Nora Roberts
Brautkleidschauen schleppen. Und
nebenbei machten wir uns auf Haussuche – Jonah und ich, meine Mutter und ich,
mein Vater und ich.«
»Das ist
ganz schön viel Sucherei auf einmal.«
»Du machst
dir gar keine Vorstellung! Und dann, eines Abends, waren wir in seiner Wohnung.
Wir gingen ins Bett, und während wir uns liebten, spürte ich, wie mich etwas am
Rücken pikte. Irgendwann wurde das Piken richtig schmerzhaft. Es war eigentlich
komisch, und ich machte noch einen Scherz darüber. Dann schalteten wir das
Licht an, und ich begann das Bett abzusuchen. Und fand einen Ohrring.«
»Ach du
Scheiße!« Aubrey blickte sie mitleidig an.
»Ich
erkannte ihn direkt. Seine Besitzerin hatte ihn bei irgendeinem
gesellschaftlichen Ereignis getragen, wo ich ihn auch noch bewundert und sie
darauf angesprochen hatte. Was wohl auch der Grund war, warum sie ihn genau
dort liegen ließ, wo ich ihn im ungeeignetsten Moment finden würde.
»So ein
Miststück!«
»Oh ja, das
kann man wohl sagen.« Dru hob ihr Glas wie zu einem Toast. »Aber sie liebte
Jonah, und das war eine diskrete und todsichere Art, mich abzuservieren.«
»Keine
Entschuldigungen.« Aubrey drohte ihr tadelnd mit dem Finger. »Sie hat sich am
Mann einer anderen vergriffen, selbst wenn dieser Mann ein Scheißkerl ist. Sie
war genauso raffiniert wie er und genauso schuldig.«
»Du hast
Recht. Keine Entschuldigungen. Sie haben einander verdient.«
»Richtig
so. Ich hoffe nur, du hast ihm einen Knoten in seinen Schwanz gemacht!«
Dru stieß
einen langen Seufzer aus. »Gott, wenn ich in diesen Dingen doch nur so wäre wie
du. Nur einen einzigen Tag lang. Nein, ich bin aufgestanden und habe mich
angezogen, während er irgendwelche Ausreden vor sich hinstammelte. Er behauptete,
dass er mich liebe und diese andere Sache bloß etwas rein Körperliches sei und
nichts zu bedeuten habe.«
»Das ist ja
wohl nicht wahr!« Die Empörung in Aubreys Stimme war nicht zu überhören.
»Können sich die Kerle denn nie mal etwas Originelleres einfallen lassen?«
»Meiner
Erfahrung nach nicht.« Das uneingeschränkte Mitgefühl und die Unterstützung,
die in Aubreys Worten mitgeschwungen waren, taten Dru gut. Sie war noch immer
verletzt, wenn sie sich an jenen Abend erinnerte. »Dann sagte er noch, er habe
Bedürfnisse, sexuelle Bedürfnisse, die zu erfüllen ich zu zurückhaltend sei.
Er wolle sich doch nur noch einmal austoben, bevor er ein geregeltes Leben
anfinge. Im Grunde meinte er nichts anderes, als dass er seine Wünsche nicht
woanders hätte befriedigen müssen, wenn ich im Bett eine heißere Nummer gewesen
wäre.«
»Und
wahrscheinlich glaubt er heute noch daran«, murmelte Aubrey. »Und du hast es
zugelassen, dass er die Tatsachen verdreht und dir die Schuld in die Schuhe
schiebt, anstatt ihm die Eier abzuschneiden und sie ihm übers Ohr zu hängen?«
»Ich habe
mich aber auf meine Art an ihm gerächt«, wandte Dru ein und erzählte ihr von
der systematischen Zerstörung von Jonahs wertvollsten Besitztümern.
»Du hast
also seine CDs ruiniert. Nicht schlecht. Da fühle ich mich doch gleich viel
besser. Nur ein Vorschlag am Rande: Wenn du das nächste Mal einen Kaschmirmantel
versauen willst, lass das mal mit dem Zerschneiden und hinterlass stattdessen
etwas in den Taschen – eine nette Mischung aus rohen Eiern, Motoröl und etwas
Mehl zum Andicken, vielleicht auch einen Hauch Knoblauch. Das meiste davon hat
man in einem gut geführten Haushalt immer vorrätig. Und dann faltest du den
Mantel ganz ordentlich zusammen, sodass die Taschen innen liegen. Was glaubst
du, was das für eine Überraschung ist, wenn der Besitzer ihn anziehen will?«
»Ich werde
es mir für den Fall merken, dass sich eine solche Gelegenheit noch einmal
ergeben sollte.«
»Tu das.
Aber das mit den CDs und den Schuhen hat mir wirklich gefallen. Wenn der Typ
auch nur im Entferntesten wie Phil ist, wenn es um seine Schuhe geht, dann hat
ihm das so richtig wehgetan. Wie wäre es, wenn wir einen Spaziergang machen, um
uns die Plätzchen abzutrainieren? Danach können wir uns ja etwas vom Chinesen
kommen lassen.«
»Klingt
sehr verlockend«, sagte Dru. Es ist doch eigentlich gar nicht so schwer,
Freundschaften zu schließen, fügte sie in Gedanken hinzu.
Der
Laden war wie eine
Landebahn erleuchtet, aber das Geschäft florierte trotzdem nicht gerade. Seth
setzte sich auf das von der Sonne ausgebleichte rote Vinyl einer Sitznische im
hinteren Teil. Gloria war nicht da. Sie würde sich mal
Weitere Kostenlose Bücher