Nora Roberts
zu glänzen und deine Lippe
ein kleines bisschen zittert. Warte mal.«
Sie lehnte
sich wieder zurück, schloss die Lider und atmete einige Male tief ein. Dann
öffnete sie die Augen wieder und blickte Dru Mitleid erregend an. Ihre Augen
schwammen in Tränen.
»Mein Gott,
das ist wirklich gut«, murmelte Dru bewundernd. »Nein, ehrlich gesagt, das ist
brillant.«
»Wem sagst
du das?« Aubrey schniefte. »Du kannst auch eine Träne kullern lassen, wenn es
sein muss, aber mehr auch nicht.« Eine einzelne Träne lief ihre Wange hinunter.
Aubrey kicherte. »Wenn du richtig zu flennen beginnst, wird er dir nur den Kopf
tätscheln und dir einen alten Lappen voller Farbe in die Hand drücken, ehe er
sich in sein Schneckenhaus zurückzieht. Dann ist die Sache gelaufen. Aber wenn
du ihm diese Nummer präsentierst, wird er alles für dich tun. Das haut ihn
garantiert um.«
»Wo um
Himmels willen lernt man so etwas?«, fragte Dru.
»Hey, ich
arbeite mit Kerlen zusammen.« Aubrey wischte sich die Träne von der Wange. »Da
legt man sich den einen oder anderen Trick zu. Du kannst dir am Anfang auf die
Zunge beißen, das hilft. Ich kann es mittlerweile jederzeit an- und abstellen.
Da wir gerade von Kerlen reden – warum erzählst du mir nicht von diesem
Ekelpaket, mit dem du verlobt warst, dann können wir ein bisschen über ihn
herziehen.«
»Jonah? Er
ist PR-Berater im Mitarbeiterstab des Weißen Hauses, ein Mann, dem der
Präsident sein Ohr leiht. Brillanter Kopf, sieht umwerfend aus und hat einen
fantastischen Körper. Trägt Armani.«
»Es fällt
mir schwer, ihn dafür zu hassen. Erzähl weiter.«
»Jonah und
ich haben uns auf einer Cocktailparty kennen gelernt und uns auf Anhieb gut
verstanden. Wir mochten uns. Hatten viele gemeinsame Interessen und Bekannte
und ähnliche Vorstellungen von der Zukunft. Und ich glaubte, wir würden uns
lieben.«
Wenn Dru
daran zurückdachte, verspürte sie keine Wut, nur Traurigkeit.
»Vielleicht
war das ja auch so. Jedenfalls wurden wir ein Liebespaar.«
»Wie war er
denn so? Im Bett meine ich.«
Dru
zögerte, goss dann etwas Wein nach. Sie redete normalerweise nicht gern über
diese Dinge. Aber andererseits hatte sie bisher auch noch nie jemanden
gekannt, bei dem sie das Gefühl gehabt hatte, offen über Sex sprechen zu
können.
Für Aubrey
schien das eine ganz natürliche Sache zu sein.
»Ach, was
soll's. Er war gut im Bett. Aber andererseits hatte ich keine
Vergleichsmöglichkeiten, denn bei mir ist es mit den Liebhabern wie mit den
Freunden: Ich hatte bisher nicht viele.«
»Dann muss
es ja doppelt wehtun, wenn eine Beziehung kaputtgeht.«
»Ja, das
mag sein. Aber zunächst dachte ich eben, Jonah und ich würden gut miteinander
harmonieren – im Bett und auch sonst. Als er mir einen Heiratsantrag machte,
sagte ich ja. Wir waren schon eine ganze Weile lang zusammen, und ich hatte
mit seinem Antrag gerechnet und mir bereits alles gründlich überlegt.«
Aubrey hob
neugierig den Kopf. »Wenn du erst darüber nachdenken musstest, hast du ihn
vielleicht nie geliebt.«
»Mag sein.«
Dru blickte zur Seite, beobachtete den flatternden Flug eines Schmetterlings
und lauschte dem leisen Summen eines Bootmotors auf dem Fluss. »Aber ich muss
mir immer erst alles genau überlegen. Je folgenreicher ein Schritt ist, desto
länger und genauer denke ich vorher darüber nach. Ich war mir nicht sicher, ob
ich überhaupt heiraten wollte. Die Ehe meiner Eltern – nun ja, sie ist nicht
so wie die deiner Eltern. Aber ich hatte das Gefühl, dass es mit Jonah und mir
anders sein würde. Wir haben uns nie gestritten.«
»Nie?« Auf
Aubreys Gesicht spiegelte sich blankes Entsetzen. »Ihr habt euch nie richtig
angeschrien?«
»Nein.« Dru
musste unwillkürlich lächeln, denn ihr wurde bewusst, wie langweilig das
jemandem namens Quinn vorkommen musste. »Wenn wir einmal nicht einer Meinung
waren, haben wir es ausdiskutiert.«
»Oh ja,
genauso machen wir es in unserer Familie auch. Wir diskutieren unsere
Meinungsverschiedenheiten aus. Aber wir tun es mit voller Lautstärke. Also du
und dieser Kerl, ihr hattet Spaß im Bett, ihr habt euch nicht gestritten, und
ihr hattet viel gemeinsam. Was ist denn nur passiert?«
»Wir haben
uns verlobt, gaben einige Partys und begannen, Pläne für die Hochzeit zu
schmieden, die im darauf folgenden Sommer stattfinden sollte. Juli passte uns
beiden am besten in den Terminplan. Jonah war mit seiner Arbeit beschäftigt,
und ich ließ mich von meiner Mutter zu
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