Nora Roberts
Minute zu Hause verbringst. Verdammt, erst lässt mir. Anna keine Ruhe,
weil du zu viel zu Hause herumhängst und sie der Ansicht ist, dass das nicht
gut für dich ist, und dann geht sie in die Luft, weil du gar nicht mehr nach
Hause kommst. Wie bin ich da nur hineingeraten?«
»Reine
Glückssache, wahrscheinlich. Ich musste mich um einige Dinge kümmern, das ist
alles. Und dann habe ich gearbeitet und alles um mich herum vergessen. Die
Familie ist das Wichtigste für mich, Cam, das musst du mir glauben. Wenn du
nicht gewesen wärst ...«
»Hör sofort
damit auf. Hier geht es nicht um alte Geschichten, sondern um das Hier und
Heute.«
»Aber
dieses Hier und Heute hätte ich doch ohne dich gar nicht.«
»Nein, Ray
ist derjenige, dem du zu danken hast. Wie wir alle. Belassen wir es dabei.« Cam
stopfte die Hände in die Hosentaschen und blickte aufs Wasser.
Himmel, es
spielt wirklich keine Rolle, wie alt ein Kind ist, dachte er. Es gehört immer
zu einem.
»Also, ist
es dir ernst mit der hübschen Floristin?«
Seth nahm
unbewusst Cams Haltung ein, und nun blickten sie beide aufs Wasser hinaus.
»Sieht ganz so aus.«
»Na schön,
wo du dich jetzt ausgetobt hast, könntest du uns vielleicht hier noch ein wenig
unter die Arme greifen – das heißt, wenn du noch etwas Kraft übrig hast.«
»Ein
kleiner Rest ist schon noch da«, erwiderte Seth. »Prima. Was für Doughnuts hast
du uns denn mitgebracht?«
Es ist
wieder alles gut, dachte Seth. Egal, was auch passierte, am Ende war immer
wieder alles gut. »Von allem etwas. Auch welche mit Zuckerguss.«
»Die mag
ich am liebsten. Dann lass uns mal schnell wieder hineingehen, bevor Phil sie
findet.«
Sie machten
sich auf den Weg, doch dann blieb Seth mit einem Mal wie angewurzelt stehen.
»Zucchini-Football.«
Jegliche
Farbe wich aus Cams Wangen. »Was hast du gesagt?«
»Die Sache
mit dem Zucchini-Brot. Stella hat Brot gebacken, und ihr Jungs habt es als
Ball missbraucht. Das hat sie mir erzählt.«
Cam packte
mit zitternden Händen Seths Schultern. »Wann hast du sie gesehen?«
»Ich weiß
es nicht genau. Wirklich nicht. Ich habe es geträumt. Zumindest kam es mir wie
ein Traum vor«, murmelte er. Sein Magen zog sich zusammen, aber nicht vor
Übelkeit. Was er empfand, war Freude.
Er hatte
mit Stella gesprochen. Er hatte eine Großmutter, die ihn in ein Geheimnis
eingeweiht hatte.
»Es stimmt
doch, oder?« Seth strahlte über das ganze Gesicht. »Und du – du hast versucht
einen Pass abzufangen und wurdest dabei über dem Auge getroffen. Hat dich
umgehauen. Es stimmt doch, oder?«
»Ja.« Cam
rang um Fassung. Es war eine schöne Erinnerung. Es gab so viele schöne
Erinnerungen. »Sie kam aus der Hintertür gerannt und schrie zu uns herüber, als
ich gerade zum Sprung ansetzte. Ich habe mich umgedreht und Peng, da ist es
passiert. Ich habe nur noch Sterne gesehen. Eine ganze Galaxie, ehrlich
gesagt. Das Brot war hart wie ein verdammter Ziegelstein. Stella war eine teuflisch
gute Ärztin, aber als Köchin eine absolute Niete.«
»Ja, das
hat sie mir auch gesagt.«
»Na ja, sie
hat sich zu mir runtergebeugt, sich meine Pupillen angesehen und einige Finger
in die Höhe gehalten, die ich zählen musste. Sie sagte, es sei nur gut, dass
ich auf diese Weise Prügel kassiert hätte, damit hätte ich ihr die Arbeit erspart.
Dann begannen wir alle zu lachen – Dad, Phil, Ethan und ich. Wie ein Haufen
Verrückter. Mom stand da und starrte uns mit in die Hüften gestemmten Fäusten
an. Ich kann sie immer noch so vor mir sehen.«
Er seufzte.
»Dann ging sie wieder ins Haus und kehrte mit einem weiteren Brotlaib zurück,
damit wir weiterspielen konnten. Hat sie dir das auch erzählt?«
»Nein.«
Seth legte eine Hand auf Cams Schulter. »Sie hat wahrscheinlich gewollt, dass
du es mir sagst.«
Dreizehn
Nachdem die Brüder die Doughnuts
verschlungen hatten, setzte sich Seth in eine Ecke, um Ethans ersten Entwurf
für Drus Schaluppe zu überarbeiten. Zur selben Zeit trat Dru aus ihrem Laden,
um einige vertrocknete Blüten von den Eisenkraut- und Heliotrop-Pflanzen
abzuschneiden, die sie in das alte Whiskeyfass neben der Tür gepflanzt hatte.
Der
nächtliche Sturm hatte die Luft abgekühlt, die quälende Luftfeuchtigkeit
weggefegt und einen frischen, glasklaren Morgen hinterlassen.
Die Bucht
lag in einem strahlenden Blau da, immer noch ein wenig unruhig von dem
ungestümen Wind der letzten Nacht. Einige Boote befanden sich bereits auf dem
Wasser. Die Fischkutter
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