Nora Roberts
Farm! Meinst du, sie wäre mir wichtiger als du? Ich bin jemand, der gut zupacken kann, so daß es bestimmt auch in New York einen Job für mich gibt.«
»Hier geht es nicht um irgendeinen Job.«
»Es ist mir wichtig, nicht vom Geld meiner Frau zu leben.« Er sprach mit einer solchen Vehemenz, daB jeder Widerspruch zwecklos war. »Nenn mich sexistisch, einen Narren oder sonst was, aber das ändert nichts daran. Es ist mir egal, ob du einen Haufen Geld oder gar nichts hast, ob du dein Geld für ein großes Haus oder schicke Autos ausgibst, ob du es sparst oder ob du es beim Würfelspiel verlierst. Es geht mir nicht darum, für dich zu sorgen, sondern einzig und allein für mich.«
Sie schwieg eine Weile, bevor sie wieder sprach, da sie fürchtete, ansonsten die Beherrschung zu verlieren. »Für diese vollkommen vernünftige Sichtweise kann ich dich wohl kaum einen Narren nennen, aber dafür, daß du auch nur daran denkst, deine Farm aufzugeben, nenne ich dich sogar einen Vollidioten.«
»Ich sehe nicht, was am Verkauf meiner Farm idiotisch ist. Von meiner Familie hat niemand Interesse, also biete ich sie einfach Mr. McNee, Feeney und ein paar anderen an. Es ist gutes Land.« Sein Blick wanderte an ihr vorbei, und einen Moment drückten seine Augen unendliche Trauer aus, als er über die grünen Hügel sah. »Es ist gutes Land«, wiederholte er. »Und sie werden es zu schätzen wissen.«
»Na, wunderbar.« Ihre Stimme verriet neue Leidenschaft. »Wirf dein Erbe, dein Zuhause ruhig weg, Aber wenn du schon mal dabei bist, warum bietest du mir nicht gleich noch an, dir das Herz herauszuschneiden, falls ich es will?«
»Ich kann ohne dich nicht leben«, war seine schlichte Erwiderung. »Und ich werde es nicht tun. Meine Farm sind doch nur Dreck und Steine.«
»Sag das nie wieder.« Sie war außer sich. »Deine Farm bedeutet dir alles. Oh, du verstehst es wirklich, mir das Gefühl zu geben, klein und selbstsüchtig zu sein. Aber das lasse ich nicht zu.« Sie wandte sich ab, ballte die Fäuste und stapfte zwischen den Steinen herum, bis ihr mit einem Mal die Erkenntnis kam, daß von Anfang an alles auf dieses Ende hinausgelaufen war.
Sie atmete tief ein, drehte sich um und sah ihm ins Gesicht. Seltsam, dachte sie, daß sie mit einem Mal eine solch ruhige Gewißheit empfand.
»Du würdest für mich die Sache aufgeben, die dich zu dem Mann macht, der du bist.« Ehe er etwas entgegnen konnte, schüttelte sie den Kopf. »Das ist lustig, wirklich lustig. Ich habe während der letzten beiden Nächte gründlich mein Gewissen durchforscht. Und einen Teil meiner Seele gegeben, damit das Gemälde zustande kam. Und als ich es mir schließlich angesehen habe, wußte ich, ich gehe nirgendwo hin.«
Sie sah das hoffnungsvolle Blitzen in seinen Augen, ehe es wieder erlosch. »Du willst also sagen, daß du bleibst und ohne das weiterlebst, was du im Grunde willst? Und wie soll mich diese Erklärung trösten, wenn ich weiß, daß du zwar hier bei mir, dafür aber unglücklich bist?«
»Oh ja, ich gebe eine Menge auf. Nenn es ruhig ein Opfer, wenn du willst.« Auflachend fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar. »Und was für ein Opfer es ist. Ich verlasse New York, wo man weder Gras riechen noch Pferde grasen sehen kann. Wo man nicht das Licht in einer Weise auf die Felder fallen sieht, die einem die Tränen in die Augen treibt. Ich tausche Verkehrslärm gegen den Gesang von Spottdrosseln und Lerchen ein. Ich schätze, es wird wirklich hart für mich.«
Sie stopfte ihre Hände in die Hosentaschen und stapfte mit einer Entschlossenheit zwischen den Steinen herum, die ihn, noch während er die Hand nach ihr ausstreckte, innehalten ließ. »Meine Freunde – oder eher meine Bekannten – werden hin und wieder amüsiert an mich denken und die Köpfe schütteln. Vielleicht kommen ein paar von ihnen sogar zu Besuch, um sich anzusehen, wofür ich das Yuppie-Leben aufgegeben habe. Für eine Familie, für Menschen, denen ich näherstehe als allen anderen. Ein wirklich schlechtes Geschäft.«
Sie blieb stehen und blickte zwischen den Steinen hindurch, während die Sonne den letzten Nebel von den Feldern schmolz. »Und dann ist da natürlich noch meine Karriere, das Wichtigste überhaupt. Noch fünf Jahre, und ich garantiere dir, ich hätte den sinnbildlichen Schlüssel zum Vorstandsklo. Keine Frage, Shannon Bodine hat den Drive, sie hat das Talent, sie hat den nötigen Ehrgeiz, und eine Sechzig-StundenWoche macht ihr nicht das geringste
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