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Noras Erziehung

Noras Erziehung

Titel: Noras Erziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Belle
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sofort in die Arme. Die Tränen flossen erneut, und ich erklärte ihr stammelnd, was passiert war und wie sehr ich sie liebte.
    James stand hinter ihr und hörte zu, ohne ein Wort zu sagen. Er redete erst, als ich Violet endlich losließ. «Das ist genau die richtige Entscheidung, Nora. Ich bin kein Mann, mit dem du dich sehen lassen solltest. Und ich habe kein Recht, dich zum Bleiben zu bewegen.»
    «Ich möchte ja bleiben, James, aber   …»
    «Ich weiß. Und wir fahren ja auch zusammen nach Frankreich. Und jetzt hör auf zu weinen.»
    Er nahm mich in die Arme und hielt mich so lange fest, bis ich mich selbst aus der Umarmung löste. Mein Blick war tränenverhangen und die Kehle ganz wund. Immerhin gelang mir so etwas wie ein Lächeln, als Violet mir ein Blatt Papier reichte, auf dem die Einzelheiten unseres Urlaubs aufgelistet waren. Ich faltete das Blatt vorsichtig zusammen und steckte es in die Tasche meiner Jeans.
    «Ich werde jetzt besser wieder fahren.»
    «Muss das sein?»
    «Ja. Ich muss unbedingt allein sein.»
    Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Eigentlich wollte ich sogar unbedingt bei ihnen bleiben, ertrug es gleichzeitig aber auch nicht. Also stieg ich nach einer letzten Umarmung wieder auf mein Fahrrad und machte mich auf den Weg zurück nach Oxford. Nach ein paar Minuten merkte ich allerdings, dass ich am liebsten gar niemanden sehen würde, und bog auf einen Weg, der hinunter zum Fluss führte. Ich radelte in schnellem Tempo am Ufer entlang, passierte das Bootshaus, unterquerte die Donnington Bridge und die Ringstraße und kam schließlich sogar an dem abgelegenen Wäldchen vorbei, wo ich zum ersten Mal mit einer Birkenrute Hand an mich gelegt hatte. Immer weiter ging es, bis ich irgendwann anfing, mir Sorgen zu machen, es vor Einbruch der Dunkelheit nicht mehr zurückzuschaffen.
    Ich hielt schließlich auf einer kleinen Anhöhe vor den Toren eines kleinen Ortes namens Cholsey, vielleicht fünfzehn Kilometer außerhalb von Oxford. Vor mir lag die lange Kette der Berkshire Downs, ein helles Kalk-Grün, das von den dunkleren Linien der Hecken unterteilt wurde. Hier und da waren kleine Wälder und auch Häuser auszumachen. Wenn mich meine Orientierung nicht täuschte, musste eines dieser Häuser
The Barn
sein. Ich dachte an Giles, Stephen und ihre Freunde, die sich gerade mit Lucy vergnügten, während ich hier allein und unglücklich in der Gegend stand. Wäre die Sache anders gelaufen, wäre ich jetzt an ihrer Stelle gewesen und würde zwölf Männer an einem Abend befriedigen. Damit wäre ein Geheimnis geschaffen, das ich den Rest meines Lebens mit mir herumtragen würde – eines von vielen, die ich nur mit einer kleinen Gruppe diskreter Freunde teilen könnte.
    Ich stand lange da und überlegte, ob ich nicht hinradelnund das Gespräch mit Giles wiederaufnehmen sollte. Mir waren eine Menge neuer Argumente eingefallen, die ich zu meiner Verteidigung hätte vorbringen können, ich wusste gleichzeitig aber auch, dass meine Worte nur weitere Aufregung und Verlegenheit nach sich ziehen würden. Es war schwer, der Versuchung zu widerstehen. Auch wenn ich es gewesen war, die sich geweigert hatte, an ihrem Dinner teilzunehmen, fühlte ich mich irgendwie abgelehnt. Außerdem war ich ausgesprochen neugierig – besonders darauf, wie Stephen und Lucy sich bei dieser Veranstaltung machen würden.
    Ich dachte an die großen Glastüren und wie einfach es sein würde, aus der Dunkelheit einen Blick in das Innere des Restaurants zu werfen. Wenn jemand kam, könnte ich mich einfach hinter einem der Pfeiler verstecken, die das Gebäude abstützten. Sowohl die Toiletten als auch die Küche waren von innen zu betreten. Es gab also keinen Anlass, dass jemand rauskommen sollte, bevor die Zusammenkunft zu Ende wäre. Und zu diesem Zeitpunkt würde ich längst weg sein. Auch das Gefühl, mich in etwas hineinzudrängen, was mich eigentlich gar nichts anging, konnte ich schnell relativieren. Stephen war schließlich mein Freund. Er war sogar mein Verlobter! Und es gibt wohl kaum eine Frau, die nicht neugierig wäre, wenn sie mitbekäme, dass ihr Partner bei einem Rudelbums mitmacht.
    Fast eine halbe Stunde lang stand ich einfach nur da und starrte auf das Gebäude. In dieser Zeitspanne führten meine Neugier und mein Groll einen Kampf gegen eine gewisse Besonnenheit und auch Angst, was wohl passieren würde, wenn man mich erwischte. Nicht, dass Stephen oder auch Giles mich ins Innere des Restaurants zerren würden, um

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