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Noras Erziehung

Noras Erziehung

Titel: Noras Erziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Belle
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musste ihm nur mitteilen, was ich wusste, und ihn überreden, einer offenen Beziehung zuzustimmen.
    Die Lösung war vernünftig, fühlte sich aber dennoch irgendwie nicht richtig an. Und als ich nach dem Frühstück den Wohnbereich verließ, wusste ich immer noch nicht, ob ich die Sache wirklich durchziehen wollte oder nicht.
    Im Kreuzgang sah ich Dr.   Etheridge, der sich gerade mit einem anderen Dozenten unterhielt. Wie immer grüßte ich freundlich, doch anstatt meinen Gruß zu erwidern, hob er einen Finger. «Einen Moment, Nora. Könnte ich Sie mal kurz sprechen? Entschuldigen Sie mich, David.»
    Er klang sogar noch formeller als sonst, und mein erster Gedanke war, dass ich durch die Zwischenprüfung gefallenwar. Aber die Arbeit konnte unmöglich bereits korrigiert und erst recht nicht schon jetzt an ihn weitergeleitet worden sein. Trotzdem war ich ausgesprochen nervös, als ich ihm in sein Arbeitszimmer folgte.
    Er setzte sich und sah mich dann einen Moment lang über seine Brillengläser hinweg an. «Wie Sie wissen, Nora, bin ich nicht nur Ihr Tutor, sondern auch so etwas wie ein moralischer Beistand. Und es ist auch eine moralische Angelegenheit, die ich jetzt mit Ihnen besprechen möchte.»
    Als mir klar wurde, dass er sicher Gerüchte über Violet und mich gehört hatte, schoss mir das Blut in die Wangen. Verzweifelt versuchte ich, mich innerlich zu entscheiden, die ganze Sache entweder abzustreiten oder aber dazu zu stehen.
    «Wie ich höre, sind Sie sehr eng mit Ihrer Nachbarin, Miss Aubrey, befreundet?»
    Zumindest die Frage war einfach.
    «Ja.»
    «Und auch mit ihrem, äh   … Bekannten, Dr.   McLean?»
    «Ja.»
    «Und Sie haben auch schon mehrfach in seinem Haus genächtigt?»
    «Ein paarmal, ja.»
    «Sie, äh, wissen vielleicht auch, was er für einen Ruf hat?»
    Er hatte offensichtlich große Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, und ich würde ganz sicher nicht zugeben, dass ich von James’ Vorliebe für die Züchtigung von Studentinnen wusste. Und schon gar nicht, dass ich zu den Studentinnen gehörte, die er regelmäßig übers Knie legte.
    «Was für ein Ruf, Dr.   Etheridge?»
    «Ja. Also, die Sache ist die, Nora. Er ist eine Art, äh, eine Art Lebemann. Ein Don Juan.»
    Ich tat so, als wäre ich schockiert. «Mir gegenüber hat er sich immer tadellos benommen.»
    Und so war es schließlich auch. Er hatte immer dafür gesorgt, dass ich einen warmen Po hatte. In gewisser Weise stimmte meine Antwort also völlig.
    «Ich bin wirklich sehr froh, das zu hören. Und doch muss ich Ihnen in meiner Funktion als Ihr moralischer Beistand und auch im Hinblick auf Ihre Karriere dringend raten, sich nicht mehr so oft mit ihm zu treffen. Oder noch besser, sich ganz und gar von ihm loszusagen.»
    «Oh. Danke für den Rat.»
    Das war alles, was ich sagen konnte. Mir war speiübel. Ich hatte ja keine Ahnung, dass ich mich so augenfällig, oder mit Giles’ Worten, indiskret verhalten hatte.
    «Was Ihre persönliche Beziehung mit Miss Aubrey angeht, nun ja, heutzutage steht es mir natürlich nicht mehr zu, Sie dafür zu kritisieren. Aber Sie sollten Ihre Situation wirklich einmal gründlich überdenken. Sie sind doch schließlich verlobt, nicht wahr?»
    «Äh   … ja.»
    «Meinen Glückwunsch. Aber denken Sie ruhig mal darüber nach, was ich gesagt habe.»
    «Das tue ich. Vielen Dank.»
    «Sie können gehen.»
    Meine Wangen waren knallrot, als ich die Stufen zum Kreuzgang hinunterging. Er wusste oder ahnte weitaus mehr, als ich erwartet hatte. Mir war gar nicht klar gewesen, dass James’ Ruf so schlecht war. Ob die Studenten unter und neben uns Violet und mich wohl trotz der massiven Wände hören konnten? Ich ertrug es kaum, weiterüber diese Frage nachzudenken. Wenigstens war er nicht direkt auf das Thema Züchtigung gekommen, sonst wäre das Gespräch bestimmt noch zehnmal peinlicher geworden.
    Alle schienen mich anzustarren, und ich war sicher, dass jeder über mich Bescheid wusste. Ich musste einfach raus und einen Ort finden, an dem ich mich etwas beruhigen konnte. Dafür gab es eigentlich nur eine Lösung: Ich musste trotz des gutgemeinten Ratschlags von Dr.   Etheridge schon früher zu James fahren. Ich holte mein Rad aus dem Schuppen und wartete auf eine Lücke im Verkehr, bevor ich in die Hauptstraße einbog. Plötzlich sah ich Giles auf mich zukommen. Er machte kein ausgesprochen freundliches Gesicht. Ich blieb stehen und wartete auf ihn.
    «Hi, Giles. Ich hatte gerade ein echt

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