Nora Roberts
Mitnehmen zu kaufen und auf dem Weg nach Hause
bei ihr vorbeizufahren, überlegte er, während er die Stufen hinaufstapfte.
Welche Frau
würde schon einen Kerl wegschicken, wenn er Pizza und Wein mitbrachte?
Zufrieden
mit seinem Plan trat er durch die Tür und spürte, wie sein Fuß auf etwas
wegrutschte. Er bückte sich stirnrunzelnd und hob das gefaltete Blatt Papier auf,
das unter seiner Tür hindurchgeschoben worden war.
Als er die
Nachricht las, krampfte sich sein Magen zusammen, und er hatte das Gefühl, als
würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen.
Mit
zehntausend käme ich über die Runden. Ich melde mich wieder.
Seth
rutschte mit dem Rücken an der geschlossenen Wohnungstür zu Boden und knüllte
das Blatt zu einem winzigen, armseligen Ball zusammen.
Gloria
DeLauter war zurück. Seth hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihn so schnell
wieder aufspüren würde. Und er war nicht darauf vorbereitet, dass sie sich kaum
zwei Wochen, nachdem er aus Rom heimgekehrt war, schon wieder an seine Fersen
heftete.
Seth
schleuderte den kleinen Papierball durch das Zimmer. Er brauchte Zeit zum
Nachdenken. Zehntausend würden ihm etwas Zeit verschaffen, wenn er sein Geld
unbedingt verschleudern wollte.
Aber
schließlich wäre es ja nicht das erste Mal.
Wenn es um
seine Mutter ging, war ihm kein Preis zu hoch, um nicht weiter von ihr
behelligt zu werden. Viel wichtiger noch: um zu verhindern, dass seine Familie
von ihr behelligt wurde.
Das war
natürlich genau das, worauf sie zählte.
Sechs
Seth saß
auf dem Anlegesteg
und angelte mit einem Stückchen von Annas Brie als Köder. Die Sonne brannte mit
der ganzen Hitze des Augusts auf seinen Rücken herab. Seth, der nichts weiter
trug als eine abgeschnittene Jeans und eine Sonnenbrille, ließ seine Gedanken
schweifen.
Durch die
getönten Gläser beobachtete er, wie das Licht von dem dunstigen, blauen Himmel
herunter auf die Wasseroberfläche fiel. Seth zog in Erwägung, die Angel für
einen Moment beiseite zu legen und ins kühle Nass hineinzugleiten.
Das Wasser
klatschte träge gegen den Rumpf des kleinen Prahms, der am Steg vertäut lag.
Ein Eichelhäher schimpfte in den Bäumen, und die sanfte Brise, die über Seth
hinwegstrich, trug den Duft von dem Rosenbusch mit sich, der schon länger hier
lebte als er.
Das Haus
lag ruhig da. Der Rasen war saftig und frisch gemäht, auch das konnte Seth
riechen. Frisch geschnittenes Gras, Rosen, Wasser. Sommergerüche.
All das kam
ihm nicht seltsam vor, obwohl es erst Frühling war.
Er musste
etwas unternehmen, um den Frieden in und um das Haus
zu erhalten, und er wünschte bei Gott, er hätte gewusst, was.
Plötzlich
hörte das Winseln eines Hundes, dann das Getrappel von Pfoten auf dem Steg.
Seth blickte nicht auf, selbst dann nicht, als eine kalte Nase gegen seine
Wange stupste. Er hob einfach einen Arm, damit sich der Hund an seine Seite
kuscheln konnte.
Es war
irgendwie tröstlich, einen Hund an seiner Seite zu wissen, wenn einem das Herz
schwer war.
Aber das
beiläufige Kraulen reichte dem Tier offenbar nicht, dessen Rute auf die Planken
des Stegs klopfte. Emsig fuhr seine Zunge über Seths Wange.
»Schon gut,
schon gut, mal langsam. Ich denke gerade über etwas nach«, sagte Seth und
blickte den Hund an. Plötzlich schlug ihm das Herz bis zum Hals.
Es war gar
nicht Cams Hund, der da neben ihm lag, sondern sein
eigener. Es war Foolish, der vor fünf Jahren in seinen Armen gestorben war.
Sprachlos starrte Seth in die vertrauten Hundeaugen, die ihn anzulachen
schienen, als amüsierten sie sich über den besten Witz der Welt.
»Das gibt's
doch nicht!« Freude und Schock rangen in Seths Inneren miteinander, als er die
Schnauze des Hundes umfasste. »Was zum Teufel geht hier vor?«
Foolish gab
ein fröhliches Kläffen von sich, ließ sich dann auf Seths Schoß plumpsen und
himmelte ihn an.
»So ist's
richtig, du dummer Kerl«, murmelte Seth. »So ist's richtig. Oh Gott, ich habe
dich so vermisst!« Er vollführte eine ungeschickte Bewegung mit der Angel,
ließ sie los und umfing den Hund.
Eine Hand
griff nach der Angel und bekam sie gerade noch zu fassen, bevor sie ins Wasser
fiel.
»Wäre doch
schade um den guten Käse.« Die Frau, die neben ihm saß und die Füße über den
Anlegesteg baumeln ließ, übernahm es, den Köder im Wasser zu halten. »Wir
dachten uns, Foolish würde dich ein wenig aufmuntern. Ein Hund ist doch der
beste Kamerad und kann einem so viel Liebe und Trost spenden. Beißen sie
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