo Airport, Seoul, Korea.
Esel
Abb. 21
Die Freude an fremden Namen und unerwarteten Ereignissen. September 2010, ich bin in Seoul auf der Durchreise von Beijing nach Kyoto. Es ist ein leicht regnerischer Nachmittag, und ich weiß noch nicht, daß ich, wiewohl ich mich auf der Suche nach dem Gyeonghuigung Annex des Seoul Museum of Art wähne, eigentlich auf dem Weg zum Palais des Papes in Avignon bin. Immerhin weiß ich, daß im Museum eine Media Art Biennale stattfindet und ich mich dort ein wenig umsehen will.
Ich bin an der Seosomunrostraße aus der lautlosen U-Bahn ausgestiegen, habe den Weg zur Saemunangil gefunden und befinde mich jetzt in den Nebengebäuden des Museums. Bevor ich weiß, was geschieht, stehe ich in einem großen, stillen Raum mit einer Reihe von Monitoren und höre Eselgetrappel auf den mittelalterlichen Steinfußböden des Palastes der französischen Päpste. Solche Augenblicke, das völlig Unerwartete an ihnen, sind das Salz des Lebens. Es sind nicht viele Besucher da, das Geräusch ihrer Schritte gehtim Gerenne der Esel unter, nach einer Weile habe ich die Doppeldeutigkeit der Situation – eine Reise in einer Reise – vergessen, erst später lese ich über Douglas Gordon und das Wie und Warum der Bilder, die ich gesehen habe. Gordon (1966) ist ein Künstler aus Glasgow, der es liebt, »die Dauer bestimmter Szenen aus bekannten Filmen zu manipulieren, um dadurch deren narrative Struktur auf den Kopf zu stellen«. Manipulieren der Zeit, plötzliches Umstoßen, immer gut.
Doch was ich sehe, ist etwas anderes. Esel waren tabu im Mittelalter, sie waren das Sinnbild der »Unwissenheit, Faulheit, Maßlosigkeit, obwohl sie in mancherlei Volkserzählungen als lustig und freundlich dargestellt werden«. Dem Programm der Biennale zufolge wollte der Künstler die Ambiguität der Urteile über Gut und Böse aufzeigen. Mich interessiert wenig, was über ein Kunstwerk gesagt wird und was es möglicherweise »intendiert«. Ich habe, fern der Heimat, ein paar rührende Esel in einem Palast herumtraben sehen und hatte dadurch kurzzeitig den Alltag hinter mir gelassen, ein Nachmittagstraum und dadurch eine Form von Transzendenz.
Der Titel der Videoinstallation, Travail with my Donkeys , ist natürlich ein Verweis auf das Buch von Robert Louis Stevenson über die Reise mit seinem Esel (Singular), Travels with a Donkey in the Cévennes .
Garten
Daitoku-ji, 1315 von Akamatsu Norimura für den berühmten Zenmeister Myōchō gegründet, liegt in Kyoto. Die Gebäude, die man heute dort sieht, stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Innerhalb der großen Anlage ist der Ryogen-in, zu dem dieser Garten gehört, ein Nebentempel. Die Anlage scheint endlos groß, man kann Stunden in ihr umherspazieren.
Poseidon XIII
Abb. 22
40 Paisatjes personals . Pere Fraga i Francesc Xavier Roig (ed.), Institut d'Estudis Baleàrics, Mahon 2011, S. 109-113
Duncan Ackery, Living in the mediterranean : »a small land mass of limestone and Devonian rock […]«
Enciclopèdia de Menorca . Primer Tom/Geografia Física, Obra Cultural Balear, Mahon 1981
Blutmond
Abb. 23
Das Wort Blutmond fand ich im niederländischen Gartenkalender 2011, am 12. Oktober, mit dem folgenden Text: »Vollmond – dem Mondkalender zufolge ist dies der Jagd- oder Blutmond. Die letzten Ernten waren eingebracht, und dies war der Zeitpunkt, zu dem die Jagd eröffnet wurde und man Tiere schlachtete, um die Wintervorräte aufzustocken. Er verhält sich genauso wie der Erntemond, indem er kurz nach Sonnenuntergang über dem Horizont hängt.«
Die in meinem Text erwähnten Fakten stammen aus einem Artikel in El País über die beschleunigte Ausdehnung des Universums, verfaßt von Álvaro de Rújula, »Premios Nobel de Ciencias 2011, Con Galaxias a lo loco, La aceleración de la expansión del universo«, in: El País , Madrid, 12. Oktober 2011.
Galaxias a lo loco kann man am besten übersetzen mit »durchgehende Sternsysteme«, eine beunruhigende Vorstellung, wenn man einmal gesehen hat, wie ein Pferd durchgeht.
Mann
Geschrieben in Kyoto, Herbst 2010.
Wasserspiegel
Abb. 24: Die Rettung des sinkenden Petrus, Egbert-Kodex, um 980,
Reichenau, Stadtbibliothek Trier
Grün
Abb. 25
Über »Hannys Voorwerp« wurde in der Frankfurter
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